Lässig und entspannt unter der Woche, am Wochenende tummeln sich junge Menschen im roten Samt. Die Scheinbar in der Innenstadt ist eine bewährte Adresse.
BarkolumneNicht-Kennenlernen ist quasi unmöglich in der Kölner Scheinbar

Cocktails in der Scheinbar in Köln sind auch außerhalb der Happy-Hour noch erschwinglich.
Copyright: Eva Reik
Von außen so unscheinbar, dass man fast vorbeigeht. Ein Haus, einer dieser schmucklosen Lückenfüller in sonst mehr oder minder intakter Altbauzeile, das weder auf die heutige Bar hinweist, noch an den Nachtclub von einst erinnert.
Die Fassade, selbst das Schild der Scheinbar, ist so zurückhaltend, dass es unscheinbar scheint. Und tummeln sich keine ausgehfreudigen Partymenschen vor der Tür wie an diesem kalten Dienstagabend im späten Winter, man würde einfach vorbeigehen und eines der nächsten Lokale an der übernächsten Ecke anpeilen.
Aber man weiß: bewährte Adresse seit 1998, weshalb es sich lohnt, durch die schwere Tür zu treten. Roter Samt, gedimmtes Licht, lässiger Sound, lauschige Ecken und Separées, die sich um den ovalen Tresen in der Mitte des Lokals schmiegen. Rote Lämpchen illuminieren die gedimmte Atmosphäre charmant und sind eine schöne Reminiszenz ans frühere Etablissement.
Der geschwungene Tresen ist eine Wucht
Vor allem war es der geschwungene wie einnehmende Tresen, der den Besitzer der Scheinbar, Shahin Hosseini, damals begeisterte, als er aus den USA nach Köln zurückkehrte und sich leerstehende Lokale rund um die Brüsseler Straße anschaute. Zu einer Zeit, als das Belgische Viertel noch nicht hip war und vor allem hölzerne Veedelskneipen, nicht Szenelokale, das Bild prägten.
Der Mann lag richtig: Der Tresen ist auch heute noch eine Wucht, man sitzt rundherum, das DJ-Set ist ebenfalls daran untergebracht und am Wochenende stehen die Leute in zweiter und dritter Reihe. Nicht-Kennenlernen ist quasi unmöglich, wenn junge Menschen bei einem erstklassigen wie von Hand aufgelegten Mix aus Soul und Funk der 1970er Jahre ins Wochenende schwingen.
Am Dienstagabend dagegen ist die Szenerie überschaubar, ein paar nicht mehr ganz junge Stammgäste aus der Nachbarschaft treffen sich auf ein paar Kölsch oder Drinks. Rund 40 Cocktails sind auf der handlichen Karte gelistet, Klassiker wie Old Fashioned und Negroni, aber auch eigene Kreationen wie Bloody Harry oder Saphire Sour. Wer die Happy Hour zwischen 19.30 und 20.30 verpasst, jeder Cocktail kostet dann sieben Euro, kommt dennoch mit überschaubaren 9,50 Euro pro Drink hier weg.
Unbedingt probieren sollte man den Gin Basil Smash, der mit voller Basilikumwürze, angenehmer Säure und in sattem Grasgrün überzeugt. Auch die zur plüschigen Atmosphäre passenden roten Drinks wie Erdbeer-Daiquiri oder Cosmopolitan sind eine Empfehlung. Dem Whiskey Sour dagegen fehlt etwas Kraft, als sei er schon länger mit den Eiswürfeln verschmolzen.
Auch wenn sich das Lokal gegen Mitternacht beinahe leert, gibt der DJ noch lange nicht auf und der Barkeeper läutet weit später die letzte Runde ein. Ganz entspannt. Und will man es doch laut und glühend, ist der Freitagabend der richtige Moment. Dann explodiert die unscheinbare Scheinbar.
Was muss man unbedingt probieren? Gin Basil Smash die hauseigene Kreation Saphire Sour.
Was kosten die Cocktails? 9,00 bis 10,00 Euro.
Gibt es auch Kölsch? Gaffel Kölsch vom Fass 0,2 l kostet 2,30 Euro.
Wer geht dahin? Am Wochenende ausgehfreudige junge Menschen zwischen 25 und 30.
Wie alt sind die Gäste? Unter der Woche kommt auch älteres Publikum.
Gibt es etwas zu essen? Nichts.
Das Besondere? Dienstag bis Samstag kümmern sich DJs um den Soul der 1970er Jahre.
Scheinbar, Brüsseler Straße 10, 50674 Köln
Dienstag bis Donnerstag 19 Uhr bis ca. 1 Uhr, Freitag und Samstag 19 Uhr bis in die späte Nacht, ca. 3 bis 4 Uhr.