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Fahndung nach TrickdiebWarum veröffentlicht die Polizei Köln dieses Foto erst 583 Tage nach der Tat?

Lesezeit 3 Minuten
Mit diesem Foto sucht die Polizei Köln nach einem mutmaßlichen Trickdieb.

Mit diesem Foto sucht die Polizei Köln nach einem mutmaßlichen Trickdieb.

Der gesuchte Mann soll eine 88-jährige Frau in Köln-Longerich mit dem „Wasserwerker-Trick“ hereingelegt haben.

Ein Mittwochmittag im Juli 2023: Ein Mann klingelt in Longerich an der Haustür einer 88-jährigen Frau. Der ungebetene Besucher trägt eine dunkelblaue Arbeitshose und eine blaue Jacke. Er behauptet, er sei von den „Wasserwerken“ und müsse im Keller des Hauses Wasser überprüfen, das angeblich verunreinigt sei. Während die Seniorin den Fremden in den Keller begleitet, lässt dieser die Haus- und Wohnungstür offen stehen, so dass sich sein Komplize in die Wohnung schleichen und sie nach Geld und Schmuck durchsuchen kann.

Allgemein bekannt ist diese Masche seit Jahren als „Wasserwerker-Trick“. Doch weil die Täter häufig sehr überzeugend und bestimmend auftreten, haben sie auch immer wieder Erfolg. Im Fall in Longerich allerdings nicht: Die Seniorin wird plötzlich misstrauisch und geht in ihre Wohnung zurück, daraufhin flüchten beide Täter.

Fotofahndung ist schwerer Eingriff in das Persönlichkeitsrecht

Bis heute, also seit gut 19 Monaten, fehlt von ihnen jede Spur. Niemand weiß, wie oft sie den Trick seitdem angewandt haben. Wie oft sie möglicherweise Erfolg damit hatten, wie viele Opfer sie vielleicht zurückgelassen haben.

Dabei waren die Chancen für die Polizei, die Männer schnell zu fassen, gar nicht so schlecht. Schon kurz nach der Tat gelangte die Kripo in den Besitz von Fotos, die zumindest einen der beiden Tatverdächtigen zeigen. Aufgenommen worden waren die Bilder von einer privaten Überwachungskamera in der Nähe des Tatorts.

Wer kennt diesen Mann?

Wer kennt diesen Mann?

Doch erst jetzt, Mitte dieser Woche, 583 Tage nach der Tat, schickte die Polizei die Bilder an die Medien mit der Bitte um eine Öffentlichkeitsfahndung. Warum erst so spät?

„Wann eine Veröffentlichung von Bildern Tatverdächtiger zulässig ist, ist in der Strafprozessordnung detailliert geregelt“, sagt Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer.

Wann eine Veröffentlichung von Bildern Tatverdächtiger zulässig ist, ist in der Strafprozessordnung detailliert geregelt
Ulrich Bremer, Oberstaatsanwalt

Egal ob es um ein Foto oder um ein Phantombild eines Tatverdächtigen oder auch eines gesuchten Zeugen geht – für die Veröffentlichung einer Abbildung benötigen Polizei und Staatsanwaltschaft immer den Beschluss eines Richters. Und der darf diesen nach der Strafprozessordnung nur dann erteilen, wenn der Gesuchte dringend tatverdächtig ist und wenn eine Straftat „von erheblicher Bedeutung“ vorliegt.

Bei einem einfachen Diebstahl zum Beispiel gibt der Straftatenkatalog das nicht her. Denn eine Öffentlichkeitsfahndung gilt als schwerwiegender Eingriff in das Persönlichkeitsrecht. Zudem könnte eine voreilige Fotofahndung fatale Konsequenzen für einen Menschen haben, wenn der sich im Laufe der Ermittlungen als unschuldig herausstellen sollte, zuvor aber als vermeintlicher Straftäter durch die Medien gegangen ist.

Eine weitere Voraussetzung ist, dass die Feststellung der Identität für die Polizei auf andere Weise „erheblich weniger Erfolg versprechend oder wesentlich erschwert“ wäre. Bremer erklärt: „Das bedeutet, dass die Ermittlungsbehörden zunächst versuchen müssen, die Identität von Tätern mit anderen Mitteln, zum Beispiel Veröffentlichungen in internen Datensystemen oder Zeugenvernehmungen, zu klären.“

Abgesehen von besonders schweren Straftaten müssen die Bilder daher vor einer Veröffentlichung in den Medien zunächst eine gewisse Zeit ins Fahndungsportal des polizeilichen Intranets eingestellt werden. „Die Staatsanwaltschaft prüft aber stets, ob die gesetzlichen Voraussetzungen einer Öffentlichkeitsfahndung gegeben sind, weil diese in vielen Fällen hilfreich sein kann“, sagt Bremer. Hinweise im aktuellen Fall von Longerich nimmt die Polizei unter der Rufnummer 0221/229-0 entgegen oder per E-Mail.

pressestelle.koeln@polizei.nrw.de