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„Unfassbar und völlig daneben“Werbekampagne von Kölner Firma wird scharf kritisiert – Vytal reagiert

Lesezeit 3 Minuten
Auf einem violetten Plakat steht über einer Mehrwegschüssel „Sexism for free“. Das Wort „Sexism“ wurde nachträglich über das Plakat geklebt.

An der Vogelsanger Straße / Moltkestraße wurde ein Plakat der Firma Vytal teilweise überklebt.

Noch im September hatte Vytal mit seinem Plakat den „Best 18/1 Award“ gewonnen. Auf der Straße kommt der Slogan nun dagegen nicht gut an.

Von der Werbebranche gefeiert, von der Öffentlichkeit kritisiert: Die neue Werbekampagne der Kölner Firma Vytal sorgt derzeit vermehrt für Unmut. Auf den vielen Plakaten, die seit mehr als zwei Wochen nicht nur in ganz Köln, sondern auch in weiteren Großstädten Deutschlands zu finden sind, steht auf violettem Hintergrund: „Bowljob for free“. Der Wortwitz scheint nicht bei jedem anzukommen – im Belgischen Viertel wurde ein großflächiges Plakat von Unbekannten so überklebt, dass dort stattdessen „Sexism for free“ steht.

Wortspiel soll Aufmerksamkeit erregen

Vytal bietet Mehrwegbehälter als ökologische Alternative für To-go-Speisen an. Im Gegensatz zu vergleichbaren Optionen ist das für die Nutzerinnen und Nutzer kostenfrei, es muss kein Pfand bezahlt werden.

Die Werbung von Vytal an einer Litfaßsäule, hier ohne Aufkleber.

Eine weitere Werbung am Breslauerplatz Ecke Johannisstraße.

Genau dieses Alleinstellungsmerkmal als pfandfreies Mehrwegsystem soll die Kampagne laut Vytal deutlich machen. „Um neben der Plakatflut da draußen dennoch gesehen zu werden, spielen wir mit einem potenziellen Buchstabendreher, der thematisch nicht weiter von unserem Produkt entfernt sein könnte und dadurch Aufmerksamkeit erregt“, sagt Josephine Kreische von Vytal auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“. Auf den ersten Blick impliziert der Spruch, dass statt einer kostenlosen Schüssel (englisch: „Bowl“) kostenloser Oralverkehr („Blowjob“) angeboten wird.

Ziel der Kampagne sei es gewesen, Aufmerksamkeit zu erregen, „bei einer Zielgruppe, die deutlich breiter ist, als die Zielgruppe, die sich typischerweise für Mehrweg interessiert“. Das Wortspiel findet jedoch offenbar nicht jeder lustig. Kreische sagt: „Sowohl bei dieser Kampagne als auch in Zukunft, ist es nicht unsere Absicht, jemanden zu diskriminieren oder plumpe sexualisierte Werbung zu teilen, sondern die Themen Mehrweg, nachhaltige Ressourcennutzung und Nachhaltigkeit in den Fokus zu rücken.“

Ich war immer ein Fan von Vytal, aber diese BJ-Anspielung und dann noch mit dem Hinweis ‚for free‘, also mit Sexarbeit-Framing, das hat mich echt enttäuscht
Kommentar eines Instagram-Nutzers

Jegliche Kritik werde ernst genommen. „Aus dem gleichen Grund würden wir die Überklebung auch nicht entfernen. Wenn unser Plakat anregt, darüber zu diskutieren, freut uns das tatsächlich.“ Die Kampagne endet laut Vytal an diesem Montag. Sämtliches positives wie negatives Feedback auf die Kampagne werde Vytal in die Retrospektive einfließen lassen.

Dabei wird die Firma wohl auch Reaktionen aus den Sozialen Netzwerken auswerten müssen. Auch unter einem Instagram-Post der Firma mit dem Werbemotiv wird diskutiert. „Unfassbar und völlig daneben. Ich war immer ein Fan von Vytal, aber diese BJ-Anspielung und dann noch mit dem Hinweis ‚for free‘, also mit Sexarbeit-Framing, das hat mich echt enttäuscht“, schreibt etwa ein Nutzer.

Die Fachjury des „Best 18/1 Award“ fand das Plakat von Vytal, das im Haus selbst und ohne Agentur entwickelt wurde, dagegen gelungen. Bei dem bundesweiten Plakatwettbewerb, gegründet von der Kölner Mediaagentur für Außenwerbung „ASS“, wählte sie den Slogan von mehr als 240 Einsendungen unter die besten zehn. Auch die 800 Gäste der Award-Verleihung im September in Köln waren vom „Bowljob“ begeistert und kürten das Plakat von Vytal im Live-Voting zum Sieger. Damit sicherte sich das 2019 gegründete Start-up eine Kreativ-Prämie von 10.000 Euro und eine Außenwerbekampagne im Wert von einer Million Euro.