Anlässlich des internationalen Holocaust-Gedenktags erinnert der Jüdische Karnevalsverein „Kölsche Kippa Köpp“ von den Nazis verfolgten Karnevalisten.
Kölsche Kippa KöppJüdischer Karnevalsverein gedenkt in der NS-Zeit verfolgten Karnevalisten
Theo Stein, aktives Mitglied im jüdischen Karnevalsverein „Kleiner Kölner Klub“, war Inhaber eines bekannten Bekleidungsgeschäfts in Köln. Erst 53 Jahre alt, starb er 1928. Ihm blieb es also erspart, den Nazi-Terror mitzuerleben. Anders als seiner Frau Else, die das Geschäft in der Antwerpener Straße, dann in der Ehrenstraße weiterführte, bis es 1938 in der Reichspogromnacht geplündert und zerstört wurde.
Nach Theresienstadt deportiert, überlebte Else Stein die Konzentrationslager, kehrte nach Köln zurück und wanderte 1949 nach Chile zu ihrer Schwester aus, wo sie 1951 starb. Ihr Sohn Gustav war 1942 im Alter von 38 Jahren in Auschwitz umgebracht worden.
Die Gedenkstunde fand dieses Jahr aufgrund des Sabbats einen Tag früher statt
Am Freitag versammelten sich anlässlich des Internationalen Holocaust-Gedenktags Mitglieder des Karnevalsvereins „Kölsche Kippa Köpp“, der in der Tradition des „Kleinen Kölner Klubs“ steht, am Grab von Theo Stein auf dem Jüdischen Friedhof im Bocklemünd, um der in der NS-Zeit verfolgten jüdischen Karnevalisten zu gedenken. Die Gedenkstunde fand einen Tag früher als üblich statt, weil der Gedenktag in diesem Jahr auf einen Sabbat fällt, an dem Juden keinen Friedhof betreten.
Im Januar war Theo Steins letzte Ruhestätte, auf der eine große Steinplatte liegt, in die auch der Name seines Sohns eingemeißelt ist, von den „Kölschen Kippa Köpp“ wieder hergerichtet worden. Demnächst soll dort eine zusätzliche Tafel aufgestellt werden, die an die in der Shoah ermordeten Mitglieder des „Kleinen Kölner Klubs“ erinnert. Im vorigen Jahr wurde die Gedenkstunde zum ersten Mal abgehalten, am Grab von Emil Jülich, Dichter und Komponist zahlreicher kölscher Lieder wie etwa „Ov krüzz oder quer“. Künftig werden die „Kippa Köpp“ alljährlich an Theo Steins Grab der ermordeten jüdischen Karnevalisten und aller Opfer der Shoah gedenken.
Für die Kölsche Kippa Köpp gehe es darum, Lehren aus dem Geschehenen zu ziehen
Nicht nur an dieser Stelle des Friedhofs legten sie am Freitag ein Blumengebinde ab. Zuvor hatten die rund zwei Dutzend Teilnehmer und Teilnehmerinnen Station am Ehrenmal für die Opfer der Shoah gemacht. Dort sagte Volker Scholz-Goldenberg vom Vorstand des Karnevalsvereins, es gehe nicht allein um Erinnerung, sondern auch darum, Lehren aus dem Geschehenen zu ziehen.
Seit dem 7. Oktober, dem Tag des Terrorangriffs der Hamas auf Israel, „wissen wir, dass sich die Geschichte wiederholen kann“. Den Tätern des Massakers sei es allein darum gegangen, „jüdisches Leben zu vernichten“. Obwohl Israel in Reaktion darauf von seinem Verteidigungsrecht Gebrauch mache, habe der „israelbezogene Antisemitismus“ zu einer „Täter-Opfer-Umkehr“ geführt. Ihren Ausdruck finde sie in pro-palästinensischen Demonstrationen sowie tätlichen Angriffen auf jüdische Einrichtungen und Menschen.
Zum Sessionsauftakt bildet das Festkomitee Kölner Karneval eine Menschenkette vor der Synagoge
Dem „erschreckenden Erstarken“ rechtsradikaler Kräfte und „offenen Hass auf die Demokratie“ stellte Scholz-Goldenberg die massenhaften Proteste in ganz Deutschland gegenüber, die sich besonders gegen die AfD richteten. Die Demonstrationen seien ein „erstes Signal, dass die schweigende Mehrheit aufwacht“. Freilich habe er nicht die „Illusion“, dass es damit getan sei; weitere Schritte müssten folgen. Dem Festkomitee Kölner Karneval dankte er dafür, dass es zum Sessionsauftakt symbolisch eine Menschenkette vor der Synagoge in der Roonstraße bildete und sich an der Großkundgebung „Demokratie schützen, AfD bekämpfen“ am vergangenen Sonntag auf der Deutzer Werft beteiligte.
„Wir wünschen uns so sehr, normal zu sein, normal behandelt und angesehen zu werden“, als selbstverständlicher Teil der Gesellschaft, sagte Bettina Levy vom Vorstand der Synagogen-Gemeinde Köln. Die „Kölschen Kippa Köpp“ leisteten einen wichtigen Beitrag dazu, schließlich sei der Karneval „die höchste Stufe der Normalität“ in Köln. Vor allem die feiernde Jugend lasse sich so erreichen. „Macht weiter, seid laut, erhebt eure Stimme.“