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AußengastronomieParkplätze als Sitzflächen bald in ganz Köln?

Lesezeit 4 Minuten

Sobald die Sonne scheint, zieht es die Kölner nach draußen, selbst im Winter.

  1. Sobald die Sonne scheint, zieht es die Kölner nach draußen, selbst im Winter. Ohne eine Außengastronomie haben Wirte kaum noch eine Chance.
  2. Künftig sollen deshalb stadtweit Parkplätze in Flächen für Cafétische umgewandelt werden können.
  3. Doch die Regeln sind streng. Zu streng, meinen Kritiker. In einer Fotodokumentation zeigt die Stadt sogar, wie die Sitzplätze aussehen sollen.

Köln – Das Café „Spatz“ im Belgischen Viertel ist so klein, wie es der Name erwarten lässt. Gerade einmal 18 Gäste finden an den Holztischen Platz, die aus den ehemaligen Kirchenbänken von St. Nikolaus in Sülz gezimmert wurden. Mittags um halb zwei brummt der Laden: Alle Plätze sind besetzt, im winzigen Gastraum drängeln sich Hungrige, die auf ihre Bowls warten: Die gesunden Schüssel-Gerichte, die mal asiatisch, mal hawaiianisch oder mediterran angehaucht sind, liegen im Trend. „Mittags könnte ich locker 50 bis 50 Plätze füllen. Viele gehen wieder, weil es ihnen zu voll ist“, sagt Inhaber Ingo Noack.

Schon im vergangenen Jahr wollte der 41-Jährige deshalb einige zusätzliche Tische draußen aufstellen, ein Parkplatz vor dem Lokal sollte dafür weichen. Doch bevor der Wirt die umfangreichen Antragsunterlagen für die Außengastronomie beisammen hatte, richtete die Stadt plötzlich Fahrradständer auf der Fläche auf. „Durch die fehlende Außengastronomie“, so schätzt Noack, „gehen mir 30 bis 40 Prozent des möglichen Umsatzes verloren.“

Vorbildlich: Dieser Gastronom hat alles richtig gemacht: gute Markierung, einheitliches Mobiliar, Stühle seitlich ausgerichtet.

„Sitzen statt Parken“ heißt das Programm, mit dem sich unter bestimmten Voraussetzungen Stellplätze in Außengastronomie umwandeln lassen. Bislang galt es als Pilotprojekt nur für die Bezirke Innenstadt, Rodenkirchen und Ehrenfeld. Nach jahrelanger Planung will die Verwaltung nun endlich eine stadtweit einheitliche Regelung schaffen und hat dafür einen Kriterienkatalog entwickelt, der Anfang Dezember vom Verkehrsausschuss beschlossen werden soll.

Nicht gewünscht: Kunstrasen und Jägerzaun entsprechen nicht den Gestaltungskriterien, sie mussten entfernt werden.

Zuvor geht das Thema durch alle neun Bezirksvertretungen, die jeweils autonom entscheiden können, ob das Programm in ihrem Stadtbezirk eingeführt wird oder nicht.

Einfach ist der Weg vom Parken zum Sitzen aber nicht. Die Verwaltung wertet die Nutzung des öffentlichen Raums für private, kommerzielle Interessen als Privileg, das nur unter strengen Bedingungen als Sondernutzung erlaubt sein soll.

Das sind die Kosten für die Wirte

Wer eine Außengastronomie einrichten möchte, braucht eine erweiterte Gaststättenerlaubnis. Die Kosten dafür variieren je nach Größe und Lage des Betriebs zwischen 400 und 3500 Euro (einmalig). Für den Erstantrag wird zudem einmalig eine Gebühr von 400 bis 500 Euro erhoben. Hinzu kommt eine jährliche Sondernutzungsgebühr.

Der Gastronom muss zudem die Kosten tragen, die für die fachgerechte Markierung und die eventuell nötige Versetzung von Verkehrsschildern entstehen. (jac)

Das Stadtraummanagement hat daher auch sehr klare Vorstellungen entwickelt, wie die Außengastronomie auf den umgewandelten Parkplätzen zu gestalten ist. Dafür wurde sogar eine Fotodokumentation erstellt, die positive und weniger gelungene Beispiele aufzeigt. „Wir möchten vermeiden, dass Privatleute das Stadtbild durch eine zu individuelle Gestaltung vereinnahmen“, sagt Susanne Flau vom Stadtraummanagement.

Zufriedenstellend: Diese Gestaltung entspricht den Kriterien der Stadt – bis auf die Blumenkübel. Die sind nicht gewünscht.

Der Hotel- und Gaststättenverband Nordrhein (Dehoga) begrüßt die Initiative ausdrücklich. „Ohne Außengastronomie haben Wirte heutzutage kaum noch eine Chance“, sagt Geschäftsführer Christoph Becker. „Sobald sie Sonne scheint, zieht es die Gäste nach draußen, selbst im Winter.“ Das habe auch mit dem Rauchverbot zu tun.

An den strengen Vorgaben der Stadt allerdings scheiden sich die Geister. So wird die Umwandlung von Parkflächen nur für die Zeit von März bis Oktober erlaubt. Wer bereits einige Plätze draußen hat, etwa im Innenhof, bekommt grundsätzlich keine Erlaubnis. Taxistände und Behindertenparkplätze können nicht umgewandelt werden, Ladezonen nur in Ausnahmefällen. Und: Die Genehmigung muss jedes Jahr neu beantragt werden.

Zufriedenstellend:   Markierung und die Ausrichtung der Stühle sind gut, doch durch die Plane wirkt es unaufgeräumt.

Planungssicherheit sieht anders aus, findet Andreas Hupke, Bezirksbürgermeister für die Innenstadt. „Die Wirte wissen so nicht, ob sich ihre Investition überhaupt lohnt. Mit diesem Kriterienkatalog werden Arbeitsplätze vernichtet und Wirten, die Steuern zahlen, Steine in den Weg gelegt.“ Ähnlich sieht es Elmar Schumacher, Inhaber der Patisserie „Törtchen, Törtchen“. Weil er im Innenhof seines Cafés auf der Apostelnstraße bereits eine Außengastronomie hat, darf er keinen Parkplatz umwandeln. „Gerade in der Innenstadt geht es ums Sehen und Gesehenwerden, da ist der Innenhof kein Ersatz.“

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Ingo Noack, der Wirt vom Café Spatz, findet das Kölner Verfahren im Vergleich zu anderen Städten zu bürokratisch. „In Amsterdam und anderen holländischen Städten werden solche Anträge grundsätzlich erst einmal genehmigt und man schaut nach einem Jahr, ob es gut läuft.“ Dort habe man vor allem Interesse an einem gesteigerten Umsatz der Gastronomen, die dann auch höhere Steuern zahlen. „Das ist ein ganz anderer Ansatz.“