Schriftlich wurden Eltern aufgefordert, ihre Kinder für die Grundschule anzumelden – in einigen Fällen ging das schief.
Erneut Datenpanne im SchulamtStadt Köln verschickt Elternbriefe mit Namen fremder Kinder
Ein knappes Jahr noch, dann wird die Tochter von Johannes B. eingeschult – so wie weitere ungefähr 10.000 Kinder in Köln. In einem formellen Schreiben hat das Schulamt die betreffenden Eltern jetzt noch einmal daran erinnert, ihre Kinder rechtzeitig an einer Grundschule anzumelden. Genannt werden in dem Brief auch jeweils zwei städtische Schulen, die dem Wohnort am nächsten sind. Auch Johannes B. und seine Frau, die in Deutz wohnen, haben diesen Brief erhalten. Aber schon die Betreffzeile machte sie stutzig.
Denn dort standen nicht etwa der Name und das Geburtsdatum ihrer Tochter, sondern ein fremder Vor- und Zuname sowie ein ganz anderes Geburtsdatum. Und auch nicht zwei wohnortnahe Schulen in Deutz, sondern in Humboldt-Gremberg. Ganz offensichtlich eine Verwechslung. Die Stadtverwaltung muss die Tochter von Familie B. mit einem anderen Mädchen vertauscht haben. „Dessen Eltern haben vermutlich dasselbe Schreiben mit den Daten unserer Tochter erhalten“, sagt Johannes B. Wohl sei ihm nicht bei dem Gedanken daran, dass nun wahrscheinlich ein Fremder den vollen Namen, das Geburtsdatum und den ungefähren Wohnort seines Kindes kennt. Er hat den Vorfall bei der Stadt gemeldet.
Köln: Stadt erklärt Fehler mit „Systemumstellung“
Auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ räumt ein Stadtsprecher die Datenpanne ein. Der Versand der Informationsschreiben für die schulpflichtigen Kinder des Schuljahres 2025/2026 sei vor einigen Tagen planmäßig erfolgt, sagt er. Das Problem: Bei den zugrundeliegenden Einwohnermeldedaten sei es zu einer „Dopplung der grundsätzlich für jede Kölnerin und jeden Kölner nur einmal vorliegenden Identifikationsnummer“ gekommen. Schuld sei eine „gesamtstädtische Systemumstellung“ gewesen. Dies, so der Sprecher weiter, habe dazu geführt, „dass in einigen wenigen Datensätzen Kinder und Eltern nicht richtig zusammengeführt worden und somit leider 34 Informationsschreiben falsch versendet wurden“. 34 also von ungefähr 10.000.
Karsten Kinast, der in Köln eine renommierte, auf Datenschutzrecht spezialisierte Rechtsanwaltskanzlei führt, ordnet den Fall als „klaren Datenverstoß“ ein. Dass die Stadt nicht gut mit personenbezogenen Daten umgehe, sei ein Ärgernis, sagt Kinast, „vor allem wenn es wie in diesem Fall um Minderjährige geht, die einen besonderen Schutz genießen. Man sollte davon ausgehen, dass personenbezogene Daten nirgendwo besser aufgehoben sind als beim Staat.“
Als Institution der öffentlichen Hand drohe einer Stadtverwaltung – anders als Unternehmen der Privatwirtschaft – zwar bei einer Datenschutzverletzung kein Bußgeld. „Aber deshalb hat man nicht frei Tanzen.“ Von der Stadtverwaltung würde er nun erwarten, dass sie sich nicht nur bei den betreffenden Eltern entschuldige, sondern vor allem den Grund für die Panne ermittle. „Wir alle stellen ständig irgendwelche Systeme um, das allein ist keine Erklärung“, sagt Kinast. „Die Stadt muss ihre Qualitätsprüfung verbessern und sicherstellen, dass der Fehler behoben wird und nicht noch einmal vorkommt.“
Besonders fragwürdig ist der Vorgang vor dem Hintergrund, dass dem Schulamt in den vergangenen eineinhalb Jahren bereits zwei Pannen unterlaufen sind: Im Frühjahr 2023 hatte die Verwaltung die Weglänge für Grundschüler falsch berechnet und auf dieser Basis kommenden Erstklässlern teilweise falsche Grundschulen zugewiesen, die Bescheide mussten korrigiert werden. Im Sommer dann der nächste Rechenfehler: Dieses Mal ermittelte das Schulamt einen viel zu hohen Bedarf an Grundschulplätzen und forderte Schulleiter auf, mehr Klassen einzurichten, die aber gar nicht nötig waren. Auch diese Bescheide wurden nachträglich korrigiert.
Im nun vorliegenden Fall sieht Anwalt Kinast die Stadt allerdings nicht in der Pflicht, die Panne bei der zuständigen Aufsichtsbehörde zu melden. Dafür sei der Verstoß nicht drastisch genug, urteilt der Praktiker. So wurden die Daten zum Beispiel nicht einer breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht, was grundsätzlich ein Kriterium für die Meldepflicht sein kann. Stattdessen ist der Empfängerkreis – insgesamt 34 Eltern – begrenzt. Und: Anders als etwa bei einer irrtümlichen Offenlegung von Konto- oder Gesundheitsdaten sei es eher unwahrscheinlich, dass allein mit dem Namen eines Kindes, dessen Alter, seinem ungefähren Wohnort und der Information, dass es bald eingeschult werde, Missbrauch getrieben werden könne.
Der Stadtsprecher teilte mit, die Informationsschreiben würden nun „kurzfristig neu erstellt“ und die Erziehungsberechtigten entsprechend informiert.