Ärger um Spielplatz in Köln-PeschAnwohner und Stadt verderben Kindern den Spaß
Köln-Pesch – Enttäuschung spiegelt sich in den Mienen von Ali, Selman, Simeon, Daniel und Georg. Die Jungs stehen auf dem Spielplatz am Heinering in Pesch. Sie sind zwischen fünf und neun Jahre alt, spielen am liebsten Fußball. Selman hat zwar einen Ball dabei, doch gespielt wird nicht. Auf dem Spielplatzschild ist die durchgestrichene Figur eines Jungen mit Fußball zu sehen. Das Piktogramm klebt dort erst seit kurzem.
In den vergangenen Wochen hatten sich die Kinder täglich auf dem Spielplatz getroffen, es war Corona-Lockdown, die Schule zu, der Sportplatz geschlossen, der Bewegungsdrang umso größer.
Ballspielverbot auf dem Spielplatz
„Als Ali das Schild sah, hat er geweint“, erzählt Serdar Yildiz, Vater von Ali (6) und Selman (9). Das Ballspielverbot habe eine lärmempfindliche Anwohnerin erwirkt. Das habe die bei der Stadtverwaltung für Spielplätze zuständige Sachbearbeiterin bei einem Telefonat zugegeben. Serdar Yildiz, gebürtiger Nippeser und Lehrer an der Longericher Gesamtschule, lebt seit vier Jahren mit Frau und Kindern in einem Reihenhaus im Pescher Literatenviertel, südlich der Mengenicher Straße. Beim Ortstermin ist auch der Vater von Daniel (9), Simeon und Georg (beide 5) anwesend, möchte jedoch namentlich nicht genannt werden. Die Familie wohnt am Heinering.
Im Frühling habe eine Anwohnerin immer wieder die Kinder ausgeschimpft. „Eigentlich spielen wir ja sowieso immer nur nachmittags, abends nie,“ sagt Daniel traurig. „Das war ja auch nur so oft, weil Corona war und wir nicht in die Schule gegangen sind“, ergänzt Selman. Yildiz sagt, Anfang April habe er das Gespräch mit der Nachbarin gesucht, doch leider hätten sich die Fronten dadurch noch verhärtet.
Anwohnerin beschwert sich bei der Stadt
„Es endete damit, dass sie drohte, sich an die Stadt zu wenden“, so Yildiz. Daraufhin habe er der Stadtverwaltung geschrieben und um ein Gespräch gebeten, das sei ihm zunächst zugesagt worden, doch über Monate hinweg habe man ihn hingehalten. Stattdessen sei auf den Spielplatzschildern das Verbotspiktogramm aufgetaucht. „Ich finde es traurig, wie die Stadt uns behandelt, bin sehr enttäuscht.“ Als Lehrer wisse er nur zu gut, wie laut Kinder sein können, so Yildiz. Sie machten beim Spielen nun einmal Lärm, das sei unvermeidlich.
Stadtsprecherin Nicole Trum widerspricht dem Verdacht, die Stadt habe einer Anwohnerbeschwerde nachgegeben, das sei schon deshalb nicht möglich, weil Kinderlärm durch das Bundesimmissionsschutzgesetz ausdrücklich geschützt sei. Die Neuetikettierung begründet sie so: Bei der Beschilderung der öffentlichen Spielplätze in Köln sei das Piktogramm „Fußballspielen verboten“ prinzipiell vorgesehen, so auch auf dem Spielplatz Heinering. „Auf den neuen Schildern war das Piktogramm aber nicht aufgedruckt, weshalb es jetzt einzeln aufgeklebt wurde.“
Nachbarn schimpfen mit spielenden Kindern
Das Piktogramm beziehe sich auf Fußball als Mannschaftssport. „Im Wohnumfeld zum Spielplatz Heinering dürfen die Kleineren auf den Rasenflächen der Spielplätze Fußball spielen, die Größeren müssen auf den Bolzplatz Escher Straße ausweichen“, so Trum. Doch das scheint den Anwohnern nicht bekannt zu sein. Daniel hat beobachtet: „Sie warten immer ab, bis unsere Eltern weg sind, dann sprechen sie uns an.“ Die Aussicht, jederzeit getadelt zu werden, versetze die Kinder in einen Angstzustand, sagt Yildiz. „Momentan spielen sie lieber zu Hause.“
Ortswechsel: Der Spielplatz am Franz-Grillparzer-Ring. Arbeiter sind damit beschäftigt, ein Klettergerät aufzustellen. Auch in diesem Fall agiere die Stadt über die Köpfe der Kinder hinweg, ohne sie zuvor nach ihren Wünschen befragt zu haben, ärgert sich Yildiz. „Das Klettergerät ist nicht das, was sie haben möchten.“
Klettergerüst statt Bolzplatz
Stattdessen hätte man besser einen Bolzplatz angelegt, meint der Vater. Deutlich weniger Anwohner wären vom Lärm betroffen gewesen im Vergleich zum Heinering. Eine verpasste Chance, findet der Vater.Ein Beteiligungsverfahren für den Spielplatz Franz-Grillparzer-Ring habe aufgrund der Corona-Schutzverordnung nicht stattfinden können, verteidigt Stadtsprecherin Trum das Vorgehen der Stadt. Bei zwei Besuchen seien aber zufällig anwesende Kinder befragt worden, sie hätten sich das Klettergerät gewünscht.
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Pesch ist im Umbruch, der Generationenwechsel in vollem Gange. Plötzlich sind Spielplätze, die jahrelang im Dornröschenschlaf lagen, wieder von Kinderstimmen erfüllt. „Ein friedliches Miteinander können nur Eltern und Anwohner herbeiführen,“ sagt Barbara Eschen vom Bürgerverein Pesch. Sie empfiehlt den öffentlichen Bolzplatz, direkt am Fußballplatz des FC Pesch, dort störe der Lärm niemanden. Da seine Söhne auch beim FC Pesch spielen, kenne er diesen Platz, sagt Yildiz. Leider liege er vom Literatenviertel zu weit entfernt, noch dazu an einer stark befahrenen Straße. Dass der Streit ums Ballspielen ein gütliches Ende findet, hoffen die fünf Jungs sehr. Schließlich stehen jetzt die Sommerferien vor der Tür, und mit ihnen viel Zeit zum Kicken.