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Club Volta und Carlswerk Victoria„Mülheim ist das nächste Ausgehviertel“

Lesezeit 6 Minuten
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Antonia Zweigardt (l.) und Sonja Tanner im Biergarten, der Club Volta und Carlswerk Victoria verbindet

  1. Mit dem Club Volta und Carlswerk Victoria haben im Jahr 2018 zwei Konzerthallen auf dem Carlswerk-Gelände in Köln-Mülheim eröffnet.
  2. Ungewöhnlich daran ist auch, dass die Clubs, in denen von Heavy Metal bis Rap viele Bands auftreten, von zwei Frauen betrieben werden.
  3. Im Interview sprechen Antonia Zweigardt und Sonja Tanner über den Wandel Mülheims, ihre neuen Pläne für die Hallen und warum sie manchmal viel Zeit darauf verwenden müssen, Bands mit undemokratischer Gesinnung herauszufiltern.

Alte Mauern und bis zu zwölf Meter hohe Räume mit massiven Stahlträgern ragen in die Höhe: sichtbare Spuren einer Geschichte, die bis ins Jahr 1874 zurückreicht. Zu jener Zeit beginnt die Kabelproduktion des Unternehmens Felten & Guilleaume auf dem Carlswerk-Gelände in Mülheim. Heute hat sich der ehemalige Industriekomplex längst zum urbanen Gewerbestandort gewandelt, an dem auch die Hochkultur mit dem Schauspiel ihr (zeitweiliges) Zuhause gefunden hat.

Neben Theatervorstellungen finden auf dem Gelände auch Konzerte statt: Die Veranstaltungsagentur „Alles Gute live“ hat im vergangenen Jahr gleich zwei Locations eröffnet – den Club Volta und das Carlswerk Victoria, die über einen Biergarten verbunden sind. Ein Gespräch mit den Betreiberinnen Antonia Zweigardt und Sonja Tanner.

Der Club Volta eröffnete 2018 mitten im Sommerloch. Ein paar Monate später folgte das Carlswerk Victoria. Wie haben Sie den zweiten Sommer überstanden?

Antonia Zweigardt: Wir sind später gestartet als geplant und hatten daher weniger Vorlauf für das Booking. Deswegen ging es am Anfang etwas langsam voran, wurde dann aber schnell angenommen, und es dauerte nicht lange, bis viele Anfragen kamen. Wir freuen uns, dass das Feedback durchweg positiv ist. Die Nachfrage ist da, denn in Köln fehlt die Kapazität. Für die nächste Saison merken wir, dass die überregionalen Agenturen uns schon kennen. Zukünftig möchten wir das Biergarten-After-Work-Konzept noch ausbauen. Wir haben uns im ersten Jahr hauptsächlich auf das Konzertgeschäft konzentriert, um Fuß zu fassen. Nächsten Sommer, wenn die Fußball-EM läuft, werden wir im Club und im Biergarten Public Viewing anbieten.

Sie sind zwei von vier Gesellschaftern einer Agentur, die es schon vor der Eröffnung des Clubs gab. Waren das neue Herausforderungen für Sie?

Sonja Tanner: Ja, die größte Herausforderung war die Finanzierung. Keiner von uns hat gut geerbt. Außerdem hat uns die Bauphase in einen Bereich gebracht, von dem wir anfangs keine Ahnung hatten. Wir sind keine Bauherren und mussten uns erst einarbeiten. Jetzt können wir es. Das war eine leerstehende Fabrikhalle, die wir komplett umgestalten mussten.

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Eingang zum Club Volta

Wo der Club ist, war vorher nur ein Stahlgerüst. Wir mussten dann gemäß den Richtlinien Notausgänge planen, eine gut dimensionierte Lüftungs- sowie eine Sprinkleranlage einbauen, für Notbeleuchtung sorgen – Maßgaben, die im Laufe der letzten Jahre dazugekommen sind. Das ist schon ziemlich modern. Dieser Prozess hat dreineinhalb Jahre gedauert.

Und was sind die programmatischen Herausforderungen im Konzertbetrieb?

Zweigardt: Es gibt die Problematik, dass man die politische Gesinnung einiger Bands oder Musikrichtungen häufiger nachrecherchieren muss, weil es Bands mit extrem undemokratischen Gesinnungen gibt. Das tun wir gerne, um nachher keine böse Überraschung zu erleben. Ansonsten sind wir sehr offen, was die Musikstile betrifft. Eine Richtung, mit der wir uns weniger identifizieren können, ist der Ballermann-Schlager, für den es andere Locations in Köln gibt.

Wie ist das Verhältnis zwischen bekannten Acts und Nischen-Bands?

Zweigardt: Die große Halle füllt man leider natürlich nur mit entsprechend großen Acts (In der Vergangenheit traten dort etwa Dendemann, Zara Larsson und Walter Trout auf, Anm. d. Red.). Nischen-Bands können sich eher im Rahmen eines Festivals präsentieren, wie beispielsweise dem Cardinal Sessions Festival, das hier in beiden Hallen stattgefunden hat. Über Festivals hat man als Veranstalter die Möglichkeit, kleineren oder aufstrebenden Bands eine Chance zu geben.

Ist der Aufstieg für kleine Bands heute schwieriger als früher?

Zweigardt: Sowohl als auch. Einerseits kann es durch das Internet sehr schnell gehen, andererseits ist das Angebot groß. Jeder möchte touren und kompensieren, dass er keine Tonträger mehr verkauft, während auf Tour auch Merchandising-Artikel gut verkauft werden. Auch da gibt es Festivals, die den Underground unterstützen wie den Emergenza-Bandcontest oder Metalcolonia, wo zehn Bands sich präsentieren konnten.

Mit dem E-Werk, Palladium und dem Übergangsstandort des Schauspiels ist die Nachbarschaft kulturell geprägt. Welche Rolle spielt Mülheim inzwischen im Gefüge des Kölner Nachtlebens?

Zweigardt: Zum einen ist es als Konzertort bekannt, größere Veranstaltungen finden im E-Werk und Palladium statt. Auf der anderen Seite fühlen wir uns auf dem Carlswerk-Gelände sehr wohl. Unser Vermieter, die Beos AG, fördert das Miteinander der einzelnen Mietparteien.

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Es gibt viel Interaktion wie Get-Togethers und Unternehmerrunden. In Mülheim gibt es auch immer noch viel Subkultur. Von Punk, Rock bis zu Metal im Valhalla Metal Pub und der Punkrock-Kneipe Limes. Das ist ein schönes Spannungsfeld.

Gibt es denn direkte Verbindungen zu den Nachbarn?

Zweigardt: Als Veranstaltungsagentur buchen wir manchmal Konzerte ins E-Werk und Palladium, wenn sich Künstler dieser Größenordnung anbieten, und das Schauspiel ist häufig für firmeninterne Events bei uns. Es gibt auch Pläne für gemeinsame Festivals, die wir in den nächsten Jahren vielleicht umsetzen können.

Während in den Club Volta 450 Menschen passen, bietet das Carlswerk Victoria etwa 1600 Plätze. In den benachbarten Konzerthallen finden bis zu 4000 Menschen Platz. Wie sieht es mit der Konkurrenz aus?

Tanner: Konkurrenz gibt es keine. Wir haben uns bewusst für diese Größe entschieden, weil es eben die Lücke zwischen den existierenden Hallen schließt. Dadurch, dass wir aus der Branche kommen, wussten wir, dass die Nachfrage hoch ist und man sich da nichts nimmt.

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Konzerthalle des Carlswerk Victoria

Für eine Stadt dieser Größe ist Köln eher schwach aufgestellt. Was noch fehlt, ist die Größe der Düsseldorfer Mitsubishi-Electric-Halle (etwa 7500 Plätze, Anm. d. Redaktion), also zwischen Palladium und Lanxess-Arena.

Ein Club-Betreiber aus Ehrenfeld nannte den Club Volta einen programmatischen Ersatz für das Underground, das vor genau zwei Jahren schließen musste. Stimmen Sie dem zu?

Zweigardt: Mit dem Underground kann man sich schwer vergleichen, weil es 30 Jahre existiert und so viel erlebt hat. Ein neuer Club mit hohen Decken ist da etwas anderes. Wenn es darum geht, dass wir auch Subkultur unterstützen, dann ja.

In Ehrenfeld fallen Einrichtungen und Clubs der Gentrifizierung zum Opfer. Wird Mülheim immer mehr zum „neuen“ Ehrenfeld?

Zweigardt: Im Moment glaube ich das nicht. Sicherlich wird es in Zukunft noch belebter hier. Wenn mehr Clubs hier entstehen würden, würde man davon profitieren, weil man sich gegenseitig befruchtet. Sehr gerne kann es das nächste Ausgehviertel sein, und ist schon auf gutem Wege dahin, aber bitte dann auf dieser Ebene bleiben und ohne den Schritt der Gentrifizierung.

Die Gestaltung des Club Volta lehnt sich an eine sakrale Ästhetik an. Wie kam es dazu?

Tanner: Wir haben einen Großeinkauf bei einem holländischen Antiquitätenladen gemacht, wo wir eine alte Kirchenbank erworben haben. Uns war zudem eine schöne, große Bar als Kernelement wichtig mit einer breiteren Auswahl an Getränken als vielleicht im Konzertclub-Segment üblich. Das hat etwas Erhabenes, fast Altar-mäßiges. Und so kam eins und eins zusammen.

Die Clubbranche ist männlich dominiert. Auf Frauen trifft man selten. Bei Ihnen sind gleich mehrere Frauen im Team.

Zweigardt: Da hat sich aber auch schon viel getan. Von Veranstaltungsmeisterinnen bis hin zu den Stagehands, unter denen in den letzten Jahren viele Mädels sind.

Was ist den Besuchern für ein positives Konzerterlebnis wichtig?

Zweigardt: Die drei häufigsten Themen, die angesprochen werden, sind tatsächlich eine breite Getränkeauswahl, saubere Toiletten und guter Sound. Wir bieten alles drei.