Die Initiative „Archivkomplex“ entwickelt ein Projekt zur langfristigen Erinnerung an die Katastrophe.
16. JahrestagKölner gedenken am Rosenmontag still des Archiveinsturzes

OB Henriette Reker mit einem roten Funk (l.), Marvin Pagel, dem Bruder eines der Einsturz-Opfer, und Christoph Kuckelkorn (r.), dem Leiter des Festkomitees Kölner Karneval am Bauzaun an der Einsturzstelle des Historischen Archivs.
Copyright: Inge Swolek
Um trotz karnevalistischer Feierstimmung angemessen an den Einsturz des Historischen Archivs vor 16 Jahren zu erinnern, musste Oberbürgermeisterin Henriette Reker am Rosenmontag früh aufstehen. Um 7:30 Uhr, noch vor Beginn des großen Karnevalstrubels in der Stadt, hängten Reker, ganz in Schwarz, Christoph Kuckelkorn, der Vorsitzende des Festkomitees Kölner Karneval, und Jörn Schwarze vom Vorstand der KVB zwei Kränze am Bauzaun um die Archiv-Einsturzstelle auf.
Anwesend waren auch der Kölner Kulturdezernent Stefan Charles und Baudezernent Markus Greitemann. Außerdem Marvin Pagel, der Bruder des beim Einsturz ums Leben gekommenen Kevin Pagel.
Vor genau 16 Jahren, am 3. März 2009, war das Historische Archiv der Stadt Köln eingestürzt. Auch zwei benachbarte Gebäude wurden mitgerissen. Zwei Menschen kamen dabei ums Leben. Seitdem gibt es jedes Jahr eine feierliche Gedenkveranstaltung am Einsturzloch – diesmal fiel der Jahrestag genau auf den Rosenmontag.
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Logbuch der Zwischenzeit geplant
Auf längere Reden wurde in diesem Jahr verzichtet. Es gab lediglich eine kurze Ansprache der Oberbürgermeisterin, die betonte, dass Fröhlichkeit und Feiern auch Traurigkeit nicht ausschließe. Zum Abschluss stimmte ein roter Funk auf der Trompete die Melodie des Willy Ostermann-Liedes „Heimweh noh Kölle (Ich mööch zo Foss no Kölle jon)“ an.
Neben den offiziellen Vertretern waren nur wenige Kölnerinnen und Kölner zu dieser frühen Stunde an die Einsturzstelle gekommen, darunter Günter Otten von der Initiative „ArchivKomplex“: „Wir sind daran interessiert, dass wenn der Bauzaun mal verschwindet, hier ein Platz für kulturelle und bürgerschaftliche Aktivitäten entsteht. Wir möchten, dass für die Menschen hier am Katastrophenort Gedenken erfahrbar gemacht wird. Deshalb haben wir gemeinsam mit der Stadtverwaltung die Rotterdamer Künstlergruppe ‚Observatorium‘ beauftragt, ein Konzept zu entwickeln.“

Banner der Initiative „Archivkomplex“ an der Severinsstraße Ecke Löwengasse.
Copyright: Alexander Schwaiger
Anfang Mai wird auf dem Waidmarkt ein Panoramazelt aufgebaut, in dem Kölnerinnen und Kölner ihre Erinnerungen und Gefühle rund um den Archiveinsturz in Form von Bildern, Texten, Zeichnungen oder Erzählungen hinterlegen können. „Wir planen eine Art Logbuch der Zwischenzeit, also der Jahre 2009 bis 2025, und möchten damit ein Dokument der Reflexion und ein Zeugnis einer menschengemachten Katastrophe für die Nachwelt erstellen“, erklärte Andreas Decker von der Rotterdamer Künstlerprojektwerkstatt das Konzept.
Die Reaktionen darauf waren gespalten. So sagte ein Kölner, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte: „Ich finde die Idee nicht schlecht, habe aber Bedenken, dass das Logbuch am Ende in einer Glasvitrine in irgendeinem Museum landet und niemand es wahrnimmt. Deshalb wünsche ich mir einen richtigen Gedenkort, eine Gedenktafel, auf der die Namen der beiden toten jungen Männer stehen.“
Die Initiative „Archivkomplex“ hat den Rosenmontag dazu genutzt, auch die Karnevalisten und Besucher an den Archiveinsturz vor 16 Jahren und die unendliche Baustelle am Waidmarkt zu erinnern: Am Zugweg hing an der Severinstraße Ecke Löwengasse ein Banner, auf dem stand: „16 Jahre nach dem Archiveinsturz: Wann geiht d'r Zoch widder gradus?“
Günter Otten sagt: „Das Transparent steht bewusst an dieser Stelle, denn die Severinstraße ist hier seit Jahren für den Verkehr und auch den Rosenmontagszug gesperrt. Wir möchten darauf aufmerksam machen, denn die meisten Menschen sind genervt, dass es so lange dauert.“