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Essbare Deko, Servieren in ZeitzonenKölner Gastronomen werden erfinderisch

Lesezeit 6 Minuten
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Wer in Corona-Zeiten lieber unter freiem Himmel essen will, kann das im „Limbourg“ in der Limburger Straße.

Köln – Es ist ein bisschen wie die Quadratur des Kreises. Wie will man eine einladende, gemütliche Atmosphäre erzeugen, wenn aufgrund von Corona-Hygienevorschriften fast alles Dekorative verboten ist? Alen Radic würde die Tische in seinem kleinen Innenhof liebend gern schmücken, wenn er nur dürfte. Also hat er sich etwas anderes überlegt: Er richtet seine Speisen zum Teil mit Blumen an. Essbare Blüten wie die Veilchen, mit denen er den französischen Spargel garniert, gelten als Lebensmittel wie Fleisch oder Fisch und sind gestattet. Etwa zehn Minuten braucht der Betreiber des Restaurants „Limbourg“, um die Sauce Hollandaise zu schlagen und auf dem Teller ein kleines Kunstwerk nebst Kaviar und Wachtelei anzurichten.

Der Koch ist glücklich, dass sich die Gäste zunehmend wieder in sein Restaurant trauen. Aber er weiß auch, dass Reservierungen umgehend storniert werden, wenn in den Medien – wie kürzlich über Ansteckungsgefahr durch Aerosol-Partikel – die Rede ist. Der 45-Jährige zeigt auf die offenen Fenster und verdeutlicht mit einer Handbewegung, dass die Luft ständig zirkuliert. Je nach Nachrichtenlage überzeugt aber selbst das nicht.

Kölner wollen lieber im Freien essen

Während Radics rechte Hand Thorben Hachen in der Küche hauchdünne Zucchini-Streifen miteinander verwebt, die später das Ratatouille umhüllen werden, wischt der Chef über die Holztische in seinem Hof und stellt Kerzen auf die Fensterbank zur Küche. Glücklicherweise hat er auch ein paar Plätze zur Straße hin. „Die Leute wollen unbedingt draußen sitzen“, sagt der gebürtige Kroate ein wenig zerknirscht, weil der neue, schön hergerichtete Raum im ersten Stock verweist bleibt, was nicht nur an den sommerlichen Temperaturen liegt.

Der kleine, fast ein bisschen provenzalische Innenhof gehörte zu den Highlights, die der „Kölner Stadt-Anzeiger“ im vergangenen Sommer im Rahmen der Serie „Lauschige Plätze“ vorgestellt hat.

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Außer dieser Adresse im Belgischen Viertel, gab es etliche andere Gärtchen oder Hinterhöfe zu entdecken, die man – auf der Straße stehend – nie vermutet hätte. Das Mini-Gärtchen vom Sülzer „Chante Cocotte“ oder das Höfchen vom „Tanoshii“ (Brabanter Straße) sind solcheGegenentwürfe zum herkömmlichen Biergarten. Auf der süßen Terrasse des Südstadt-Cafés „Sabor èrmoso“ erinnern Hängematte und ein Surfbrett an Urlaube, die vor der Pandemie noch uneingeschränkt möglich waren.

Wie überall gelten auch im italienischen Restaurant „L“accento“ die coronabedingten Abstandsregeln. Ein paar Gäste halten sich jedoch partout nicht dran, was Franco und Marisa Medaina jedoch eher entzückt, als stört. „Schauen Sie, sogar die Amseln sind zurück und brüten unterm Dach“, sagt die Frau des Padrone mit einem Lächeln, das man trotz des Mundschutzes sehen kann.

Blick auf die alten römischen Stadtmauern

Das Café „Kogi“ auf dem Berlich, mit dem wir unserer Serie „Lauschige Plätze im letzten Sommer begonnen haben, ist nach wie vor einen Innenstadt-Oase, die man – nur ein paar Meter von der Fußgängerzone entfernt – ebenfalls nie vermuten würde. Ähnlich überrascht ist man, dass sich das über Jahrzehnte gezüchtete Nikotingelb an den Wänden der Traditionskneipe „Leuchtturm“ im Griechenmarktviertel nach etlichen Metern in ein bestechendes Grün verwandelt. Nur sollte man nicht davon ausgehen, dass die buntgesprenkelten Karpfen im Teich die einzige Sehenswürdigkeit in diesem liebevoll angelegten Garten wären. Der Clou ist, dass man hier auf Teile der alten römischen Stadtmauer schaut.

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Die drei Tische zur Herthastraße hin, sind bei Jakob Liebner – wenn man so sagen darf – nicht mal die halbe Miete. Der weitaus attraktivere Außenbereich liegt hinter dem Zollstocker Restaurant. Die weggenommenen Tische und Stühle, die gerade auf dem Dach zwischenlagern, haben der Gemütlichkeit jedoch keinen Abbruch getan. Im Gegenteil. Trotzdem ist „die Situation, für keinen, der mit Menschen zu tun hat, schön“, betont der Betreiber des „Zollhof“. Aber auch Liebner ist zufrieden, dass sich immer mehr Gäste mit Appetit über das Pulled Pork mit geschmorter Süßkartoffel und der amerikanischen Krautsalat-Variante „Cole Slaw“ (15,50 Euro) oder das Wiener Schnitzel vom Kalbsrücken mit lauwarmem Kartoffel-Gurken-Salat (19,50 Euro) hermachen. Dazu gibt es im „Zollhof“ Kulthopfen, das der Wirt in Kooperation mit einer Brauerei herstellt.

Auf der versteckten, großen Terrasse des Restaurant „Zur Sülzburg“ kann man das Wachstum von Stachelbeeren und Kapuzinerkresse beobachten. Tomaten sind im Werden und mit etwas Glück kann Jan Welbers in diesem Jahr sogar seine eigenen Gurken ernten. Wie immer steht in diesem Gasthaus ein Innnereien-Gericht auf der Karte, zurzeit sind das die hausgemachten Nudeln mit Ochsenbäckchenragout (15.50 Euro).

„Lizbät“ in Ehrenfeld ist bunter geworden

Wem der versteckte grüne Hof des Ehrenfelder Lokals „Lizbät“ bunter erscheint, als in den Vorjahren, hat nicht zu tief ins Glas geschaut, sondern die Anstrengungen der Betreiber wahrgenommen, den Gästen noch mehr blühende Perspektiven zu bieten. Außerdem wurde das Beleuchtungskonzept verbessert. Diesen Eindruck könnte man auch im „Il Nido“ im Auenviertel haben. Dort wird das Mehr an Gemütlichkeit jedoch schlicht durch eine Bambusdecke erzeugt, die Brigitte Brenca dort eingezogen hat.

„Vor allem ältere Gäste sind so froh, dass sie wieder vor die Türe kommen und genießen das Essen im Restaurant“, sagt Christoph Paul, der in dem lauschigen Innenhof seines Restaurants im Belgischen Viertel erstmals auch ein vegetarisches Menü anbietet. Die von der Bonner Strasse aus nicht mal erahnbare Terrasse des auf Steaks und Meeresfrüchte spezialisierten „Reef & Beef“ wird wieder bewirtet, ebenso die zur „Comedia Colonia“ gehörende Wagenhalle.

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SMK-Brasack

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Mönika Höhn ist glücklich darüber, dass das zum „Gasthof Höhn“ gehörende, wahrscheinlich hortensienreichste Terrain Kölns bald wieder in voller Blüte stehen wird. Auch Südstadt-Gastronom André Niediek hat die Zwangspause genutzt, um seinen ohnehin spektakulären Garten noch einmal zu verschönern. In seinem „Maison Blue“ werden zurzeit nur Menüs angeboten, die im Zwei-Schicht-Betrieb (18 Uhr/20.15 Uhr) serviert werden.

Auf der anderen Rheinseite hat Gastronom Axel Müller seinen Betrieb sogar auf fünf Zeitzonen umgestellt. Gäste essen in der Dünnwalder „Waldschenke“ neuerdings im Anderthalb-Stunden-Takt, was andere Gastronomen hoffentlich nicht zum Einführen von Speed-Eatings animiert. An anderen lauschigen Plätzen im Rechtsrheinischen, zum Beispiel dem „Ahle Kohberg“ in Merheim oder dem Café Vreiheit“ in Mülheim gibt es indes keine Zeitbegrenzung.

Wasserschaden im Seiberts

Wer noch immer darauf wartet, seinen Betrieb wieder aufnehmen zu können, ist Volker Seibert. Voller Entsetzen hat der vieldekorierte Bartender vor kurzem mitansehen müssen, wie es bei ihm aus dem Kronleuchter tropfte und wesentliche Bereiche seiner Bar durch einen Wasserschaden im Haus geflutet wurden. Bevor der Brandschutzgutachter nicht festgestellt hat, dass die Deckenstabilität weiterhin gewährleistet ist, darf Seibert seinen pittoresken „Liquid Garden“ nicht öffnen, sondern kann die Cocktails am Friesenwall lediglich aus der Bar-to-go anbieten.