Zwei Kitas für 417 Kinder gibt es derzeit in Merkenich. Seit Jahren gibt es Pläne, eine dritte Kita zu bauen, doch diese scheitern.
Angespannte BetreuungssituationPolitik und Eltern fordern neue Kita in Merkenich – Kritik an Verwaltung
Auf der langen Wunschliste von Dingen, von denen die Einwohner der zum Stadtteil Merkenich gehörenden Rheindörfer gerne mehr zur Verfügung hätten, stehen Einrichtungen der Kindertagesbetreuung ganz oben: den gut 6000 Einwohnern stehen zurzeit zwei Kindertagesstätten mit insgesamt neun Gruppen gegenüber. Seit Jahren machen Bürger und die örtliche Politik auf den Mangel aufmerksam und beklagen den Stillstand beim Ausbau der Betreuungsplätze.
Tatsächlich ist der Bedarf eher noch größer geworden: So ist die Zahl der Unter-Dreijährigen in den vergangenen fünf Jahren um 20 Prozent gestiegen, die Zahl der drei- bis sechsjährigen Kinder sogar um 51 Prozent. Insgesamt leben zurzeit 417 Kinder unter sechs Jahren in dem Stadtteil. Das geht aus Zahlen einer Mitteilung der Verwaltung an den Jugendhilfeausschuss und die Bezirksvertretung Chorweiler hervor.
Bürger und Politik hoffen auf neue Kita in Merkenich, um Bedarf zu decken
Die Versorgungsquote hat sich in diesem Zeitraum somit noch einmal verschlechtert: Im U3-Bereich von 37 Prozent auf 28 Prozent, im Ü3-Bereich sogar von 72 auf 52 Prozent, so die vorläufige Annahme der Stadt, die die Verschlechterung als Folge der gestiegenen Kinderzahlen sieht. Auch die Jugendhilfeplanung sieht daher für den Stadtteil einen „zeitnahen, dringenden“ Bedarf an mehr Kita-Plätzen im Umfang einer neuen, großen Kita.
Eine solche im Stadtteil Merkenich zu realisieren, sei jedoch „schwer darstellbar“, so die Stadt weiter. Schuld seien wieder einmal Faktoren, die in Merkenich auch in anderen Zusammenhängen für Frust sorgen: Die Nähe zu sogenannten „Störfallbetrieben“ der chemischen Industrie, sowie der Verlauf einer Hochspannungstrasse über dem Areal stellen laut der Fachämter eine Gefährdung von Kindern dar, weshalb ein Kita-Neubau schwierig umzusetzende Auflagen zu erfüllen hätte. Die Planung allein würde daher einen langen Zeitraum einnehmen.
Investor und Grundstück für Kita in Merkenich gesucht
Dennoch gibt es Grundstücke, die infrage kommen. Die Stadt hat in erster Linie eines in der Amandusstraße in Rheinkassel im Auge, das der katholischen Kirchengemeinde St. Pankratius gehört. Da diese ihr Grundstück aber nicht verkaufen, sondern nur verpachten will, fänden sich keine Investoren für das Projekt – ein einziger sei bislang interessiert gewesen, aufgrund der Verpachtungsabsicht der Gemeinde jedoch aus den Gesprächen ausgestiegen. Derzeit werde nach neuen Lösungsansätzen gesucht.
Langfristig rechnet die Stadt nach der „aktuellen Bevölkerungsprognose“ für die Jahre bis 2035 ohnehin mit sinkenden Kinderzahlen. Mit der neuen Einrichtung, die vier Gruppen umfassen und deren Inbetriebnahme „planmäßig“ 2030 erfolgen soll, soll die Versorgungssituation dann „voraussichtlich auskömmlich sein“ und sich mit den 52 Prozent im U3-Bereich und knapp 100 Prozent im Ü3-Bereich den guten Werten anderer Stadtteile angeglichen haben.
Politik nennt Mitteilung der Verwaltung „Ansammlung von Ausreden“
Eine Aussicht, die die Chorweiler Bezirksvertreter allerdings ganz und gar nicht zufriedenstellte. „Es reicht nicht aus, etwas für 2030 in Aussicht zu stellen“, sagte etwa Rainer Stuhlweißenburg, der stellvertretende Vorsitzende der CDU-Fraktion, „Diese Anstrengungen hätte man schon vor Jahren anstellen können.“ Die Bezirksvertretung habe bereits durch viele Anträge und Anfragen darauf hingewirkt. Klaus Roth (Die Linke) bezeichnete die Mitteilung der Verwaltung als „Ansammlung von Ausreden“ für den Stillstand.
„Aufgabe der Stadt ist es nicht, Investoren zu finden, sondern es ist Aufgabe der Stadt, Kita-Plätze anzubieten“, sagte Roth. „Das heißt, auch die Stadt kann ein Grundstück pachten und darauf eine Kita errichten. Das wird aber gar nicht erst in Erwägung gezogen.“ Eike Danke aus der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen zog weiterhin die Prognosen der sinkenden Zahl von Kindern im Stadtteil in Zweifel: „Natürlich kann man Berechnungen anstellen, aber bei unvorhersehbaren Ereignissen, wie etwa einer weiteren Flüchtlingswelle, sind die auch wieder über den Haufen geworfen“, meinte sie. „Kitas kann man immer brauchen.“