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SpurensucheIm Kölner Fronweiher lernten Generationen das Schwimmen an der Angel

Lesezeit 4 Minuten

Bis in die 1960er Jahre war der Fronweiher feucht-fröhlicher Treffpunkt in Worringen.

Worringen – Hubert Jussenhoven war ein berüchtigtes Original. Schwimmen soll er nicht gekonnt haben, aber als Bademeister am Fronweiher brachte er es anderen bei.

Die Kinder waren über einen Flaschenzug mit einem Seil verbunden. Ließ Jussenhoven es locker, mussten sich die Kleinen selbst über Wasser halten. Nur aufgepumpte Fahrradreifen unter ihren Armen sorgten für Auftrieb. Manchmal sei der Bademeister nicht ganz bei der Sache gewesen sein, sagt Hans-Josef Heinz vom Worringer Heimatarchiv, der in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg selbst „am Galgen“ hing.

Dann achtete Jussenhoven mehr auf seine Zigarre als auf die ihm anvertrauten Pänz. So war es damals am Fronweiher, in dem ganze Generationen von Worringern das Schwimmen lernten.

Teich wurde auch Fru-Loch genannt

Wer nicht gerade am Galgen hing, konnte seinen Spaß haben. Die Worringer nannten den kleinen Teich, der sich noch heute in der Rheinaue zwischen den Langeler Damm und die Neusser Landstraße kauert, auch Fru-Loch – frohes Loch. Garant für feucht-fröhliche Stunden war der Schwimmclub Worringen 1919, ein munteres Häufchen Feierwütiger, der den Weiher kurz nach dem Ersten Weltkrieg für seine Zwecke herrichtete.

„Den Verein können Sie gleichsetzen mit einem Karnevalsverein, das aber 365 Tage im Jahr“, sagt Hans-Josef Heinz: „Die haben sich an jedem Wochenende gefeiert.“ Wenn der Club, der heute zur Sportgemeinschaft Worringen gehört, zum Schwimmfest lud, saß der halbe Ort an der Böschung rund um den Weiher und verfolgte die Wettkämpfe. Die Eröffnung übernahmen die älteren Mitglieder – verkleidet als „Neger“ mit Baströckchen. Derbe Späße, die damals nicht unüblich waren.

Ein verlassener, morbider Ort

Aus dem frohen Loch ist ein verlassener, morbider Ort geworden. Die Uferbefestigung aus Holz ist längst verrottet, die Betonplatten vor einem kleinen Backsteinhäuschen, das vielleicht mal eine Umkleidekabine war, sind zum Teil zerbrochen. An den Stehtischen stand schon lange niemand mehr. Neben dem Backstein-Häuschen auf der Böschung befindet sich ein noch kleineres Toilettenhäuschen. Die Herzchen in den Holztüren sind erhalten geblieben. Der Rest: moosbewachsen, laubbedeckt, fast versteckt hinter Sträuchern und Bäumen. Geschwommen wird hier seit 50 Jahren nicht mehr.

„Zum Schwimmen war der Rhein damals spannender“, sagt Hans-Josef Heinz. Aber wer es noch nicht konnte, musste es eben im Fronweiher lernen, jenem Gewässer, das 1784 durch einen Dammbruch entstanden war. Zunächst war die Anlage für den Schwimmverein reserviert, später hatten auch Schulen und die Öffentlichkeit Zutritt. Der neugegründete Schwimmverein legte 1920 zunächst eine 25-Meter- Bahn mit Pfählen an, dazu gab es einen Sprungturm und eine Wellblechbude als Umkleidegelegenheit.

1931 entstand ein auf Benzinfässern schwimmendes Podium mit Sprungturm, Umkleidebaracke und Laufsteg. An Land entstand eine feste Umkleidebaracke. Auch ein weiteres Worringer Original war oft im Fronweiher anzutreffen: Peter Meurer gehörte in den 1930er Jahren zu den besten Brustschwimmern Deutschlands. Um ein Haar wäre der 1,90 Meter große Hüne, wegen seiner Körperlänge und seinem Bäckerberuf „Taate Lang“ (Lange Torte) genannt, 1936 bei den Olympischen Spielen angetreten. Doch eine schwere Angina machte ihm einen Strich durch die Rechnung.

Wunsch nach einem Freibad

Im Zweiten Weltkrieg wurde die Anlage komplett zerstört und danach wieder aufgebaut. Wieder gab es ein auf Pontons schwimmendes Podium, wieder wurden Schwimmwettkämpfe ausgetragen. Doch in den 1950er Jahren stiegen die Ansprüche allmählich, der Wunsch nach einem Freibad wurde lauter. Das kam zwar nicht, dafür aber ein Hallenbad, das mittlerweile auch nicht mehr existiert.

Mitte der 1960er Jahre dann, wenige Jahre vor Eröffnung der neuen Schwimmstätte, war der Fronweiher endgültig abgemeldet. „Die Schwimmanlage wird aufgegeben und verschrottet“, heißt es in der Vereinschronik. „Zuletzt wurde der Weiher noch vom Angelverein genutzt“, sagt Hans-Josef Heinz. Doch auch diese Zeit ist vorbei. Am Zaun um das frohe Loch heißt es nun: „Angeln verboten“.

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