In den Kölner Brauhäusern herrscht gähnende Leere.
Rund die Hälfte der Tische müssen die Gastronomen sperren. Die gewohnte Atmosphäre fehlt.
Ein kölsches Kulturgut ist in Gefahr. Einige Betreiber können sich nur durch ihre Außengastronomie retten.
Köln – Stühlerücken, Gedränge, Gläserklirren, Gelächter und freundlich-strenge Anweisungen der Köbesse, die Teller mit deftigen Gerichten über die Köpfe der Gäste jonglieren. Das ist die normale Atmosphäre im Brauhaus. Deshalb gehen die Leute hin. Alexander Manek, Chef des „Haus Unkelbach“ an der Luxemburger Straße, läuft durch seine leeren, stillen Schankräume. 283 Plätze hat die Gaststätte – keiner davon ist besetzt. Einige Tische sind mit Klebeband versehen und damit gesperrt.
Auf den freigegebenen Tischen sind große QR-Codes angebracht, mit dem man die Speisekarte auf sein Smartphone herunterladen kann. Es ist nur keiner da, der es macht. Das Unkelbach in Sülz ist wie die meisten Kölner Brauhäuser leer – denn sie leben vor allem von großen Gesellschaften, von Stammtischen und Freundeskreisen. Und von der gemütlichen Enge und dem Trubel – doch diesen ganz speziellen Genuss machen die Corona-Abstandsregeln derzeit unmöglich.
Auch der Bieresel leidet
„Wir haben ein Riesenglück, dass wir den großen Biergarten haben“, sagt Manek. Da hat er extra einen Mittagstisch eingeführt – besonders für genervte Mütter. Hier sind zahlreiche Tische besetzt. Doch in seinem „Bieresel“ an der Breite Straße herrscht ebenfalls Flaute. „Da hat uns der Nachbar noch ein bisschen Platz zur Verfügung gestellt, damit wir noch ein paar Tische mehr draußen aufstellen konnten.“ Aber im „Alten Brauhaus“ an der Severinstraße, das Manek ebenfalls betreibt, herrscht tote Hose.
Von diesem Samstag an dürfen sich bis zu zehn Personen aus verschiedenen Haushalten treffen – das könnte eine leichte Besserung bringen. „Darüber freuen wir uns wie über einen Lottogewinn“, sagt Manek. Die alte Regel – Treffen nur von Menschen aus höchstens zwei Haushalten – führte teilweise zu bizarren Situationen. „Wir mussten sogar einem Stammtisch von vier Witwen sagen, dass sie sich auf zwei Tische aufteilen sollen.“ Brauhaus-Stimmung kommt da nicht auf.
Auch im „Päffgen“ an der Friesenstraße sitzen nur einige einsame Kölschtrinker an den blankgewienerten Tischen. Inhaberin Eva Schmeißer sagt: „Das Geschäft ist mehr als schleppend.“ Mehr als die Hälfte der Plätze musste gesperrt werden, die Speisekarte hat sie ein wenig verkleinert. Die Gäste holte sie am Eingang ab. Manche Stammgäste trauen sich noch nicht so recht, wieder zu kommen. Dass zur Zeit keine Touristen in der Stadt sind,spielt beim „Päffgen“ allerdings kaum eine Rolle. „Wir haben ohnehin nicht viele Touristen als Gäste.“
Beichstuhl ist nicht besetzt
Im „Brauhaus Sion“ in der Altstadt ist der Beichtstuhl nicht unbesetzt. Denn es gibt kaum etwas abzurechnen und zu überwachen. Der Thekenbereich ist mit einer Plexiglasscheibe abgeschirmt, stehen darf hier niemand – der Durchgang ist zu eng. Betriebsleiter Bruno Haumann und Besitzer René Sion blicken auf 560 leere Plätze, einen großen Saal haben sie ganz gesperrt.„Die Touristen fehlen, die Schiffsausflügler, auch die großen Hochzeit- und Beerdigungsgesellschaften“, sagt René Sion.
Aber auch die Besucher, die vor oder nach einem Musical oder einem Philharmoniekonzert hier sonst einkehren. Die Kölner allein können das nicht auffangen. „Wir müssen aber auch sagen, dass wir zur Zeit keine Atmosphäre bieten können in Räumen, in denen man so auf Lücke sitzt“, sagt Haumann. Und damit falle die Kernkompetenz eines Brauhauses weg.
120 Plätze hat das „Sion“ noch im Freien, doch selbst die sind spärlich besetzt. Ein Ehepaar aus Solingen macht auf einer Radtour hier Station. Drinnen zu sitzen, davor hätten sie keine Angst, aber bei dem Wetter sei es natürlich draußen schöner.Die Auslastung im „Sion“ liegt bei etwa 15 bis 20 Prozent. Lohnt sich die Öffnung da überhaupt? „Wir waren bei der Wiedereröffnung am 13. Mai zunächst frohen Mutes. Wir wollten die Innenstadt wiederbeleben. Aber das klappt bisher nicht“, sagt Sion.
Die neue Lockerung, nach der sich nun bis zu zehn Personen treffen dürfen, ist unter den Gastronomen natürlich herumgegangen wie ein Lauffeuer. Aber René Sion glaubt, dass sich die Änderung nur marginal auf sein Geschäft auswirken wird. Es bleibt wieder einmal nur Abwarten. Vielleicht bringt Pfingsten ja ein wenig Aufschwung.