Köln – Am Anfang war Marisol Cuito noch etwas ängstlich. Als ihr eine Freundin das erste Mal von Couchsurfing erzählt hat, wusste sie nicht so recht, was sie davon halten sollte. Bei fremden Leuten auf dem Sofa schlafen? „In Peru wäre ich da eher vorsichtig. Man weiß nicht, wo man am Ende landet“, sagt sie.
Marisol kommt gebürtig aus Callao, einem Vorort von Lima. Derzeit arbeitet und lebt sie als Au pair bei einer Familie im belgischen Löwen. Jetzt sitzt sie mit dem 27-jährigen Krankenpfleger Julian Ensslin in dessen Küche in Nippes. Die beiden kennen sich erst seit ein paar Stunden. Julian hat für Marisol auf der zweiten Etage seiner kleinen Wohnung ein Bett hergerichtet. Viel Komfort gibt es nicht. Doch das nimmt Marisol gerne in Kauf, denn für die Übernachtung zahlt sie nichts.
Kulturaustausch aus erster Hand
Beim Couchsurfing öffnen Einheimische ihr Zuhause für Gäste aus der ganzen Welt. Eine Gegenleistung bekommen sie dafür nicht. „Ich will vor allem andere Leute kennenlernen und mehr über andere Kulturen erfahren. Gleichzeitig möchte ich meinen Gästen aber auch Köln und die Umgebung näherbringen. Das ist Kulturaustausch aus erster Hand“, sagt Julian. „Manche suchen nur einen günstigen Schlafplatz. Das mache ich aber nicht, ich bin ja kein Hotel“.
Der erste Kontakt zwischen Julian und Marisol hat auf dem Internetportal Couchsurfing.com stattgefunden. Hier erstellt jeder sein eigenes Profil mit einem Steckbrief und Fotos. Ist das Profil vollständig, können sich die Nutzer untereinander sogenannte Couch-Anfragen stellen. Ein Reisender schreibt einen kleinen Text über sich. Der Gastgeber kann dann entscheiden, ob er die Anfrage annimmt.
„Man muss die Anfragen zumindest beantworten, sonst finde ich das unhöflich“, sagt Joachim Auth. Der 54-jährige KVB-Fahrer hat Giorgos Grolias aus Griechenland und Willian Guelez aus Italien bei sich in Porz aufgenommen. Ihm geht es beim Couchsurfen vor allem um den Austausch. „Ich möchte viele neue Leute kennenlernen, ich möchte selbst surfen und die Menschen dann auch wiedersehen“, sagt er. „Ich habe erst letztens eine Einladung aus Washington D.C. bekommen.“ Seinen beiden Surfern, die in Athen leben und zusammen auf Reisen sind, hat er vor allem die Gegend um Dom und Altstadt gezeigt und konnte sie so schnell von Köln überzeugen. „Ich denke, Köln ist die schönste Stadt in Deutschland“, sagt Giorgos. Er selbst hatte die Idee, hierhin zu kommen. „Mir haben zwei Freunde unabhängig voneinander dazu geraten, nach Köln zu fahren. Ich denke, es war Karma.“ Zwei Tage bleiben sie, dann fahren sie weiter nach Brüssel. Die beiden sind seit vergangenem August Couchsurfer. Zwölf Gäste haben sie seitdem bei sich aufgenommen. Nun surfen sie zum ersten Mal selbst. „Wir wollten es jetzt einfach mal ausprobieren. Joachim war der erste, der uns geantwortet hat. Wir waren sehr überrascht von seiner netten Nachricht und mussten dann noch zwei weitere Einladungen ausschlagen“, sagt Giorgos.
Er selbst war am Anfang skeptisch. „Man weiß nie, was einen erwartet“, sagt der 44-Jährige. Mittlerweile ist er aber überzeugt. „Das ist ein gutes System. Man kommt mit Einheimischen in Kontakt, die man sonst nie treffen würde. Die können einem Orte zeigen, die man sonst nie sehen würde. Es geht nicht nur um einen kostenlosen Schlafplatz“.
Internationale Couchsurfer-Treffen
Florian Fischer hat das System Couchsurfing komplett verinnerlicht. 2004 hat der 36-Jährige mit dieser Art des Reisens angefangen und ist seit 2006 aktiver Couchsurfer. Mehr als 50 Länder hat er besucht. „Ich bin gern unterwegs und habe so viele neue Leute kennengelernt..“ Regelmäßig besucht der Sozialarbeiter internationale Couchsurfer-Treffen. Wenn das Geld zum Fliegen fehlt, fährt er per Anhalter. „Ich trampe auch mal für ein Wochenende nach Italien, das ist für mich keine Entfernung mehr“, sagt er. Florian selbst organisiert an der Mosel regelmäßig eine große Veranstaltung. „Das ist der beste Weg, um Menschen kennenzulernen“, sagt er. Auch seine Freundin Inga aus Russland hat er auf solch einem Treffen kennengelernt. Weil die ihr Masterstudium in Köln absolviert, organisiert Fischer jetzt auch hier regelmäßige Zusammenkünfte. „In Köln hat es so was nicht mehr gegeben, also habe ich das angestoßen“, sagt Fischer. Jeden Donnerstag treffen sich Couchsurfer aus Köln und Reisende, die gerade in der Stadt sind, in einer Kneipe. „Da steckt kein Konzept dahinter. Wir versuchen aber, öfter in verschiedenen Stadtteilen zu sein. Das ist auch für Einheimische interessant, weil sie so neue Ecken kennenlernen..“
Marisol wird es nicht zu einem Kölner Couchsurfer-Treffen schaffen. Für sie geht es zurück nach Belgien. Ihre nächsten Ziele heißen Budapest und Tschechien. Auch dort wird sie es wieder über Couchsurfing versuchen. „Das ist einfach die beste Art zu Reisen.“