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„Holy Shit“Erste Kompost-Toilette im Volksgarten eröffnet – Kinofilm zeigt, wie man Fäkalien recycelt

Lesezeit 4 Minuten
Anastasia Bondar steht vor einem grünen Toilettenhäuschen mit der Aufschrift „Holy Shit“.

Anastasia Bondar hat mit ihrer Komposttoilette den Kölner Designpreis erhalten.

Der Kinofilm „Holy Shit“ feierte am 28. November Premiere in Köln. Er erklärt, wie aus menschlichen Fäkalien Kompostdünger entstehen kann.

Der Mensch möchte so wenig wie möglich mit seinen Ausscheidungen konfrontiert werden. Ein Wisch und alles geht die Toilette hinunter. Was dann mit den Fäkalien passiert, beschäftigt uns nicht weiter.

Doch ist das, was Menschen verdauen, wirklich Abfall oder lässt sich das Verdaute als Ressource verwenden, etwa als Kompost für die Landwirtschaft? Schließt sich hier nicht der natürliche Kreislauf? Der neue Dokumentarfilm „Holy Shit. Kann Scheiße die Welt retten?“ hat am 28. November Premiere im Rex Kino gefeiert. Darin begibt sich der puertoricanische Regisseur Rubén Abruña auf eine investigative Suche durch 16 Städte auf vier Kontinenten.

Auf dem Bild sieht man den Regisseur in einem Auto vor dem Arc de Triomphe in Paris, auf dem Dach ist eine Figur aus Schaumstoff, die einen Haufen darstellt.

Die Kölner Produktionsfirma Thurnfilm hat die Doku von Regisseur Rubén Abruña produziert.

Nachhaltige Sanitärversorgung in Köln: Designerin mit Komposttoilette

Auch in Köln beschäftigt man sich intensiv mit dem Thema nachhaltige Sanitäranlagen. Die Kölner Designerin Anastasia Bondar hat für ihre Komposttoilette den Kölner Designpreis erhalten. Ihre Abschlussarbeit ist nun auch in einer Grünanlage verwirklicht worden: Am Montag hat Bondar zusammen mit der AWB und den Stadtentwässerungsbetrieben (Steb) die erste Trockentrenntoilette Kölns im Volksgarten eingeweiht.

Völlig unabhängig vom Film heißt ihr Start-up ebenfalls „Holy Shit“: „Das war für uns ein Glück, dass es die Wissenschaftsinitiative Zirkulierbar gibt, mit der Anastasia zusammenarbeitet. Die bringen eine andere Glaubwürdigkeit mit. Wir haben das im Zuge der Recherchen zum Film festgestellt“, erklärt der Kölner Valentin Thurn, der den Film produziert hat. Ein Glücksgriff für beide Seiten, da man sich befruchtet: Bondar etwa ist als Expertin auf der Premiere des Films aufgetreten.

Sie sei jedoch nicht die Pionierin, das seien die Forscher von Zirkulierbar in Eberswalde, die der Film von Abruña ebenfalls vorstellt. „Ich mache den Innovationstransfer nach Köln“, so Bondar. Aber wie funktioniert diese Trockentoilette im Volksgarten nun? Die AWB ist zuständig für die Instandhaltung. Festes wird von Flüssigem getrennt, ein Trockengranulat neutralisiert die Gerüche.

Die Filmszene zeigt Menschen, die Eimer tragen.

Die Poop-Pirates in Uganda haben die Trockentoiletten in ein Slum gebracht: Daraus machen sie wertvollen Kompostdünger.

„Ich habe den automatisierten Streuspender entwickelt, der kippt das Trockengranulat auf die Ausscheidung, da die Leute in einer öffentlichen Toilette so wenig wie möglich anfassen wollen“, erklärt Bondar. Diese Lösung präsentiert auch der Film: Ob in Afrika oder auf Musikfestivals, gibt man Sägemehl oder Heu auf die Ausscheidungen, ist nichts mehr zu riechen. Mittels eines Kompostierungsverfahrens lässt sich der Inhalt dann zu völlig geruchsneutralem Dünger recyclen. Da die Nutzung von menschlichen Fäkalien als Dünger in Deutschland verboten ist, dienen Experimente wie im Volksgarten der Gewinnung von Daten und weiterer Forschung. In einem zweistufigen System sollen die Ausscheidungen aus dem Kölner Park dann zu Kompost gemacht werden.

„Bei der Hygienisierung werden Krankheitserreger restlos eliminiert. Bei der Kompostierung führt man dem Material ausreichend Sauerstoff hinzu, sodass ein Hummus-Dünger entsteht“, erklärt Bondar. „Die Eröffnung der ersten Holy-Shit-Trockentoilette im Volksgarten markiert den Beginn einer nachhaltigen Sanitärversorgung in Köln.“ Der Rat der Stadt Köln beauftragte die Verwaltung Ende 2022 für eine Pilotphase von zwei Jahren solche neuen Toilettenangebote zu erproben.

Kölner Filmproduzent kooperiert mit Designerin

Ähnliche Ideen, das zeigt der Film, entstehen überall in der Welt. „Die Leute, ob in Schweden oder Korea, haben tolle Lösungen. Aber die kennen sich nicht untereinander. Man redet nicht über das Thema, weil es ein Tabu ist. Das wollen wir ändern“, sagt Produzent Valentin Thurn.

Er hat den Regisseur noch vor der Pandemie auf einem Filmfestival in der Karibik getroffen und sei sofort fasziniert von dem Thema gewesen – die Doku passe auch gut zu seiner vorherigen Produktion „Taste the Waste“, die sich mit Lebensmittelverschwendung und dem Klimawandel beschäftigt.

Dieser ökologisch-engagierte Aspekt sei auch in „Holy Shit“ präsent. „Gerade bei den Jüngeren haben wir bei der Präsentation Aha-Momente feststellen können. Es gab zwar vereinzelt pikierte Reaktionen auf den Film, das war aber sehr selten. Man fragt sich eher: Warum redet man nicht darüber, wenn das ökologisch so wichtig ist?“, so Thurn.

„Holy Shit - Can Poop Save The World?“ ab 30. November für eine Woche im Rex Kino, Hohenzollernring 60, zu sehen.