Wer heute Menschen kennenlernen will, macht das meist online. Eine Veranstaltungsreihe vermittelt analog – mit einem humorvollen Konzept.
„Kennt ihr schon?“Kölnerin will Dating in die analoge Welt zurückholen

Tesi (links), die eigentlich Teresa heißt, wird bei der Dating-Reihe „Kennt ihr schon?“ von ihrer Freundin Ivana vorgestellt.
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Ein bisschen Bammel hatte Tesi schon vor dem, was Ivana sagen würde. Schließlich wusste Tesi nicht, was sich ihre Freundin da über sie zurechtgelegt hatte. „Ich habe auch Fotos, die nicht jeder sehen soll“, erzählt sie. Aber dann lief alles ohne Peinlichkeiten ab, obwohl Ivana auch ein paar negative Charaktereigenschaften aufgezählt hatte: „Teilweise sehr verpeilt“ zum Beispiel oder „steht früh auf“.
Auf der Positiv-Liste unter anderem: „Sie kann superschnell Bier trinken.“ Das musste Tesi dann auch gleich demonstrieren auf der Bühne des Clubs Bahnhof Ehrenfeld, wo an diesem Abend 250 Gäste miterlebten, wie Singles auf Partnersuche von ihren Freunden angepriesen wurden.
„Kennt ihr schon?“, heißt die Dating-Reihe, die es erst seit Oktober 2024 gibt, die aber wegen der großen Nachfrage schon die Location wechseln musste. Veranstalterin ist Betül Büsra, 33, IT-Entwicklerin,. „Ich bin selber auf der Suche nach einer Beziehung und habe mir eine charmantere Art überlegt, wie ich jemanden kennenlernen kann“, sagt sie.

Veranstalterin Betül Büsra sucht selbst nach einer Beziehung.
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Ihre Idee: Die Singles werden vor Publikum in Kurzvorträgen von einem Freund oder einer Freundin vorgestellt. „Man kann auf der Bühne machen, was man möchte“, erklärt Betül Büsra das Konzept, das im vergangenen Herbst im „Blue Shell“ vor 40 Leuten Premiere feierte und nun sogar in andere Städte exportiert wird. Es sei eine bewusste Abkehr vom Online-Dating mit seinen „optimierten Selbstdarstellungen“ hin zu authentischem Kennenlernen in der analogen Welt.
Mit Videos oder Kinderfotos: fünf Minuten Zeit für Werbung
Fünf Minuten Zeit hat jeder Vortragende für die Präsentation „seines“ Singles. Der erste Satz lautet immer „Kennt ihr schon?“. Der Name, der dann folgt, erntet in jedem Fall tosenden Applaus. Heute sind es 14 junge Männer und Frauen, die beworben werden wie frische Orangen auf dem Wochenmarkt. Nur, dass die Werbung niemals aggressiv und plump ist, sondern meistens wertschätzend, originell und ausgewogen.

Von ihren Freunden wurden 14 Singles auf Partnersuche in Ehrenfeld vorgestellt.
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Philipp stellt Jonas vor, Ben erzählt von Greta. Theresa berichtet von Celine, dass sie „supersüß“ und „superlieb“ ist, aber auch ein bisschen „Tiktok- und Trash-Video-addicted“. Immer wieder werden Videos der zu Vergebenden eingespielt oder Kinderfotos, am Ende stehen meistens die Kontaktadressen der Singles auf der Leinwand.

14 Singles auf Partnersuche sind von ihren Freunden in Ehrenfeld vorgestellt worden. 250 Gäste hatten einen unterhaltsamen Abend.
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Jüngere Frauen sind im Publikum in der Mehrheit. Viele haben sich schick gemacht. Manche sind nur gekommen, um sich unterhalten zu lassen. Andere suchen den Kontakt zu anderen und nutzen die Pausen für einen Flirt. Am Eingang gibt es Armbänder in verschiedenen Farben: Grün heißt „Single & offen für neue Kontakte“, Gelb steht für „Unentschlossen“ oder „Es ist kompliziert“, Rot für „Vergeben oder nicht interessiert“, Pink bedeutet „LGBTQ-freundlich und offen für alle Optionen“.
Schnapsidee und Gag-Feuerwerk: Der Rest wird sich zeigen
Sara, grünes Armband, bisexuell unterwegs, ist zum wiederholten Mal dabei. Auch sie sei schon von einer Freundin präsentiert worden, sagt die 30-Jährige. Hobbys, sexuelle Orientierung – „alles sehr lustig und authentisch verpackt“, berichtet Sara. Auch ein paar negative Seiten kamen zur Sprache, zum Beispiel Saras Neigung, ihre sportlichen Fähigkeiten zu überschätzen. Danach sei sie zwar mehrfach kontaktiert worden, daraus geworden sei jedoch nichts.
Greta, 21, ebenfalls grünes Armband, sieht die Sache abgeklärt: „Ich glaube nicht, dass ich hier die Liebe meines Lebens finde.“ Das alles sei eine Schnapsidee gewesen. Sie habe sich in erster Linie einen lustigen Abend machen wollen. Das ist auch gelungen: Ihr Freund Ben hat gerade auf der Bühne ein wahres Gag-Feuerwerk zu ihren Ehren gezündet. Langer Applaus für Greta und ihren Promoter. Der Rest wird sich zeigen.