Alice Francis macht Neoswing-Musik und lebt in Köln und Berlin. Was sie an den 20er-Jahren fasziniert und wie die Zusammenarbeit mit Inga Humpe ist, hat sie im Gespräch erklärt.
Neoswing-Sängerin Alice FrancisVon der Ein-Zimmer-Wohnung im Unicenter zum Deutschen Fernsehpreis mit Inga Humpe
Wie Alice Francis’ Musik klingt, lässt sich bereits erahnen, wenn man ihr Outfit sieht. Zum Interview-Termin im Belgischen Viertel kommt sie in Anzughose, Weste, Bluse, Trenchcoat und Hut, die Haare sind kunstvoll in die Stirn gelegt. Die Mode schreit 20er-Jahre, und auch die Songs der Neoswing-Musikerin sind vom „Goldenen Jahrzehnt“ inspiriert.
Aus Rumänien ins Kölner Unicenter
Ein bisschen geheimnisvoll soll das Projekt wirken, Francis verrät ihr Alter nicht. Ihre Musik macht sie gemeinsam mit ihren Kollegen Goldie und Chul-Min, pendelt zwischen Köln und Berlin. Und Rumänien: Francis ist in Timișoara geboren. „Mein Vater stammt aus Tansania, meine Mutter ist Rumänin. Mein Vater hat in Rumänien studiert, als Familie sind wir dann nach Köln ausgewandert“, erzählt Francis.
Zu viert bezieht die Familie eine Einzimmerwohnung im Unicenter. Alice Francis ist zu dem Zeitpunkt fünf Jahre alt, ihre Schwester zwölf. „Wir haben in einem Bett geschlafen. Zum Mittagessen sind wir oft in die Mensa gegangen, daran kann ich mich noch erinnern. Meine Eltern haben ja noch studiert. Irgendwann konnten wir uns dann eine größere Wohnung leisten.“ Mit wenigen Unterbrechungen habe Francis immer in Köln gewohnt, seit drei Jahren hat sie auch einen Wohnsitz in Berlin. „Aber mein Herz hängt an Köln“, sagt sie.
Francis drittes Album ist vom Film Noir inspiriert
Eine große Verbundenheit empfindet sie aber auch noch zu Rumänien. Ihre Mutter kehrte in ihr Heimatland zurück, kaufte dort ein altes Herrenhaus aus dem 18. Jahrhundert. In der herrschaftlichen Atmosphäre des Hauses spielte Francis bereits ein Konzert mit dem Bucharest Jazz Orchestra. Inszeniert wurde das dritte Album der Künstlerin, dass dieses Jahr erschien und „Club Noir“ heißt. Einige der Songs sind in Kooperationen mit dem Bucharest Jazz Orchestra unter der Leitung von Simona Srungaru entstanden.
„Das Album ist vom Film Noir inspiriert. Im Lockdown waren wir quasi im Studio gefangen und sind in eine andere Welt eingetaucht. Wenn man es aufmerksam hört, erzählt das Album eine Kriminalgeschichte. Am Ende müsste man wissen, wer der Killer ist“, sagt Francis. Klingen tut es nach einem Crossover aus Swing, Elektro, Jazz und Hip-Hop. „Ich liebe natürlich Josephine Baker“, sagt Francis zu ihren Vorbildern. „Aber ich höre auch moderne Künstlerinnen, wie Pink oder Beyoncé.“
Begeisterung für das „Goldene Jahrzehnt“
Die Faszination für das Goldene Jahrzehnt hat Francis von ihrer Mutter übernommen. „Ich trage viel der Kleidung meiner Mutter, da steckt einfach mehr Liebe zum Detail und mehr Aufwand drin“, sagt sie. „Ich liebe Vintage-Möbel, Vintage-Kleidung. Früher habe ich auch alte Radios gesammelt. Ich sehe jetzt aber nicht jeden Tag so aus wie aus den 20ern entsprungen“, ergänzt Francis und lacht.
Auf der Bühne legt sie auf ihr Styling hingegen viel Wert, tritt in Feder-, Perlen- und Pailettenbesetzten Kleidern auf. „Die Musik hat viel Tamtam, da wäre es doch komisch, wenn ich mich im Schlafanzug auf die Bühne stelle“, sagt Francis. „Das Publikum hat außerdem selbst ein Faible dafür, kommt oft ebenfalls so verkleidet. Auch wenn die große Welle der Elektro-Swing-Partys aus den 2010er-Jahren mittlerweile abgeebbt ist.“
Fernsehpreis für Soundtrack zur Serie „Eldorado Kadewe“
Neben der Veröffentlichung des dritten Albums und einer Nominierung für den Pop-NRW-Preis stand bei Alice Francis in diesem Jahr aber noch ein weiteres berufliches Highlight an: Sie wirkte bei der erfolgreichen ARD-Serie „Eldorado KaDeWe“ mit. Darin übernahm sie eine kleine Rolle und wirkte am Soundtrack mit. Der Song „Was soll euch stören“ über die homosexuelle Beziehung zweier Frauen in den 1920er Jahren wurde von Inga Humpe und Matthias Petsche geschrieben. Die Musik zur Serie gewann den Deutschen Fernsehpreis.
„Ich bin sehr stolz darauf, an der Serie mitgewirkt zu haben“, sagt Alice Francis. „Das Thema ist so wichtig. Wir haben in Budapest gedreht, wo zu der Zeit Anti-LGBT-Gesetze verabschiedet wurden.“ Auch von der Zusammenarbeit mit Inga Humpe zeigt Francis sich noch immer begeistert: „Sie ist ein ganz bezaubernder Mensch und sprudelt nur so vor Ideen. Sie hat mir aber auch viel Freiraum gegeben.“
Ihre eigenen Songs von „Club Noir“ spielt Francis im kommenden Mai im Rahmen einer Europa-Tour. Ein Köln-Termin ist aktuell noch nicht geplant. Am 22. März 2023 spielt Francis aber als Gast-Sängerin einer Burlesque-Show im Kölner Gloria.