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EhrenamtDer Verein „Heimatlos in Köln“ bietet Hilfe für Obdachlose

Lesezeit 3 Minuten

Sven Lehmann und Linda Rennings

Köln – Fast anderthalb Jahre habe sie ohne Decke und Schlafsack auf dem Friedhof in Dünnwald gelebt, erzählt Linda Rennings, auch bekannt als „kölsche Linda“. Schicksalsschläge, Überforderung und Krankheit hatten die gelernte Fleischereifachverkäuferin aus der Bahn geworfen. Es folgt die Zwangsräumung aus ihrer Wohnung und der totale Absturz. Auf einem Friedhof zu schlafen, dürfte für die meisten völlig unvorstellbar sein. Für Rennings ist es auch im Rückblick gar nicht so fernliegend: „Das ist für obdachlose Frauen ein sicherer Ort.“ Das Leben auf der Straße werde immer gefährlicher. Gewalt, sexuelle Übergriffe und Diebstähle seien an der Tagesordnung.

Der Friedhof war mehr als ein Zufluchtsort. Für Rennings hatte in ihrer Kindheit die Nähe zur Großmutter Schutz bedeutet. So führte ihr Weg zu deren Grab in Dünnwald. Wenn der Friedhof die Tore schloss, versteckte sie sich im Gebüsch. Nachts schlief sie auf einer der Bänke. Sie habe sich da zeitweise durchaus wohlgefühlt, erzählt sie.

Der Verein wurde 2014 gegründet

Fünf Jahre war die heute 56-Jährige wohnungslos. Schließlich habe sie die Situation nicht mehr ausgehalten. Das sei die wichtigste Motivation gewesen, ihr Leben zu ändern und neue Kraft zu sammeln, um wieder auf die Beine zu kommen. Nun hilft sie selber dabei, dass es auch andere schaffen können. Ende 2014 hat die regelmäßige Autorin der Monatszeitschrift „Draußenseiter“ den Verein „Heimatlos in Köln“ (HIK) gegründet, der 2019 mit dem „Clara-Zetkin-preis“ ausgezeichnet worden ist. In Berlin stand Rennings mit der Sea-Watch-Kapitänin Pia Klemp auf der Bühne, um den Preis entgegenzunehmen.

Am Samstag hatte der Kölner Verein zum alljährlichen Neujahrsbrunch in die Alte Feuerwache im Agnesviertel eingeladen. Für Obdach- und Wohnungslose gab es Essen, Trinken und kleine Geschenke. Der kölsche Sänger Wolfgang Hildebrandt machte Musik. Der Kölner Bundestagsabgeordnete und HIK-Fördermitglied Sven Lehmann war als Schirmherr dabei. „Ich habe sehr großen Respekt vor den ehrenamtlich Aktiven, die eine unschätzbare Arbeit für die Menschen in Köln leisten, die keine eigene Wohnung haben“, so der Grünen-Politiker.

Der Verein sucht neue Mitglieder und Förderer

Linda Rennings Verein ist mittlerweile gut vernetzt in der Stadt. Die umtriebige Frau mit Reibeisenstimme, immer in Begleitung ihres Hundes Clyd, ist zur Lobbyistin für obdachlose Frauen geworden. Die ehrenamtliche Arbeit für den Verein füllt den Tag der Frührentnerin aus. HIK sucht neue Mitglieder, Förderer und Sponsoren.

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Der Verein begleitet und hilft obdachlosen Frauen, ein besonderer Fokus liegt bei denen, die wie Rennings einen Hund an der Seite haben. Der sei nämlich nicht nur Lebensbegleiter sondern auch ein wichtiger Beschützer für die Frauen. Deshalb wird einer Betroffenen auch schon mal eine ärztliche Behandlung ihres Hundes bezahlt. Der Verein organisiert Selbsthilfe, unterstützt Behandlungs- und Therapiepläne oder hilft beim Einleben und Organisieren, wenn es gelingt, einer Wohnungslosen wieder zu einem eigenen Zuhause zu verhelfen.

Als neues Projekt will HIK ein Nähcafe für Obdachlose initiieren. Dafür wird noch ein Raum gesucht. Außerdem versucht Rennings, die Anschaffung eines kleine Transporters zu finanzieren. Wenn man bei der Spendenplattform im Internet www.betterplace.org „HIK“ als Suchbegriff eingibt, kann man sich beteiligen.

www.hik-koeln.de