Nachfrage dreimal so hoch950 Kinder in Köln bekommen keinen Gesamtschulplatz
Köln – Die Stadt wird zum kommenden Schuljahr erneut fast 1000 Familien das Recht auf eine freie Schulwahl nehmen. An den 15 städtischen Gesamtschulen wurden 3219 Viertklässler angemeldet. Nur 2268 können aufgenommen werden.
Nach dem Abschluss des vorgezogenen Anmeldeverfahrens an den Schulen musste die Schulverwaltung erneut einräumen, dass das Kölner Gesamtschulangebot nicht annähernd ausreicht, um die Elternwünsche zu erfüllen. Fast jedes dritte Kind des aktuellen Jahrgangs ist betroffen. Im vergangenen Jahr waren 733 Kinder abgelehnt worden, ein Jahr zuvor waren es sogar 960.
Elternvertreter Lutz Tempel, Vorsitzender der Stadtschulpflegschaft, sprach von einem „anhaltenden Desaster für die Stadt“. Die Stadt schaffe zu wenig neue Plätze, alles dauere zu langsam. Er warf Politik und Verwaltung vor, dem Problem nicht die nötige Priorität einzuräumen.
An Kölner Gymansien läuft es besser
Während an Gesamtschulen seit Jahren Hunderte Plätze fehlen, können alle anderen Schulformwünsche bislang erfüllt werden. Bei Gymnasien ist das Angebot auch knapp, nicht jeder bekommt einen Platz an seiner Wunschschule. Allerdings kann jeder, der einen Gymnasialplatz will, davon ausgehen, einen zu bekommen.
Die Stadt hat die Zahl der Gesamtschulplätze in den vergangenen Jahren immer wieder erhöht. Zum Schuljahr 2019/2020 gingen zwei neue Gesamtschulen an den Start. Insgesamt werden im bevorstehenden Schuljahr 14.600 Schüler an Gesamtschulen unterrichtet, vor fünf Jahren waren es noch 12.100.
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In diesem Jahr hatte manch Verantwortlicher gehofft, dass die Nachfrage nach Gesamtschulplätzen sinken könnte, weil die Gymnasien zum Abitur nach 13.Schuljahren zurückkehren. Mit der Annahme, dass die bislang längere Gesamtschulzeit das Hauptargument für Eltern bei der Schulformwahl war, lagen diese Verantwortlichen offensichtlich falsch.
Kein Wort des Bedauerns der Stadt Köln
In der Medieninformation, die die Stadt am Freitag verschickte, fand sich kein Wort des Bedauerns gegenüber den 950 betroffenen Familien. Stattdessen fügte das Presseamt eine aktuelle „Übersicht über die Schulbaumaßnahmen in Köln“ ihrer Mitteilung bei, um zu zeigen, was man gegen den Schulplatzmangel tut. „Trotz Fachkräftemangel, Vergabehemmnissen und äußerst angespannter Marktlage im Bausektor forciert die Stadtverwaltung den Schulbau weiter“, heißt es da. Neues ist dort nicht zu lesen.
Elternvertreter Lutz Tempel fordert Provisorien und Interimslösungen, damit die für die Zukunft geplanten neuen Schulen früher mit der Arbeit beginnen können. Schuldezernent Robert Voigtsberger hat vor zwei Wochen angekündigt, „wenn irgendmöglich bis zum Schuljahr 2023/24“ drei neue Gesamtschulen und drei neue Gymnasien an den Stadt zu bringen. Drei weitere sollen bis 2025/26 folgen.
Doch wo und wie solche Provisorien als Zwischenlösung bis zur Fertigstellung von Neubauten entstehen können, ist noch nicht bekannt. Voigtsberger hat auch „unkonventionelle Lösungen“ in Aussicht gestellt. Als Beispiel nannte er die Anmietung von Interimsgebäuden wie etwa leerstehende gewerbliche Immobilien.