Mord an Mutter und Kind in KölnAngeklagter schweigt – bewegende Zeugenaussage
Köln – Er hielt sich einen Aktenordner vor das Gesicht, seine Kapuze ganz hoch gezogen. Anil G. (25) versteckte sich am Mittwochmorgen in Saal 210 des Landgerichts vor den anwesenden Pressefotografen und Kameraleuten, Wachtmeister führten ihn aus dem Zellenbereich vor. Das Interesse an dem Strafprozess ist groß. Dem Angeklagten wird eins der schlimmsten Kölner Verbrechen der letzten Jahre vorgeworfen – ein Doppelmord an Mutter und Kind.
Anklage: Wollte mit dem Kind nichts zu tun haben
Erst im vergangenen Jahr soll der Angeklagte, dem nun eine lebenslange Gefängnisstrafe droht, laut Staatsanwalt von seiner Vaterschaft erfahren haben. Die Mutter eines vierjährigen Sohnes soll ihn kontaktiert haben, Unterhaltszahlungen standen im Raum. „Er machte deutlich, mit dem Kind nichts zu tun haben zu wollen“, trug der Staatsanwalt vor. Der Angeklagte soll Angst davor gehabt haben, dass seine Eltern und seine Verlobte von dem Kind erfahren.
Anil G. soll danach den Plan entwickelt haben, die Frau und den Jungen zu töten, damit seine Vaterschaft nie bekannt würde. Mitte November habe er sich mit der 24-Jährigen am Rheinufer in Niehl verabredet, nur wenige Gehminuten von seinem Zuhause entfernt. Es war nach 22 Uhr, als sich die Frau mit dem VW Golf ihres Vaters zum Treffpunkt aufmachte. Im Kindersitz auf der Beifahrerseite saß der vierjährige Sohn, den sie kurz zuvor aus dem Bett geholt hatte.
Mutter und Kind in Hals und Brust gestochen
Laut Anklage soll G. die Dunkelheit am Rhein für einen überraschenden Angriff genutzt haben, mit einem „vergleichbaren Schneidwerkzeug“. Vergeblich habe die Frau versucht sich zu wehren, der Täter habe ihr eine Jacke über den Kopf gezogen. Dann habe er zugestochen, fünfmal in den Hals und dreimal in den Brustkorb des Opfers. Danach habe er den kleinen Jungen attackiert, auch dieser erlitt Einstiche am Hals und in der Brust. Mutter und Sohn starben jeweils an Luftembolie.
Der Staatsanwalt sprach von einer „bewusst herbeigeführten Situation“. Anil G. habe die sozialen Konsequenzen gefürchtet, aber auch keinen Unterhalt zahlen wollen. Die Ankläger sehen daher die Mordmerkmale Heimtücke und Habgier als erfüllt an. Nach der Tat habe der Mann die Leichen in den Rhein geworfen. Besatzungsmitglieder eines Schiffes fanden die Leiche der Frau zeitnah im Niehler Hafen, einen Tag später wurde der tote Junge von Spaziergängern in Worringen gefunden.
Köln: Angeklagter schweigt zu den Vorwürfen
„Er wird heute keine Angaben machen“, sagte Verteidiger Gottfried Reims für seinen Mandanten. Anil G. hatte seinen Stuhl quer gestellt, damit er nur zur Richterbank schauen musste. Blickkontakt zum Vater und Großvater der Getöteten vermied er, der als Nebenkläger anwesend war. Auch schaute sich G. die schrecklichen Bilder der toten Opfer nicht an, die auf Leinwänden im Gerichtssaal gezeigt wurden. Sehr tapfer ertrug der Nebenkläger den Anblick der Bilder.
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Er sei an dem Abend mit Sportkollegen im Steakhaus gewesen, sagte der Vater und Großvater der Mordopfer im Zeugenstand. Seine jüngere Tochter habe ihm geschrieben, dass die ältere Tochter mit dem Enkel das Haus verlassen habe. „Ich schrieb ihr, ob alles in Ordnung sei, aber habe keine Antwort bekommen“, so der 56-Jährige. Als er seine Tochter auch am nächsten Morgen nicht erreicht habe, sei bei ihm Panik ausgebrochen.
Vater und Opa: „Das kann man nie wieder gutmachen.“
Der Vater berichtete, dass seine Tochter die Schwangerschaft zunächst verheimlicht hatte. „Wahrscheinlich hat sie sich geschämt.“ Doch er habe sie immer unterstützt, vor allem darin, ihr Lehramtsstudium nicht aufzugeben. Der Vater seines Enkels habe nie mehr eine Rolle gespielt, er habe ihn nicht gekannt.
Seiner ganzen Familie gehe es sehr schlecht, so der 56-Jährige. Über seinen toten Enkel sagte der Mann und weinte: „Ich habe ihn vergöttert und er mich.“ Die Bilder von den Leichen seiner Liebsten im Gerichtssaal zu sehen, „das sind wie Blitzeinschläge im Kopf und im ganzen Körper.“ Ob er noch etwas ergänzen wollte, fragte die Vorsitzende Richterin Sabine Kretzschmar den Mann am Ende seiner Vernehmung. Er sagte nur: „Das kann man nie wieder gutmachen.“