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Nach dem 11.11.Wie soll künftig im Kwartier Latäng gefeiert werden?

Lesezeit 4 Minuten
Dicht gedrängt stehen kostümierte Menschen am 11.11. auf der Zülpicher Straße zusammen.

Die proppenvolle Zülpicher Straße am 11.11.

Nach dem 11.11. ist vor Weiberfastnacht: Wie soll künftig im Kwartier Latäng gefeiert werden? Alle Jecke raus? Das Viertel zum großen Festivalgelände ausweiten? Oder einfach nur mehr Polizei?

Bestechung an den Zugängen, wilde Szenen am Einlass sowie Kot, Urin und öffentlicher Sex: Die Zülpicher Straße war am 11.11. wieder im Karnevals-Ausnahmezustand, das städtische Sicherheitskonzept steht in der Kritik. Und jetzt? Weiter wie bisher? Bis möglicherweise etwas passiert? Was sind mögliche Lösungen? Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Hilft eine geschlossene Veranstaltung mit Ticketverkauf?

Offiziell will die Verwaltung am Dienstag nicht reden, verweist auf das Statement von Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) von Montag, sie hatte gesagt: „Als Stadt würden wir es nach wie vor begrüßen, wenn sich professionelle Veranstalter finden würden, die bereit wären, eine Veranstaltung zu organisieren, die zu einer Verteilung der Feiernden und zu einer verbesserten Situation rund um die Zülpicher Straße beiträgt.“ Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ ist es durchaus eine von mehreren Ideen, dass die Zülpicher Straße zur Veranstaltungsfläche erklärt wird und Tickets dafür verkauft werden, inklusive Verbot von mitgebrachtem Alkohol. Das Problem: Dann müssten demnach alle Wirte dem Plan zustimmen. Will eine Kneipe es nicht, ist ein Ticketverkauf schwierig, weil der Zugang zu der jeweiligen Kneipe weiter ohne Einschränkung möglich sein muss. Und: Auch jetzt war das Kwartier Latäng schon eine Veranstaltungsfläche, der Ticketverkauf, so ist aus dem Rathaus zu hören, löst nicht das Problem, wo die Jecken feiern, die kein Ticket bekommen oder gar keins wollen, weil sie lieber billigeren, selbst mitgebrachten Alkohol trinken wollen.

Hilft mehr Zusammenarbeit statt Gegeneinander?

Es ist ja einigermaßen absurd: Da stellen sich am Freitag OB Reker und Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn gemeinsam auf der Zülpicher Straße den Medien, beantworten Fragen. Und zwei Tage später geht Kuckelkorn die Stadt verbal voll an, sagt, es werde Zeit, dass die Stadt ihrer Verantwortung im öffentlichen Raum gerecht werde. Und schon Wochen vor dem 11.11. hatte Reker das Festkomitee kritisiert. „Es ist Aufgabe des Festkomitees, den Menschen den Karneval zu erklären, oder muss das die Oberbürgermeisterin tun?“ Die Stadt könne nicht alles leisten.

Sollten noch mehr Flächen im Kwartier Latäng zum Feiern freigemacht werden werden – oder die Feiernden vielmehr in ganz andere Bereiche der Stadt umgeleitet werden?

Darüber wird gestritten, die Wirte im Zülpicher Viertel sind uneins. Manche schlagen eine Art Festival im Bereich der Mensa, Uniwiese oder am Aachener Weiher vor – veranstaltet von Profis, mit Einlasskontrollen und einem kleinen Eintrittsgeld. Dagegen wollen andere den Hotspot Kwartier Latäng eher entschärfen und die Leute in andere Bereiche „umtopfen“.

Könnte eine Videoüberwachung der Zülpicher Straße für gesittetes Feiern sorgen?

Eine dauerhafte, fest verankerte Videobeobachtung der Zülpicher Straße ist rechtlich kaum möglich. Anders als etwa der Neumarkt oder der Wiener Platz ist die Zülpicher Straße höchstens zu bestimmten Zeiten ein Kriminalitätsschwerpunkt. Außerdem könnte es ein Datenschutzproblem geben, wenn die Kameras in der engen Straße womöglich auch das Geschehen in Hauseingängen oder hinter Fenstern in Privatwohnungen erfassen würden. Eine temporäre, mobile Videoüberwachung nur zu bestimmten Zeiten wäre dagegen wohl grundsätzlich zulässig. Bei der Polizei ist man allerdings skeptisch, ob Kameras Alkoholexzesse oder Wildpinkeln verhindern könnten – zumal dies keine Straftaten sind. Prof. Dr. Markus Ogorek, Direktor des Instituts für Öffentliches Recht und Verwaltungslehre an der Uni Köln, sagte: „Eine Videoüberwachung ist grundsätzlich möglich, wenn im betroffenen Bereich voraussichtlich viele Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten erfolgen werden. (...) Zumindest an den größten Karneval-Hotspots wären Kameras aber wohl zulässig.“

Hilft noch mehr Polizei?

In Köln sei zu beobachten, dass die Polizei zunehmend gefordert sei, wo es eigentlich „nur“ ums Feiern gehe, sagt Polizeisprecher Wolfgang Baldes. Man müsse sich die Frage stellen, welche Erwartungen an Polizeieinsätze geknüpft würden. „Dafür sorgen, dass alkoholisierte Feiernde nicht über die Stränge schlagen? Auf der Kirmes darauf achten, dass alle gesittet mit der Achterbahn fahren und die anderen Besucher in Ruhe lassen? Für Abschreckung sorgen?“, fragt Baldes. Leute, die am 11.11. auf Biegen und Brechen ins Zülpicher Viertel wollten, hätten dafür gesorgt, dass der gesamte Bahnverkehr in der Innenstadt gestoppt wurde. „Wir haben auswärtige Einsatzkräfte der Bereitschaftspolizei nachalarmiert. Kolleginnen und Kollegen waren in Gruppenstärke und mit aufgesetzten Helmen unterwegs, das kennt man sonst eher von Demo- und Fußballeinsätzen.“ Die Beamtinnen und Beamten seien angepöbelt worden, einige sogar verletzt. „Was wir am Freitag erneut auf der Zülpicher Straße gesehen haben, hat mit einer veränderten Feierkultur zu tun, die ausufernder und aggressiver geworden ist. Das ist ein gesamtgesellschaftliches Problem. Man darf das nicht einfach auslagern in das Thema Sicherheit.“

Was wäre mit einem Alkoholkonsum oder -verkaufsverbot im Zülpicher Viertel?

Ogorek sagte: „Ausschankverbote sind gesetzlich geregelt und könnten durch die Stadt angeordnet werden. Für das Hauptproblem, den Verkauf von Alkohol in Kiosken oder Supermärkten, fehlt eine solche Regelung, sodass die Stadt erst dann einschreiten kann, wenn gerade dadurch Gefahren drohen. Das wird schwer zu nachzuweisen sein, weshalb Köln und Düsseldorf die Landespolitik zum Erlass eines entsprechenden Gesetzes aufgerufen haben.“ Flächendeckende Konsumverbote an Karneval lassen sich laut Ogorek nur indirekt über Glasflaschenverbote lösen.