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Neue Strategie statt Notbremse?So reagiert Köln auf die hohe Corona-Inzidenz

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Menschen mit Masken auf der Hohe Straße in Köln.

  1. Drei Tage in Folge lag die Corona-Inzidenz in Köln zuletzt über einem Wert von 100. Damit wäre eine Notbremse für die Stadt möglich.
  2. Doch Köln verzichtet – mindestens bis Freitag. Experten zeigen für das Zögern aus verschiedenen Gründen Verständnis.
  3. Dafür wird offenbar eine neue Strategie diskutiert, die Öffnungen nachträglich absichern soll. Ob diese rechtzeitig vor notwendigen Schließungen kommen wird, ist völlig offen.

Köln – Die Stadt verzichtet vorerst auf schärfere Corona-Maßnahmen. Den Beschlüssen des Landes Nordrhein-Westfalen zufolge bestünde die Möglichkeit einer Notbremse, weil die Sieben-Tage-Inzidenz in Köln seit drei Tagen über dem Wert von 100 liegt. Diese könnte die erneute Schließung von Geschäften, Museen oder dem Zoo bedeuten. Eine Sprecherin der Stadt sagte am Dienstag, man befinde sich für das weitere Vorgehen derzeit in Abstimmung mit dem Land.Für Prof. Michael Hallek, Leiter der Klinik I für Innere Medizin an der Kölner Uniklinik, ist das Zögern nachvollziehbar. „Wir erleben die erwartete Steigung der Fallzahlen. Zuletzt haben dazu Cluster beigetragen, insbesondere der Ausbruch in einem Wohnheim.“ Das sei „epidemiologisch gesehen ein wenig beruhigend“, sagt Hallek. Zwar gelte die Situation zurecht nicht als völlig außer Kontrolle, man müsse die Lage „in den kommenden Tagen ganz genau beobachten.“

Neue Teststrategie soll Öffnungen in Köln absichern

Entscheiden wird die Stadt über mögliche Verschärfungen erst bei der nächsten Sitzung des Krisenstabes am Freitag. In den vergangenen Wochen tagte der Krisenstab auch mittwochs. Laut Stadt wurde der Rhythmus nun aber wieder geändert, die Sitzungen werden nur noch montags und freitags abgehalten. Ein enger Kreis aus Vertretern von Stadtspitze und Gesundheitsamt trifft sich weiterhin mittwochs, um über mögliche Maßnahmen zu beraten – so auch in dieser Woche.

Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ wird derzeit vor allem diskutiert, ob mit einem gezielten Einsatz von Tests erneute Schließungen verhindert werden können. So scheint es denkbar, dass Besuche von Geschäften oder Museen künftig zwar möglich bleiben, ein negatives Schnelltest-Ergebnis allerdings zur Bedingung für den Eintritt wird. Ein ähnliches Modell wird derzeit in Tübingen erprobt.Hallek hält die Idee, Öffnungen mit Schnelltests zu verknüpfen, für klug. „Die Durchführung müsste allerdings auch funktionieren.“

Corona-Tests: Hallek plädiert für differenziertes Vorgehen

Eventuell brauche es Stichproben mit erneuten Tests vor Ort, so Hallek. „Man könnte auch variieren: Im Zoo unter freiem Himmel reicht vielleicht ein Selbsttest, in der vollen Innenstadt und in Geschäften bräuchte es eher professionelle Schnelltests aus zertifizierten Zentren.“

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Man müsse Tests häufiger und so effektiv wie möglich einsetzen.Doch der Onkologe verspricht sich von einer besseren Teststrategie mehr als nur eine nachträgliche Absicherung der Öffnungen. Das Ziel müsse es sein, dass „nur jeder möglicherweise Infizierte in Quarantäne muss – und nicht die ganze Stadt oder das ganze Bundesland. Bislang gelingt uns das nicht. Ich finde, das ist wirklich bitter.“ Man müsse „jeden erdenklichen Aufwand betreiben“, um Infektionen schnell und gezielt zu erkennen. Er könne nur hoffen, „dass die Behörden in der Stadt alles unternehmen“, um auch die Kontaktnachverfolgung und Isolierung schneller und wirksamer zu machen.

Apotheken können offenbar noch mehr testen als bisher

Die Kölner Apotheken wären offenbar bereit für eine weitere Test-Offensive. Sie sind seit der Einführung kostenloser Schnelltests eine wichtige Anlaufstelle für Kölnerinnen und Kölner, die überprüfen möchten, ob sie aktuell mit dem Coronavirus infiziert sind. „Wir sind zwar schon jetzt intensiv eingebunden, könnten aber auch mehr Tests durchführen“, sagt Thomas Preis, der Vorsitzende der Kölner Apotheken.

Gezielte Schnelltests für mehr Freiheiten halte er für „ein gutes Konzept. Es wäre innovativ und auch effektiv. Ich würde das befürworten.“ Es könne die nötige Sicherheit bieten. „Wir würden viele bisher unentdeckte Fälle erkennen und Infektionsketten unterbrechen“, sagt Preis. Eine mögliche Rücknahme der Lockerungen wäre nach Einschätzung von Preis „ein erheblicher Rückschritt für die Menschen in unserer Stadt“.

Corona in Köln: Schließung der Schulen als letzte Option?

Als neuralgischer Punkt gelten weiterhin die Schulen. Eine initiative Schließung hat die Stadt zuletzt ausgeschlossen. Wie eine Sprecherin noch am Montag betonte, „begrüßt“ die Stadt die Öffnungen der Schulen grundsätzlich. Für zusätzliche Sicherheit sollen in Köln eigene Testkonzepte sorgen, die an zahlreichen Schulen und Kitas erprobt werden. „Ich hoffe, dass diese Pilotprojekte flächendeckend ausgeweitet werden“, sagt Hallek. Vergangene Woche habe man über die Testungen an Schulen „einen Infizierten erkannt, der mit großer Wahrscheinlichkeit ein Superspreading-Event ausgelöst hätte“. Hallek ist überzeugt: „Wir konnten so ein Cluster verhindern. In solchen Testkonzepten liegt ein Riesenpotential.“

Die fehlende Unterstützung durch das Land bezeichnet Hallek als „bestürzend“. Die Landesregierung habe ihre Ankündigung nicht eingehalten, Schulen mit einer etablierten Teststrategie zu öffnen: „Es herrscht Chaos.“ Dennoch hält Hallek es für richtig, dass Schulen im Fall einer Notbremse „zu allerletzt“ geschlossen werden. Es müsse jedoch erkannt werden, dass auch erneute Schulschließungen „ein wichtiger Hebel“ für das Verhindern von Infektionen sein können. Zuvor müsse laut Hallek über eine Rücknahme der weiteren Öffnungen und über Ausgangssperren diskutiert werden.

Die Befürchtung des Mediziners: Flächendeckende Tests könnten für den nächsten steilen Anstieg der Infektionszahlen zu spät kommen. „Es kann sein, dass wir in drei Wochen von einer 200er- oder 300er-Inzidenz sprechen.“ Dann werde man „möglicherweise alles schließen müssen, weil wir sonst in den Kliniken in eine Katastrophe laufen.“ Hallek appelliert an alle Kölnerinnen und Kölner: „Wir sollten das alle verhindern wollen. Zum Schutz unserer Familien, Freunde und Mitbürger. Strengen wir uns also an.“ Doch nicht ausschließlich die Anstrengungen jedes Einzelnen, auch jene von Land und Stadt werden entscheidend dafür sein, wie Köln durch den Frühling kommt.