Die IG Severinsviertel prägt seit fünf Jahrzehnten das Vringsveedel, während sich die Severinstraße wandelt.
Dä längste Desch, Weihnachtsmarkt und VringsdeschIG Severinsviertel wird 50 Jahre

Seit 1980 lockt „Dä Längste Deesch vun Kölle“ – hier ein Bild von 2023 –viele Besucher auf die Severinstraße.
Copyright: Stephanie Broch
Das Severinsviertel wird oft als das kölscheste Viertel der Stadt bezeichnet, „weil es ein sehr altes Veedel ist. Es gehört zur südlichen Altstadt. Es ist ein gelassenes, lebendiges und einladendes Viertel, mit vielen Stammtischen, Vereinen und lebendigen Kirchengemeinden“, sagt Karl-Heinz Walter. Seit 2020 ist er Vorsitzender der IG Severinsviertel.
Die begeht in diesem Jahr ihr 50. Jubiläum. Gegründet wurde die Interessengemeinschaft 1975 von Geschäftsleuten der Severinstraße aus Protest gegen die damalige Verkehrsführung auf der Straße, die in vier Einbahnstraßenabschnitte mit jeweils gegenläufigen Richtungen, unterteilt war. Federführend bei der Gründung waren Marianne Weiss, die ein Radio- und Fernsehgeschäft auf der Straße führte, und Metzger Horst Schlüter. 10 bis 20 Mitglieder hatte die IGS damals, schätzt Walter. Heute hat sie um die 80 Mitglieder. In den 90er Jahren waren es zeitweise 120 Mitglieder. „Der Rückgang liegt unter anderem daran, dass es heute weniger inhabergeführte Geschäfte und mehr Filialisten gibt, und die treten leider in der Regel einer IG nicht bei“, sagt Walter.

Karl-Heinz Walter – hier auf der Torburg – führt seit 2020 die IG Severinsviertel.
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Eine der großen Errungenschaften der IGS ist „Dä Längste Desch vun Kölle“, der 1980 zum ersten Mal stattfand. Immer am dritten Septemberwochenende präsentieren sich die Fach- und Einzelhändler des Vringsveedels auf der Severinstraße, es gibt Essen, Trinken, Unterhaltung an der Hauptbühne auf dem Severinskirchplatz und Kinderspaß. „Vielfalt, Qualität, Nähe und Kölsch-Jeföhl macht dieses traditionelle Straßenfest aus“, sagt Walter.
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Lebensmittel, Kultur und Krankenhaus
In den vergangenen Jahrzehnten hat sich die Severinstraße verändert. „Es gibt heute weniger Einzelhandel und stattdessen mehr Gastronomie – häufig internationale Gastronomie mit, unter anderem, japanischen, koreanischen und libanesischen Gerichten – und mehr Dienstleister, vor allem Nagelstudios, Barbershops und Kioske. Das ist ein allgemeiner Strukturwandel“, berichtet Walter.
Dennoch gebe es noch viele attraktive, inhabergeführte Läden auf der Straße, einen Pralinenladen, einen Fischladen, mehrere Traditionsbäckereien, eine Buchhandlung, ein Geflügelgeschäft, einen italienischen Feinkostladen, Modeläden, einen Fair Store und vieles mehr, führt er aus.
„Gerade was hochwertige Lebensmittel angeht – wir haben drei Metzgereien – sind wir sehr gut aufgestellt“, so Walter. Auch kulturell habe das Vringsveedel viel zu bieten mit einem Kino, dem Bürgerhaus Stollwerck, der Torburg, einer Stadtteilbibliothek, dem Alten Pfandhaus und der romanischen Kirche Sankt Severin und vielem mehr. „Wir haben Restaurants, zwei Brauhäuser, Cafés, Eisdielen. Wir haben mit dem ‚Severinsklösterchen‘ ein großes, sehr anerkanntes Krankenhaus, wir sind also gut versorgt“, freut er sich.
Probleme auf der Severinstraße gibt es auch, wie zum Beispiel mit Wohnungslosen, die sich häufig in Geschäftseingängen aufhalten und dort auch übernachten. „Wir wollen hier keinesfalls ein hartes ‚law and oder‘, aber wünschen uns mehr Unterstützung von der Stadt, dass sie sich mit Streetworkern um die Wohnungslosen kümmert“, sagt Walter. Ein weiteres Problem sieht er in der Verschmutzung des Viertels. „Kippen, Pappbecher, Tüten – es gibt immer mehr Leute, die ihren Abfall einfach auf die Straße oder den Gehweg werfen“, bedauert Walter.
Veranstaltungen und Brauchtumspflege
Die IGS, seit 2010 ein eingetragener Verein, organisiert seit vielen Jahren die Weihnachtsbeleuchtung und -bäume auf der Severinstraße, ein großes Adventssingen, alle zwei Jahre einen Weihnachtsmarkt auf dem Chlodwigplatz und jedes Jahr den „Tag des Veedels“. Seit 2022 vertritt die IGS nicht mehr nur die Interessen der Geschäftsinhaber, Werkstätten, Ateliers und Gastronomien im Veedel, sondern betreibt und unterstützt auch die Heimatpflege und das Brauchtum vor Ort. Sie unterhält eine eigene Geschichtswerkstatt und ist Mitglied im Verein Vringstreff und im Förderverein des Bürgerhauses Stollwerck.

Seit Mai 2024 können sich Besucher in den warmen Monaten einmal im Monat „Em Vringsveedel an enem Desch“ treffen.
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Im vergangenen Jahr rief die IGS eine weitere Veranstaltung ins Leben: „Em Vringsveedel an enem Desch“. An jedem dritten Mittwoch im Monat stehen auf dem Severinskirchplatz Bänke und Tische, an denen die Besucher essen, trinken und miteinander plaudern können. Seit 2024 kümmert sich die IGS auch um die Pflanzkübel mit Bäumen auf der Severinstraße. Die hatte die Immobilien- und Standort-Gemeinschaft, die sich im vergangenen Jahr auflöste, 2019 aufstellen lassen. Auch die Pollerbänke und Fahnenstangen gehören zu den Hinterlassenschaften, die die IGS übernahm.
Offen für alle
Seit Anfang 2025 hat die IG Severinsviertel den Status „gemeinnützig“. „Wir sind offen für alle, jede und jeder kann bei uns Mitglied werden, die oder der sich für das Severinsviertel engagieren möchte“, betont Walter. Eine eigene Feier plant die IGS zu ihrem Jubiläum nicht. „Wir feiern das ganze Jahr über bei den verschiedenen Veranstaltungen. Wir möchten aber noch eine Festschrift und einen ewigen Kalender für das Severinsviertel herausgeben“, so Walter.