Ehrenamtliche versorgen Inhaftierte in der Weihnachtszeit mit Gepäck. Doch seit rund zwei Jahren ist die Menge streng rationiert, was Folgen mit sich zieht.
„Peinlich und kleinkariert“Keine Weihnachtsstimmung in der JVA – Gebäckmenge auf 500 Gramm rationiert
Die Weihnachtszeit ist Plätzchenzeit, an vielen Orten der Welt und auch in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Ossendorf. Menschen, die sich ehrenamtlich dort betätigen, bringen den Inhaftierten gerne Gebäck mit.
In der Kölner JVA leiten aktuell rund 50 Ehrenamtliche 17 Gruppenangebote oder geben Inhaftierten Einzelunterricht, wie beispielsweise Lese- und Schreibkurse. Fest zum Angebot gehört seit Jahrzehnten der monatliche Besuch des „Rochuskreises“ der Katholischen Kirchengemeinde St. Rochus in Bickendorf, ein Gruppentreffen bei Kaffee, Tee, Kuchen oder Keksen.
Doch seit rund zwei Jahren ist die Gebäckmenge streng rationiert. Mehr als 500 Gramm dürfen es nicht sein, unabhängig von der Zahl der Teilnehmer, die zum Treffen kommen. Hans Georg Lülsdorf, Mitglied des Rochuskreises, beschreibt die Folge: „Wenn wir eine Gruppe von zehn Leuten sind, bleibt für jeden ein dreiviertel Muffin.“ Lülsdorf war bereits bei der ersten Weihnachts-Stippvisite vor 50 Jahren dabei. Seitdem besucht der Kreis die Inhaftierten der JVA regelmäßig. Mittlerweile ist er einmal im Monat für anderthalb Stunden vor Ort und trifft eine oder zwei Gruppen, je nachdem wie viele Kreismitglieder dabei sind. Zu ihnen zählt auch Renate Wevering. Der persönliche Austausch und der Kontakt zur Außenwelt sei für die Inhaftierten wichtig ist, betont sie. Das gelinge am besten an einem gedeckten Kaffeetisch.
Ehrenamtliche fühlen sich nicht ausreichend unterstützt
Zunächst buken sie selbst noch Kuchen für die Treffen. Dann waren Eigenfabrikate plötzlich verboten und schließlich wurde die Menge an mitgebrachtem Gebäck als bedenklich bewertet. Rochuskreis-Mitglied und Pfarrer Johannes Krautkrämer bewertet die Situation als „kafkaesk“. Erst auf Nachfrage, welche Menge denn unbedenklich sei, habe man die Angabe „500 Gramm“ gemacht, ohne nachvollziehbare Begründung. „Jahrzehntelang hat die Rochusgruppe ohne Schäden und ohne riesige Kontrollen so viel mitbringen können, wie man bei einem solchen Besuch nach ihren langjährigen Erfahrungen eben mitbringt“, sagt Krautkrämer. „Es blieb nichts übrig.“ Die Ehrenamtlichen fühlen sich bei ihrem Engagement nicht ausreichend unterstützt.
Angela Wotzlaw, Leiterin der Justizvollzugsanstalt, sagt: „Ich empfinde das ehrenamtliche Engagement für die Inhaftierten als sehr wichtig und bereichernd. Ich unterstütze und fördere es.“ Und: „Ehrenamtliche haben einen anderen Blickwinkel auf die Inhaftierten, sehen nicht nur die Sicherheitsaspekte, was ich positiv werte, weil es unseren Blick erweitert.“ Viele Inhaftierte würden sich eher Ehrenamtlichen gegenüber öffnen, weil sie nicht Teil des Systems sind. „Sie sind oft der einzige soziale Kontakt der Inhaftierten. Sie können auch nach der Entlassung noch betreuen und unterstützen, was wir grundsätzlich nicht dürfen.“
Wotzlaw: Größere Mengen bedeuten höheren Kontrollaufwand
In der JVA Köln sei es, anders als in vielen anderen JVAs, erlaubt, dass Ehrenamtliche Kaffee, Gebäck und anderes mitbringen. Allerdings sei es vor einigen Jahren notwendig geworden, die Mengen zu begrenzen, zum einen aufgrund von Gleichbehandlungsgründen, aber auch, weil mitgebrachte Gegenstände aus Sicherheitsgründen kontrolliert werden müssten. Die Menge an Mitgebrachtem habe in einzelnen Gruppen überhandgenommen. „Je mehr mitgebracht wird“, so Wotzlaw, „desto höher ist der Kontroll- und damit auch der Personalaufwand.“ So habe man die Grenze bei 500 Gramm gezogen. Zu besonderen Anlässen dürfe aber auch selbstgebackener Kuchen mitgebracht werden.
Der Rochuskreis kann das nicht nachvollziehen: „Der Kontroll- und Personalaufwand für 500 Gramm dürfte nicht wesentlich geringer sein als der für 2000 Gramm“, sagt Krautkrämer. Es gehe um abgepackte Backwaren. „Die 500 Gramm-Grenze ist peinlich und kleinkariert. 500 Gramm für sechs bis acht Jungs sind blitzschnell weg. Und dann trauen wir selbst uns nicht einmal einen halben Keks zu essen.“ Immerhin, sagt er, seien nun beim Weihnachtsbesuch offensichtlich selbstgebackene Plätzchen erlaubt.