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Bahnhof Süd in KölnMillionenklage um Aufzüge lässt barrierefreien Ausbau platzen

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Bahnhof Süd Rako

Geschlossene Kultkneipe: Die Bahn braucht das Grundstück, auf dem das ehemalige Lokal „Station“ verrottet.

Köln – Am Bahnhof Süd wird es noch bis mindestens 2026 keine Aufzüge, damit keine Barrierefreiheit und keinen direkten Zugang von der Zülpicher Straße zum Bahnsteig Richtung Bonn geben.

Grund ist ein Millionenstreit um ein 189 Quadratmeter großes Grundstück, dessen Eigentümer nach gescheiterten Verhandlungen mit der Bahn über den Kaufpreis eine Klage vor dem Oberverwaltungsgericht Münster gegen den Planfeststellungsbeschluss eingereicht hat. Auf dem Grundstück steht ein verrottetes Bistro, das seit sechs Jahren geschlossen ist.

Umbau sollte bereits November 2020 beginnen

Eigentlich sollte der Ausbau nach jahrelangen Diskussionen im November 2020 beginnen. Der Planfeststellungsbeschluss liegt seit März 2020 vor. Die Baukosten in Höhe von 8,3 Millionen Euro sind bewilligt.

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Zwei Millionen Euro will der Eigentümer für das Grundstück, auf dem ein altes Bistro steht.

Die Bahn hatte für November 2020 bereits eine Sperrpause eingeplant, alles war vorbereitet. „Wir konnten sie für die vorbereitenden Arbeiten nicht nutzen, sondern lediglich das Bahnsteigdach an Gleis 1 sanieren, den Bahnsteigbelag erneuern und ein Blindenleitsystem einbauen“, sagt ein Bahnsprecher.

17.500 Pendler täglich werden weiterhin lange Umwege zu ihren Zügen in Kauf nehmen müssen. Wenn sie Richtung Bonn fahren wollen, müssen sie zunächst die Treppe in Richtung Hauptbahnhof hinaufgehen, bis zum Ende des Gleises laufen, die Treppe nach unten in die Bahnhofshalle hinabsteigen und anschließend die Treppe zum Bahnsteig nach Bonn wieder hochgehen. Deshalb kommt es immer wieder zu gefährlichen Situationen, weil Menschen die Abkürzung über die vielbefahrenen Gleise nehmen.

Ausbau-Stopp wirkt sich wohl auch auf Großprojekt aus

Der Bahnhof Süd spielt beim Ausbau der sogenannte Westspange, das ist die Erweiterung der S-Bahntrasse zwischen dem Hansaring und Hürth-Kalscheuren um zwei Gleise, eine bedeutende Rolle. Das Projekt, dessen Kosten auf 2,3 Milliarden Euro geschätzt werden, ist seit Anfang Juli durchfinanziert. Die Planungen haben bereits begonnen.

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Der Kläger, ein Architekt aus Köln, wehrt sich mit seinem Rechtsanwalt gegen den Vorwurf, mit dem Grundstück einfach nur Kasse machen zu wollen. Die Bahn habe ihm zunächst nur den Bodenrichtwert von 500000 Euro als Entschädigung geboten und keinerlei Wertermittlung vorgenommen. Anfangs sei gar lediglich von 250000 Euro die Rede gewesen.„Ich habe dann ein Wertgutachten in Auftrag gegeben“, sagt er im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Sieben Varianten vorgelegt

In den Gesprächen sei die Bahn dann zwar auf seine Forderung von 1,42 Millionen Euro eingegangen, anschließend habe aber er zwei Monate lang nichts mehr gehört. Danach habe die Bahn ihr Angebot ohne Angabe von Gründen zurückgezogen. „Der Planfeststellungsbeschluss ist dann aus dem Nichts gekommen und auch nicht öffentlich bekanntgemacht worden. Das ist erst auf unseren Hinweis geschehen“, sagt der Architekt.

Während der Verhandlungen hat er nach eigenen Angaben sieben Varianten ausgearbeitet, wie sich der Bahnsteig auch ohne Inanspruchnahme seines Grundstücks barrierefrei erschließen lasse. Eine Erschließung über einen Tunnel von der Moselstraße, die vor Jahren schon einmal diskutiert worden war, ist gescheitert, weil sich die Stadt Köln und die Bahn nicht verständigen konnten, ob und in welcher Größenordnung sich die Stadt an den Kosten beteiligt.

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Auf Aufzüge werden Reisende hier noch viele Jahre warten müssen.

Das Eisenbahnbundesamt habe entschieden, sagt der Kläger, ein Enteignungsverfahren bei der Bezirksregierung Köln in Gang zu setzen, noch bevor der Planfeststellungsbeschluss veröffentlicht gewesen sei. Die Bahn will sich zu den Einzelheiten der Verhandlungen und den Kaufsummen nicht äußern.

Er sei nach wie vor kompromissbereit, sagt der Kläger. „Wenn der Preis stimmt, dann verkaufe ich.“ Bei all den Anwalts-, Gerichts- und Gutachterkosten, die inzwischen aufgelaufen seien, müsse die Summe aber rund zwei Millionen Euro betragen. Spätestens bei diesem Betrag ist die Schmerzgrenze bei der Bahn und dem Nahverkehr Rheinland (NVR), der sich daran beteiligen sollte, weit überschritten.

Das Oberverwaltungsgericht Münster wird nach Schätzungen der Bahn nicht vor Anfang 2022 entscheiden. Sollte die Klage abgelehnt werden, kann der Einbau der Aufzüge frühestens im Jahr 2026 erfolgen, so der Bahnsprecher. „Auf dieser stark frequentierten Strecke werden wir früher keine Sperrpausen erhalten. Sollte der Kläger Recht bekommen, muss umgeplant werden. Ein Bauzeitraum wäre dann zunächst unklar.“