Jährlich zu Besuch in KölnHund Balou ist groß wie ein Pony und hat Fell wie eine Kuh
- Wie reagieren Menschen – was erzählen sie, wenn man sie auf der Straße anspricht und zu einem Kaffee einlädt?
- Dieser Frage geht Susanne Hengesbach regelmäßig nach. Heute spricht sie mit einer in Bayern lebenden Rheinländerin.
- Ein Leben ohne den Karneval in Köln und ohne großen Hund an ihrer Seite ist für Birgit Gremer schwer vorstellbar..
Köln – Die Art und Weise, wie die Kellnerin um den großen Kopf auf dem Fußboden herum balanciert, erinnert stark an eine Szene aus „Dinner for one“; nur dass es sich bei dem Tier auf dem Estrich des Cafés „Galestro“ nicht um einen Tiger, sondern riesigen Hund handelt.
Regelmäßige Leser dieser Rubrik wissen, dass ich meine Kandidaten auf der Straße gerne danach auswähle, ob sie etwas auffälliges bei sich haben. Im Fall von Birgit Gremer ist das Anhängsel kaum zu übersehen, also gehe ich auf dem Maternusplatz schnurstracks auf die Dame zu, die diesen ponygroßen Hund mit Kuhzeichnung an der Leine führt. Wahrscheinlich spiegelt mein Gesicht derartiges Entzücken, dass Gremer ihre Verabredung mit einer Freundin direkt telefonisch nach hinten und den 64-Kilo-Koloss namens Balou vor sich her ins Café schiebt. Dort lässt sich der Hund genau zwischen der Theke und den Sitzgruppen nieder und zwingt die Kellnerin zum Slalomlauf. Die Gäste schmunzeln.
Der Landseer, eine dem Neufundländer verwandte Rasse, schmollt ein wenig, weil Frauchen ihn letzte Nacht im Hundehotel geparkt hatte, um ausgiebig Karneval feiern zu können. Das macht sie, wie ich erfahre, „seit 2006 immer“. Sie könne problemlos an 360 Tagen im Jahr in ihrer Wahlheimat in Bayern leben und dort auch Dirndl tragen, „ohne sich verkleidet zu fühlen“. Aber spätestens wenn et Trömmelche jeht, sitzt die 58-Jährige im Auto und nimmt Kurs auf Köln.
Beide Opas vererbten ihr ihre Leidenschaften
Gremer ist in Andernach geboren und hat offenbar ihre beiden Großväter gründlich beerbt. Der eine Opa, erzählt sie, war Präsident und Kommandant der Blauen Funken in Andernach. Folglich kam die Enkeltochter schon mit 13 in die Tanzgruppe und erfüllte sich Jahre später einen ihrer ersten Träume: „Wenn ich groß bin, will ich Funkemariechen werden“, hatte sie von klein auf betont.
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Wenig später hing sie ihrer Familie mit Herzenswunsch Nummer zwei in den Ohren, so dass alle überzeugt waren: „Die zieht mit 18 nach München!“ Tatsächlich vergingen ein paar Jahre mehr, bis sie ihren Wohnsitz nach München verlegte, wo sich die rheinische Frohnatur nach eigenen Worten allerdings manchmal noch immer schwer tut. „Aber wenn ich länger wieder hier bin, vermisse ich den See", sagt sie und meint den Starnberger, in dessen Nähe sie lebt.
Eine der größten Rassen der Welt
Nun gab es noch den zweiten Opa, dessen Herz weniger am Karneval, als an Vierbeinern hing. „Der liebte Schäferhunde und züchtete die auch.“ – Ich nicke. „Und da haben Sie sich gesagt: Wenn ich groß bin, will ich `nen Hund, der noch größer ist als ich“, mutmaße ich. Mein Gegenüber lacht und erzählt von dem schicksalhaften Italien-Urlaub, als ihr ein Welpe über den Weg lief, in den sie sich stehenden Fußes verguckte, ohne zu wissen, dass mit „Terranova“ (auf deutsch: neues Land) eine der größten Rassen der Welt gemeint war. Als ihr ein halbes Jahre später hierzulande ein ausgewachsenes Neufundländer-Exemplar begegnete, war Gremer sofort schockverliebt, während der Ehemann an ihrer Seite nur „die Farbe wechselte“.
Um die Geschichte abzukürzen: Langfristig haben die großkalibrigen Vierbeiner - erst Neufundländer, dann Landseer - das Bleiberecht im Hause Gremer behalten, wohingegen der Gatte zwischenzeitlich auf der Strecke blieb. Ich schaue wieder zur Kellnerin, die um Balous Kopf herum stakst – aus Sorge, sie könne ihm versehentlich auf die Ohren treten.
Balou fährt mit im Cabrio
„Gibt es ein Argument gegen solch einen großen Hund?“, erkundige ich mich und stelle fest, dass das eine eine ziemlich rhetorische Frage ist. „Nee!“, entgegnet mein Gegenüber. „Aber man braucht dafür fast einen LWK“, wende ich ein. „Ich fahre Cabrio“, widerspricht Gremer und wir lachen beide. Der offene Zweisitzer, in dem Balou mitunter Motorradbrille trägt, sei ebenfalls einer ihrer Träume gewesen. Ein anderer war ihre Ausbildung zur Yoga- und Pilates-Lehrerin, und dass sie bis heute als Trainerin arbeiten könne. Natürlich habe es auch Träume gegeben, die sich nicht verwirklichen ließen oder die schief gingen. Aber darüber, beschließen wir, reden wir vielleicht ein andermal.