Spezialeinheiten der Polizei waren am Mittwoch am Görlinger-Zentrum im Einsatz. Ein bewaffneter Mann hatte sich in seiner Wohnung verschanzt und ist dann vom Balkon gesprungen.
Mord-Ermittlungen gegen MieterSEK stürmt Wohnung am Görlinger-Zentrum nach Explosion und Feuer
Brandgeruch liegt am Mittwochmittag über der Börnerstaße in Bocklemünd, auch noch drei Stunden nach der mutmaßlichen Explosion in einem Hochhaus. Der Balkon einer Wohnung in der zweiten Etage ist rußgeschwärzt, die Fensterscheiben sind herausgebrochen. Von diesem rückwärtigen Balkon war gegen 10 Uhr ein 56 Jahre alter Mann in den Garten gesprungen, nachdem Spezialeinheiten der Polizei vorne durch die Tür in seine Wohnung eingedrungen waren. Etwa zeitgleich waren mehrere Verpuffungen zu hören – es war das Ende eines stundenlangen Polizeieinsatzes.
Köln: Zeugen in Bocklemünd hören vier Explosionen
„Es hat erst ein Mal geknallt und dann in kurzen Abständen noch drei weitere Male“, schildert eine Augenzeugin die dramatischen Szenen am Vormittag. Flammen schlugen aus den zersprungenen Fenstern zum Balkon, dichte Rauchschwaden zogen die Fassade hoch. Offenbar in Panik kletterte der 56-jährige Bewohner über die Brüstung und ließ sich auf den Rasen fallen.
Er wurde schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht. Anwohner sowie Einsatzkräfte von Feuerwehr und Polizei seien ärztlich untersucht worden, weil sie giftiges Rauchgas eingeatmet hatten. Zwei Polizisten seien daraufhin mit leichten Verletzungen im Krankenhaus behandelt worden, teilte die Polizei mit – einer von ihnen soll ein Beamter des Spezialeinsatzkommandos (SEK) sein.
Bei vielen Einsatzkräften wurden sofort Erinnerungen wach an die Explosion in einem Hochhaus in Ratingen im Mai. Ein 57-jähriger Mann soll Polizei und Feuerwehr seinerzeit durch einen vorgetäuschten Notfall in seine Wohnung gelockt und eine Explosion verursacht haben. Neun Einsatzkräfte waren verletzt worden, einige lebensgefährlich.
Begonnen hatte in Bocklemünd alles am Mittwochmorgen um 6 Uhr. Gegenüber seiner Lebensgefährtin soll der 56-Jährige angekündigt haben, sich umbringen zu wollen. Die Frau lief aus der Wohnung, flüchtete zu Verwandten, die im Nachbarhaus wohnen und rief die Polizei. Ihr Mann, so sagte sie, habe Tabletten genommen, er sei mit einem Messer bewaffnet und habe damit gedroht, Gasflaschen in der Wohnung zur Explosion bringen zu wollen.
Köln: Brandermittler suchen Ursache für die mutmaßlichen Explosionen
Streifenbeamte und ein SEK eilten nach Bocklemünd. Sicherheitshalber evakuierte die Polizei mehrere Wohnungen in dem Hochhaus. Die umliegenden Straßen wurden gesperrt. Einige Bewohner kamen in einem Rettungsbus der Feuerwehr unter. Auf der Social-Media-Plattform X wandte sich die Polizei an die Bevölkerung: „Bitte meiden Sie großräumig den Bereich.“
Insgesamt fast vier Stunden versuchten Polizeibeamte, den 56-Jährigen zur Aufgabe zu bewegen – offenbar ohne Erfolg. Kurz nachdem das SEK die Wohnung gegen 10 Uhr gestürmt hatte, ereigneten sich die vier mutmaßlichen Explosionen. Ob das die Gasflaschen waren, ist noch unklar. Laut Polizei habe der Mann das Feuer entzündet. Das genaue Geschehen werde nun ermittelt. Die Feuerwehr konnte den Brand schnell löschen. Der 56-Jährige wurde festgenommen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn wegen Verdachts des versuchten Mordes und Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion.
Experten des Kommissariats für Brandermittlungen waren am Mittag vor Ort. Sie machten Fotos, schauten sich den Tatort an, suchten nach Spuren. Derweil kümmerten sich Opferschützer der Polizei um Menschen, die Redebedarf hatten. Viele Anwohner haben den Einsatz über Stunden verfolgt, die Vibration durch die mutmaßlichen Detonationen seien auch eine Straße weiter noch spürbar gewesen, berichtet eine Zeugin.
Die Polizei bittet indes Zeugen, Fotos und Videos des Brandes per E-Mail an die Mordkommission zu schicken (poststelle.koeln@polizei.nrw.de) oder sich unter der Rufnummer 0221/229-0 zu melden.
Hier gibt es Hilfe
Haben Sie Suizidgedanken? Dann wenden Sie sich bitte an folgende Rufnummern: Telefonhotline (kostenfrei, 24 h), auch Auskunft über lokale Hilfsdienste: 0800/111 0 111 (ev.); 0800/111 0 222 (rk.); 0800/111 0 333 (für Kinder/Jugendliche); per E-Mail unter www.telefonseelsorge.de