Vorwurf des versuchten MordesSchwiegertochter unterstellt Kölner Richter Befangenheit
Köln – Im sogenannten „Insulin-Prozess“ um versuchten Mord an einem Arzt aus dem Kölner Westen lehnt die Angeklagte den Vorsitzenden Richter Peter Koerfers und dessen beiden Kolleginnen wegen des Vorwurfs der Befangenheit ab. Das teilte Koerfers in der öffentlichen Hauptverhandlung mit – weiter entschied er über einen Antrag zu einer Gerichtsmedizinerin, die einen Fehler eingeräumt hatte.
Köln: Angeklagte bleibt weiter in Untersuchungshaft
Der Befangenheitsantrag folgte zeitlich auf die Entscheidung des Schwurgerichts, eine weitere Haftbeschwerde der 42-jährigen Beschuldigten abzulehnen – die Mutter von zwei kleinen Kindern sitzt seit fast zwei Jahren in Untersuchungshaft. Sie bestreitet den ihr vorgeworfenen Mordversuch am Schwiegervater, die Verteidigung vertritt die Theorie eines möglichen Selbstmordversuchs.
Offenbar befürchtet die Verteidigung, dass die Strafkammer die Angeklagte unbedingt schuldig sprechen will. Anwalt Jürgen Graf hatte erst jüngst verlauten lassen, „dass meine Mandantin die Tat gar nicht begangen haben kann“. Das von der Verteidigung in Auftrag gegebene Privatgutachten des renommierten Diabetes-Forscher Dr. Tim Heise spreche für einen ganz anderen Tatzeitpunkt.
Gerichtsmedizinerin räumt Rechenfehler ein
Demnach habe das Opfer in dem Fall die fatale Insulin-Überdosis wohl erst am Morgen nach dem Besuch der Schwiegertochter erhalten, dafür sprächen die Blutwerte. Und hier hätte die Angeklagte laut Verteidigung ein Alibi. Hätte der Senior das Insulin tatsächlich zum von der Staatsanwaltschaft ermittelten Zeitpunkt erhalten, hätte er dies wohl kaum bis zum nächsten Tag überlebt.
Das könnte Sie auch interessieren:
Das Privatgutachten hatte den Erkenntnissen der Kölner Gerichtsmedizin widersprochen. Und tatsächlich musste die Kölner Toxikologin Hilke Andresen-Streichert nach Heises Bericht einen Rechenfehler einräumen – sie nahm eine zu geringe Menge an verabreichten Insulins an. Verteidiger Graf moniert, dass die Ermittlungen auch aufgrund dieses Fehlers einseitig verlaufen seien.
Kölner Toxikologin habe keinen „Verfolgungsdrang“
Die Verteidigung hatte zunächst die Toxikologin wegen des Vorwurfs der Befangenheit abgelehnt. Zu Unrecht, wie Richter Koerfers bekannt gab. Ein von der Angeklagten durch ihre Anwälte vorgeworfener „Verfolgungsdrang“ sei nicht ersichtlich. Dies zeige der offene Umgang von Andresen-Streichert mit ihrem Fehler. Keinesfalls habe sie wissenschaftliche Erkenntnisse grob missachtet.
Eine Befangenheit begründe es auch nicht, dass es die Toxikologin im Gegensatz zu den zwei Privatgutachtern der Angeklagten nicht für unmöglich halte, dass der Mediziner die unbehandelte Unterzuckerung mehr als 16 Stunden überleben konnte. Über den neuen Befangenheitsantrag gegen die Richter muss nun eine andere Strafkammer entscheiden. Der Prozess wird zunächst fortgesetzt.