Seit 70 Jahren sorgt die Bürgervereinigung Vogelsang dafür, dass Traditionen im Veedel und auch seine Institutionen erhalten bleiben.
70 Jahre TraditionBürgervereinigung Vogelsang blickt auf Schulen und auf das Coty-Gelände
Der starke Zusammenhalt unter den Bewohnern sei schon immer ein Kennzeichen von Vogelsang gewesen, sagte Bürgermeister Ralph Elster (CDU) auf dem Neujahrsempfang der Bürgervereinigung Vogelsang. Schließlich wurde der Stadtteil 1932 als sogenannte Stadtrand- und Erwerbslosensiedlung gegründet, deren Bewohner zwar Grundstücke zur Selbstversorgung mit Obst und Gemüse erhielten, die ihre Häuser aber in Eigenregie errichten mussten. Neben der Selbsthilfe wurde die Nachbarschaftshilfe automatisch großgeschrieben.
Jedenfalls in der Gründungsphase. „Diesen Zusammenhalt muss man aber pflegen“, mahnte Elster, der selbst Mitglied der Bürgervereinigung ist. In seinem Grußwort lobte er die Bürgervereinigung dafür, dass sie nicht nur die Traditionen aufrechterhalte, sondern auch die Interessen des Stadtteils als „Schnittstelle zu Verwaltung und Politik“ vertrete. Darin hat die Bürgervereinigung mittlerweile einige Übung, und der traditionelle Neujahrsempfang war in diesem Jahr ein ganz besonderer: Im Pfarrsaal von St. Konrad feierte die Bürgervereinigung mit geladenen Gästen ihr 70-jähriges Bestehen.
Bürgervereinigung startete mit einem Mitgliedsbeitrag von 1,20 DM im Jahr
Aus Anlass des runden Jubiläums ließ der Ehrenvorsitzende Ulrich Strobl die Geschichte der Vereinigung noch einmal Revue passieren. „Anfangs fragten sich einige, ob in Vogelsang noch ein zweiter Verein gebraucht wurde, es gab ja schon den Siedlerbund.“ Dennoch fand am 29. Februar 1955 die erste Mitgliederversammlung statt, beteiligt waren 25 Männer, sie einigten sich auf einen Mitgliedsbeitrag von 1,20 DM – pro Jahr. Ort der Veranstaltung waren die „Kolibri Lichtspiele“, das einzige Kino, das Vogelsang je hatte. Eingerichtet war es im oberen Saal des Bunkers am Rotkehlchenweg.
Etwas älter als die Bürgervereinigung ist das Kappesrollen, das 1949 erstmals an den Start ging und im vergangenen Jahr somit sein 75-jähriges Bestehen feiern konnte. Nur zweimal musste es ausfallen, wegen Corona in den Jahren 2020 und 2021. Im Jahre 1972 hatte die Bürgervereinigung die Organisation des Traditions-Spektakels vom Siedlerbund übernommen. „Am Anfang konnten nur Frauen ab 30 am Kappesrollen teilnehmen, über die Jahre hat sich das erweitert auf Männer, jüngere Frauen, Kinder“, so Strobl.
Für die Organisation wurde die Bürgervereinigung als Verein neu gegründet und initiierte in der Folge weitere regelmäßige Veranstaltungen in Vogelsang: den „Seniorenkaffee“ zum Beispiel, das Adventssingen auf dem Markt seit Anfang der 80er Jahre, oder den Mailauf seit 2010. Seit drei Jahren nimmt man außerdem an „Köln liest im Advent“ teil. Auch die Aufstellung eines Bücherschranks und seine Wartung übernimmt der Verein, 2022 und 2024 wurden Fotoausstellungen zum Jubiläum 90 Jahre Vogelsang angeboten. Allgemein unterstützt der Verein die ortsansässigen Schulen und Kitas sowie die Caritas, setzt sich für die Pflege und die Erhaltung des Ortsbildes und der Lebensqualität ein. Etwa als es um den Erhalt des Büdchens am Mark ging.
Erhalt des Markt-Büdchens geht auf das Konto der Bürgervereinigung
„Einiges haben wir aber nicht geschafft“, räumte Strobl ein, der von 2001 bis 2016 Vorsitzender der Bürgervereinigung war. So habe man auf dem Vogelsanger Markt keinen Wochenmarkt dauerhaft etablieren können, die Konkurrenz des Bickendorfer Markts sei einfach zu groß. Auch der Vogelsanger Maimarkt, auf dem sich seit 2005 die örtlichen Gewerbetreibenden und Vereine vorstellten, musste nach 2010 mangels Interesses eingestellt werden. Der Genossenschaftsladen am Goldammerweg im unterversorgten Vogelsang-Nord musste 2016 ebenfalls nach nur zwei Jahren wieder schließen.
Strobls Nachfolger Klaus Werner Quadflieg hat aber genug Gründe, in die Zukunft zu blicken. Seit 2022 findet das Kappesrollen nicht mehr auf dem Markt statt, sondern auf dem Schulhof der Kardinal-Frings-Grundschule. Das habe junge Familien in die Bürgervereinigung gelockt. „Momentan haben wir 250 Mitglieder“, berichtet der Vorsitzende erfreut. Die trügen neue Themen in den Verein, etwa den Wunsch nach Spiel- und Bolzplätzen oder die Beseitigung von Sperren an den Zugängen von Grünflächen, die für Lastenräder zu eng sind.
Dann müssen auch noch ganz dicke Brocken bearbeitet werden. „Was da nebenan auf dem Coty-Areal entstehen soll, ist eigentlich ein eigener Stadtteil. Wir müssen mal abwarten, ob das die Kanalisation aushält“, meint Klaus Werner Quadflieg. Oder die massenweise Ansiedlung von Schulen am Wasseramselweg, während es für die Kinder noch keinen sicheren Schulweg gibt. „Auch an den Gleisen entlang führt ja ein Fuß- und Radweg zum Meisenweg. Aber der ist immer noch nicht beleuchtet.“