Melken und Ziegen fütternKölnerin begeistert vom harten Leben auf der Alm
- Unsere Serie „Zwei Kaffee, bitte“: Wie reagieren Menschen – was erzählen sie, wenn man sie auf der Straße anspricht und zu einem Kaffee einlädt?
Köln – Das nenne ich eine lustige Fügung: Nachdem ich in der vergangenen Woche auf der Anuga mit einem britischen „Cheeseproducer“ geplaudert habe, begegne ich heute auf dem Bahnhofsvorplatz einer Frau, die liebend gerne das lernen würde, was nämlicher Jack Singleton seit seiner Kindheit kann: Käse machen.
Elisabeth Klerx ist Kölnerin, eine waschechte, wie sie lachend einstreut, in Hohenlind im St.-Elisabeth-Krankenhaus geboren, „daher der Vorname“. Sie ist 65, seit einem Jahr in Rente, und da sie gerne mit den Händen arbeitet, durchstöberte sie im Frühsommer das Netz nach Angeboten, bei denen Mithilfe irgendwo auf dem Land mit Kost und Logis vergütet wird. Sie fand Offerten wie „Hund und zwei Katzen sitten“ in Südfrankreich. „Das wäre natürlich klasse gewesen“, passte zeitlich aber nicht. Dann stieß sie auf eine Seite der Schweizer Caritas, die dabei behilflich ist, arbeitsfreudige, motivierte Leute an in Not geratene Bergbauern zu vermitteln. Ich entnehme Klerx’ Gesichtsausdruck, dass sie sofort Feuer und Flamme war.
Feuerholz an der Quelle gesammelt
„Und wie läuft so was dann ab?“, frage ich. Man könne sich die Gegend aussuchen, bekomme im Groben eine Arbeitsbeschreibung und Angaben über den Tierbestand. „Dann kriegt man die Daten, ruft da an und unterhält sich.“ – „Sofern man die verstehen kann“, sage ich. „Ja, das war ein großes Problem“, pflichtet Klerx bei. „Weil richtig Schwiitzerdütsch?“ Klerx nickt.
Am zehnten August sei es losgegangen; über Bern nach Reichenbach im Kandertal „abseits von gut und böse“. Kaum angekommen, erfolgte auch schon die erste Aufgabe. Feuerholz sammeln an der Quelle. Dafür ging es steil nach unten. „Ohne sich vorher zu erkundigen, ob man vielleicht Höhenangst hat, wurden wir abgeseilt.“ „Ich hätte mir in die Hose gemacht“, gebe ich zu. „Nee, ich bin da schon ziemlich tough“, sagt Klerx und fährt mit ihrer Schilderung fort.
Ohne Strom und Kühlschrank
Sie erzählt von der Hitze, von den Lebensbedingungen ohne Strom und Kühlschrank, von ihrem Glück, den Schlafplatz unterm Dach zumindest mit niemandem teilen zu müssen; vom Aufstehen morgens um fünf und anschließendem Kühe von der Weide holen. „Die waren nachts draußen, weil es tagsüber so viele Fliegen gab.“
Die Kölnerin berichtet von ihren übrigen Tätigkeiten: Ziegen und Schweine füttern, melken. Zwischendurch Weidenpflege, damit die Tiere kein giftiges Unkraut verzehren, und schließlich die Milchmaschine reinigen – „wichtig, weil die Biobauern sehr strenge Vorschriften haben.
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„Wissen Sie denn jetzt, wie man Käse macht?“ Die 65-Jährige schüttelt den Kopf. So schnell lerne man das nicht. Aber sie sei jeden Tag in den Käsekeller zur Käsepflege geschickt worden. „Dabei wird jeder einzelne Laib mit einem Schwämmchen mit Kaltwasser abgerieben und umgedreht.“ Das dauere zwei Stunden. „Und ist der Käse lecker?„Danach essen Sie keinen mehr aus dem Supermarkt.“ Und vor allem esse man den Käse danach mit Achtung.
„Zwei Kaffee“-Dossier
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Der Tag endete jeweils mit einem kollektiven Zähneputzen, danach habe sie sich mit einer kleinen Schüssel warmen Wassers zum Waschen auf ihr Zimmer begeben. „Zehn nach neun war ich im Bett und habe wunderbar geschlafen.“ „Würden Sie es noch mal tun?“ – „Ja!“, sagt Klerx. „Ich finde es klasse, dass es so eine Einrichtung gibt. Jeder, der es körperlich und psychisch kann und Tiere liebt, sollte es machen.“ Das nächste Mal würde sie aber lieber bei einer weniger wortkargen Bauernfamilie unterkommen. „Ach was, sage ich, Kommunikation wird total überbewertet!“ Wir lachen.