Bahar Aslan wehrt sich gegen ihren Rauswurf – und erhält Unterstützung von mehr als 450 Prominenten.
Prominente solidarisch mit Bahar AslanKölner Lehrerin reicht Klage gegen Polizeihochschule ein
In einem offenen Brief haben sich Wissenschaftler, Politikerinnen, Schauspieler und Künstlerinnen mit Bahar Aslan solidarisiert. Die Kölner Dozentin hat unterdessen eine Klage gegen den Widerruf ihrer Lehrtätigkeit an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung (HSPV) Nordrhein-Westfalen eingereicht, das berichtet die „Zeit“.
Bahar Aslan klagt gegen Polizeihochschule NRW
„Mit der Klage machen wir geltend, dass ihr vor dem Widerruf kein rechtliches Gehör geschenkt wurde“, erklärte Aslans Anwalt Patrick Heinemann außerdem auf Twitter. Es liege ein Ermessensausfall vor, erklärte er weiter. Die Klage habe „aufschiebende Wirkung“, führte Heinemann aus. Der Lehrauftrag Aslans sei daher „bis auf Weiteres als wirksam zu behandeln“.
Bevor die Klage Aslans gegen die Polizeihochschule bekannt geworden war, hatten sich die prominenten Unterstützerinnen und Unterstützer der Kölner Lehrerin bereits in einem Text, den „Zeit online“ veröffentlicht hat, zu Wort gemeldet. Die Unterzeichner kritisieren die Entscheidung der HSPV darin scharf.
Die HSPV will die Kölner Lehrerin wegen ihres umstrittenen Tweets über die Polizei nicht weiter als nebenamtliche Dozentin für das Modul „Interkulturelle Kompetenz“ beschäftigen. Zudem prüft die Bezirksregierung Münster mögliche dienstrechtliche Schritte. Die Verfasser des Briefes sehen nun nach eigenen Angaben die „Freiheit der Lehre in Gefahr“.
Bahar Aslan: Kölner Lehrerin nach umstrittenen Tweet in der Kritik
Unter den Unterzeichnern sind zum Beispiel Satiriker Jan Böhmermann, die Schauspieler Milan Peschel und Edin Hasanovic, die Kölner Bundestagsabgeordnete Sanae Abdi (SPD) und Politikwissenschaftler Carlo Masala. Außerdem zahlreiche Lehrbeauftragte der HSPV, Lehrerinnen und Universitätsdozentinnen, Kriminologen und Journalisten.
Sie fordern, „dass politische Mandatsträger und polizeiliche Gewerkschafter ihre Einschüchterungsversuche [gegen Bahar Aslan, d. Red.] umgehend beenden. Wir fordern, dass die Bezirksregierung ihre Disziplinarmaßnahmen einstellt. Wir fordern, dass alle politischen, polizeilichen und medialen Beteiligten, den Eifer, den sie in der Verurteilung von Bahar Aslan aufwenden, in den Kampf gegen den Rechtsextremismus in der Polizei investieren. Wir fordern nicht weniger, sondern mehr rassismuskritische Reflexion in der Polizeiausbildung“.
Aslan, die türkische Wurzeln hat, hatte vor einer Woche getwittert, sie bekomme mittlerweile „Herzrasen, wenn ich oder meine Freund*innen in eine Polizeikontrolle geraten, weil der ganze braune Dreck innerhalb der Sicherheitsbehörden uns Angst macht“. Nach heftiger Kritik unter anderem von der Gewerkschaft der Polizei (GdP) hatte Aslan ihre Wortwahl im Nachhinein selbst als „vielleicht unglücklich“ bezeichnet, sie habe nicht alle Polizisten gemeint.
Auch die Unterzeichner des Briefes distanzieren sich „in aller Form“ von Aslans Wortwahl, aber die „Verleumdungen, Beleidigungen und Bedrohungen“ gegen sie in der Folge bestürze und besorge sie. Wörtlich heißt es in dem Brief: „Während nicht wenige Polizeibeamte, die in rechten Chatgruppen den Holocaust geleugnet, Hakenkreuze versendet und den Tod von Flüchtlingskindern bejubelt haben, ihren Dienst weiter fortführen, wird eine kritische Lehrerin 48 Stunden nach einem unglücklichen Tweet ohne Anhörung von ihrem Lehrauftrag entbunden.“
Rassismus in der Polizei: Bahar Aslan fordert mehr repräsentative Studien
In einem Interview mit „Spiegel Online“ berichtet Bahar Aslan, sie habe ihren Tweet abgesetzt, weil der Bruder einer Freundin mit Migrationshintergrund kürzlich in einer Polizeimaßnahme zu Boden gedrückt worden sei. Die Beamten hätten erst von ihm abgelassen, als er gesagt habe, er sei Architekt. Es fehlten repräsentative Studien, die Einzelfallschilderungen wie diesen mit Zahlen und Fakten untermauern, kritisiert Aslan.
Sie selbst sei zuletzt vor einem Jahr von der Polizei angehalten worden, weil sie ihr Handy am Steuer in der Hand gehalten hatte. Die beiden Polizisten seien „sehr streng“ im Ton gewesen und hätten sie nicht begrüßt. Der erste Satz sei gewesen: „Sie fragen jetzt hoffentlich nicht, warum wir Sie angehalten haben?“ Die Beamten hätten sie dann ohne Strafe wieder fahren lassen.
Sie sei ihrem Lehrauftrag an der HSPV „wirklich sehr gerne“ nachgekommen, betont Bahar Aslan in dem Interview. „Wenn ich die Polizei hassen würde, dann hätte ich da doch nicht unterrichtet.“ Allerdings sei es erlaubt, die Polizei zu kritisieren, diese müsse ihre eigene Rolle reflektieren und eine Fehlerkultur etablieren. Auf die Frage, ob sie optimistisch sei, dass das gelinge, antwortet Aslan: „Wenn ich auf die vergangenen zehn Jahre blicke, dann schon – wenn ich auf die letzten Tage blicke, dann eher nicht.“ (ts/das)