Andrea Sawatzki im Interview„Ich habe mich ins Belgische Viertel verliebt“
- Schauspielerin Andrea Sawatzki hat einen ganzen Monat lang in Köln gedreht.
- In dieser Zeit hat die Berlinerin die Stadt lieben gelernt.
- Im Interview erzählt sie, was sie hier besonders gerne mag, wie sie Weihnachten feiert und warum man sich auf ihren ZDF-Weihnachtsfilm am 21. Dezember freuen kann.
Köln – Frau Sawatzki, Sie haben gerade einen ganzen Monat in Köln eine Komödie an der Seite von Walter Sittler gedreht. Wie hat es Ihnen hier gefallen?
Andrea Sawatzki: Das Ungewöhnliche war: Ich durfte an den Wochenenden wegen Corona nicht nach Hause nach Berlin. Dadurch habe ich Köln sehr gut kennengelernt. Ich habe tolle Tipps zum Spazierengehen bekommen. Und ich muss sagen, ich habe Köln richtig ins Herz geschlossen.
Was mögen Sie besonders an der Stadt?
Sawatzki: Ich bin sehr viel durchs Belgische Viertel gestromert. Die vielen kleinen Läden finde ich ganz klasse. Sehr oft bin ich am Rhein langgelaufen. Die Rheinpromenade ist wirklich wunderschön. Ich habe es sehr genossen.
Waren es denn eigentlich schon wieder ganz normale Dreharbeiten?
Sawatzki: Wir wurden alle regelmäßig auf Corona getestet. Außer den Schauspielern haben alle Mitarbeiter Masken getragen. So konnte man die Crew nur sehr schwer kennenlernen. Jetzt im Winter haben auch noch alle Mützen auf, also sieht man nur die Augen. 35 Leute sind so kaum zu unterscheiden und es fällt schwer, sich die Namen einzuprägen. Dabei habe ich immer gerne ein inniges Verhältnis zum Team. Aber am Ende hat es dann geklappt.
Am 21. Dezember läuft im ZDF „Familie Bundschuh im Weihnachtschaos“. Es ist schon der fünfte Film über die Familie nach ihren Romanen und Ideen. Dass die Hauptdarstellerin auch die Vorlagen liefert, ist ungewöhnlich.
Sawatzki: Ja, es ist meines Wissens einzigartig im deutschen Fernsehen und darauf bin ich auch ein bisschen stolz. Das ist toll, dass die Bundschuhs jetzt so eine Fangemeinde haben.
Was macht den Erfolg aus?
Sawatzki: In Nicht-Corona-Zeiten mache ich mit den Bundschuhs ungefähr 30 Lesungen im Jahr. Da höre ich immer wieder: Das ist wie bei uns zu Hause. Einen Bundschuh hat jeder in der Familie. Und dadurch, dass man über die Familie so schön lachen kann, ist das einfach befreiend für die Leute. Zu den Lesungen kommen ganze Familienverbände von Enkel bis zur Großmutter.
Wie viel von Ihnen oder Ihrer Familie steckt in den Bundschuhs?
Sawatzki: Von meiner Familie eigentlich nichts, denn unsere Familie ist sehr klein – Eltern und zwei Söhne – und wir haben ein wirklich harmonisches Verhältnis. Aber die Gundula hat schon sehr viel mit mir zu tun. Die Figur habe ich entwickelt, als ich um die 50 war und verschiedene Ängste und Sehnsüchte kamen. Zum Beispiel das Gefühl, nicht alles versucht zu haben. Wie viele Frauen hat Gundula einen Hang zum Perfektionismus, der sie zum Wahnsinn treibt. Sie hat Angst, bei all dem Stress wirklich wichtige Dinge zuverpassen. Viele Leserinnen und Zuschauerinnen können sich mit Gundulas gefühlter Unvollständigkeit identifizieren.
Aber Sie sind doch eigentlich das Gegenteil von Gundula: Bei Ihnen läuft alles perfekt – beruflich und privat.
Sawatzki: Aber das heißt ja nicht, dass ich nicht an mir zweifle. Das scheint nach außen hin vielleicht so und das ist ja auch gut so.
ZDF-Weihnachtsfilm am 21. Dezember
Andrea Sawatzki (57) ist eine der meistbeschäftigten Schauspielerinnen in Deutschland. Am 21. Dezember zeigt das ZDF „Familie Bundschuh im Weihnachtschaos“ mit ihr in einer der Hauptrollen. Es ist bereits die fünfte Bundschuh-Folge nach Romanen und Ideen von Sawatzki.
Mit ihrem Mann, dem Schauspieler Christian Berkel, und den zwei gemeinsamen Söhnen lebt sie in Berlin.
Ihre Kindheit beschreibt sie als schwierig. Ihren Vater lernte sie erst mit acht Jahren kennen, als dieser bereits an Demenz erkrankt war. Gemeinsam mit ihrer Mutter, einer Krankenschwester, pflegte sie den Vater. Als sie 13 war, starb er. Eine wirkliche Beziehung habe sie nicht zu ihm aufbauen können. (cv)
Ihr Mann Christian Berkel hat gerade ein Buch veröffentlicht, das ganz aus weiblicher Sicht geschrieben ist. Waren Sie die Beraterin dahinter?
Sawatzki: Nein, das braucht er nicht. Wir lesen die Bücher des anderen grundsätzlich erst, wenn sie gedruckt sind. Vorher sprechen wir nicht darüber. Aber ich war wirklich sehr beeindruckt, dass er die weibliche Seele so gut nachempfinden, die Schmerzen und die Ängste so präzise beschreiben kann.
Aber damit haben Sie oder Ihre Beziehung sicher etwas zu tun?
Sawatzki: Christian hat sich schon sehr früh mit der weiblichen Psyche beschäftigt. Und das kann ich gut nachvollziehen.... Wir Frauen sind zwar kompliziert, aber auch sehr facettenreich.
Ihr Mann kritisierte auch, dass Sie weniger Gage bekommen als er, nur weil Sie eine Frau sind.
Sawatzki: Es ist leider nach wie vor in fast allen Bereichen so, dass Frauen weniger als ihre männlichen Kollegen verdienen.
Haben Sie als Tatort-Kommissarin weniger verdient als Ihre männlichen Kollegen?
Sawatzki: Das weiß ich nicht.
Bei den Bundschuhs gibt es an Weihnachten jede Menge Stress. Mögen Sie persönlich das Fest?
Sawatzki: Ich liebe Weihnachten, immer schon. Wir feiern im kleinen Kreis, unsere Eltern sind leider schon verstorben. Aber unsere 18- und 21-jährigen Söhne sind da. Wir freuen uns diebisch darauf, den Weihnachtsbaum zu schmücken und etwas Schönes zu kochen. Jetzt ist das Zusammensein auch für die Jungs noch wichtig. Wir hatten mal vorgeschlagen, irgendwo zu feiern, wo Schnee liegt. Da sind wir auf heftige Gegenwehr gestoßen: Weihnachten könne man nur zu Hause feiern. Und außerdem müssten auch die Hunde mitfeiern. Früher waren es drei, heute noch einer. Der kriegt auch Geschenke, eingepackte Knochen und so.
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Sawatzki: Ja, ich bin darüber sehr glücklich. Ich finde es im Rückblick gut, dass ich so viel erlebt habe – dadurch kann ich viel an die Kinder weitergeben und ihnen Mut machen, wenn es im Leben mal nicht so gut läuft. Das hat die Jungs auch stark gemacht, wenn es darum ging, Misserfolge zu verarbeiten. Das ist schon gut, wenn man als Elternteil sagen kann: Es wird auch wieder hell.
Was ist bei Ihnen verquer gelaufen?
Sawatzki: Ich wollte unbedingt Tierärztin werden und der Traum zerbrach dann, weil ich keinen Schulabschluss gemacht habe. Da habe ich lange mit mir gehadert. Dann habe ich durch Zufall den Leiter meiner Schauspielgruppe vom Gymnasium wieder getroffen und er sagte: Geh auf eine Schauspielschule, versuch es doch einfach mal. Ich hatte damals ein ziemlich geringes Selbstbewusstsein und hätte mich das von allein nicht getraut. Dass man mit der Ausbildung natürlich noch nicht in dem Beruf angekommen ist, habe ich danach schmerzlich erfahren. Der Weg war steinig. Keine Rollen, schlechte Rollen, monatelang kein Anruf. Aber Rückschläge machen einen stark. Das weiß ich jetzt, damals war es furchtbar.
Wird es einen weiteren Bundschuh-Film geben?
Sawatzki: Ja, wir drehen im April. Es sieht gut aus für die Bundschuhs, wenn die Quoten so bleiben. Das ist schön, weil wir so ein gutes Team geworden sind. Die Kollegen denken sich inzwischen schon selbst neue Schrullen für ihre Figuren aus.