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„Technik war vom Feinsten“Exkursion in Mengenich erforscht Kölns historische Festungsanlagen

Lesezeit 3 Minuten
Das Bild zeigt einen Teilnehmer auf der Exkursion.

Feldstudien im Nüssenberger Busch: Auf der „Biehler-Fort-Tagung“ nehmen 40 Männer und Frauen teil.

Köln galt als wichtige Stadt für Verkehrswege. Einige von den preußischen Machthabern errichtete Festungsanlagen sind heute noch sichtbar. 

Nach ein paar Minuten Fußweg durch den Nüssenberger Busch stellt sich Daniel Schellenberger auf einen Baumstumpf und zieht eine historische Landkarte mit Militärstandorten hervor. Warum er sich ausgerechnet an dieser Stelle des Waldes für einen Kurzvortrag aufbaut, ist zunächst nicht ersichtlich. Dann fällt der Blick auf außergewöhnliche Formationen hinter ihm. Es sind Betonblöcke, die von Moos und Bäumen überwuchert sind – Überreste der so genannten Mengenicher Vorfront, einem System aus Infanteriestützpunkten aus preußischer Zeit.

15 oberirdisch sichtbare Festungswerke

Die Verteidigungsanlagen auf einer Anhöhe wurden ab 1907 zum Schutz der dahinter liegenden Forts III und IV und ihrer Zwischenwerke errichtet. Von hier aus sollte der Feind frühzeitig erkannt und angegriffen werden. Nach dem Ersten Weltkrieg mussten die Betonklötze auf Anordnung der Siegermächte in kleine Stücke gesprengt werden. Seitdem werden sie eins mit der Natur. Uneingeweihte laufen an den überwucherten Trümmerfeldern vorbei. Doch die etwa 40 Männer und Frauen, die an diesem Morgen Daniel Schellenberger folgen, zieht es ausschließlich hierhin.

Es sind Historiker und Festungsexperten auch aus dem Ausland, die derzeit auf den Spuren der preußischen Festungsanlagen durch Köln wandeln. Anlass ist die „Biehler-Fort-Tagung“, die vom Kölner Institut für Festungsarchitektur (Crifa) ausgerichtet wird. Die Spezialkonferenz macht in jedem Jahr Station in einer anderen europäischen Stadt. Benannt ist sie nach dem „Biehler- oder Biehlerschen Einheitsfort“, einem militärischen Standardbau, der im gesamten preußischen Herrschaftsgebiet errichtet wurde. In Köln bildeten zwölf Biehler-Forts, gebaut ab 1873, die Hauptbestandteile des äußeren Festungsrings.

Führungen in Forts und Zwischenwerken in Köln bei Symposium

Das sechstägige Symposion führt die Teilnehmer zu Forts und Zwischenwerken in ganz Köln, außerdem gehören Fachvorträge zum Programm. Manche der massigen Verteidigungsanlagen wurden in den 1920er Jahren in die Luft gejagt, andere durften – militärisch unbrauchbar gemacht – in Teilen stehen bleiben. In Köln sind laut Crifa 15 oberirdisch sichtbare preußische Festungswerke noch erhalten, fünf davon seien jedoch ungenutzt. Crifa-Vorsitzender Robert Schwienbacher bedauert das. Vandalismus und Verfall werde so Vorschub geleistet.

Das Bild zeigt den historischen Infanterie-Stützpunkt in Mengenich.

So sah der Infanterie-Stützpunkt in Mengenich vor der Sprengung aus.

Die Preußen hätten Köln und andere Städte ab 1815 vor allem deshalb zu einer Großfestung ausgebaut, weil sie die Verkehrswege über den Rhein vor den feindlichen Franzosen schützen wollten, sagt Werner Schmachtenberg. Der 72-jährige Ingenieur im Ruhestand hat sich noch in fortgeschrittenem Alter zu einem Spezialisten in Sachen Festungsbau zwischen 1860 und 1945 in Deutschland, Frankreich und Belgien ausbilden lassen, er steht kurz vor seinem Master-Abschluss in Geschichte.

Ihn fasziniere vor allem die technische Ausstattung der historischen Wehranlagen: „Die Technik der damaligen Zeit war vom Feinsten.“ Vor allem ab 1860 habe sich eine „wahnsinnig schnelle Entwicklung“ vollzogen: „Das ist hochinteressant für einen Ingenieur.“ Die gesamte Westfront des Ersten Weltkriegs habe er bereits bereist, sagt der Experte aus der Nähe von Darmstadt. Die Mengenicher Vorfront kenne er jedoch nicht. Deshalb arbeitet auch er sich nun durch das Unterholz des Nüssenberger Buschs.

Festungen wurden kleinteilig zersprengt

Am Ende der Wanderung durch unwegsames Gelände ist Schmachtenberg begeistert: „Man kann hier sehen, wie kleinteilig die Anlagen zersprengt wurden“, sagt er: „Wenn es nicht klein genug war, musste nachgesprengt werden.“ Das sei damals von der interalliierten Militärkommission genau kontrolliert worden.

Auch Markus Theile vom „Förderkreis Bundesfestung“ in Ulm ist auf seine Kosten gekommen. Den Beton eines gesprengten Infanteriestützpunktes in einem kleinen Waldstück hält er mit der Kamera fest. „Zu sehen, wie unterschiedlich die einheitlichen Bauvorschriften umgesetzt wurden, ist faszinierend“, sagt er. In diesem Fall sei der Beton von besonders guter Qualität gewesen.