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Immobilien-UnternehmenMieterhöhungen und Profit-Druck – sozialer Kurs der Kölner GAG steht infrage

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Die Hauptverwaltung der GAG in Köln. Das Immobilien-Unternehmen hat 15-prozentige Mieterhöhungen angekündigt und sich Kritik aus Politik und von Mieterinnen und Mietern zugezogen.

Die Hauptverwaltung der GAG in Köln. Das Immobilien-Unternehmen hat 15-prozentige Mieterhöhungen angekündigt und sich Kritik aus Politik und von Mieterinnen und Mietern zugezogen.

Das Immobilien-Unternehmen erhöht Mieten teilweise um den Maximalsatz – ist das Gemeinwohl künftig weniger wichtig?

Als sich am Donnerstagnachmittag rund zehn Mieterinnen und Mieter im GAG-Kundencenter in der Ricarda-Huch-Straße wiederfanden, war die Verwirrung groß. Einige von ihnen dachten, sie wären zu einer Mieterversammlung gekommen oder zumindest zu einer Informationsveranstaltung. Nachdem sich viele Mieter und auch Mitglieder des Kölner Stadtrates über die 15-prozentige Mieterhöhung für mehr als 200 GAG-Wohnungen empört hatten, lud die GAG ein: An neun Standorten, zum „persönlichen Gespräch“, um Unsicherheiten zu nehmen und Fragen zu beantworten.

Kölner GAG stellt sich in Einzelgesprächen nach Ankündigung von 15-prozentigen Mieterhöhungen

„Eine Katastrophe“ sei es gewesen, sagt eine Frau aus Stammheim, die da war und schnell wieder gegangen ist. Denn ein Gespräch zwischen Mietern und Unternehmen in großer Runde war nicht möglich. Die GAG hat nur Einzelgespräche erlaubt, in denen zwei Mitarbeiter jeweils einem Mieter erklärten, warum er künftig mehr zahlen muss. „Wir wollten eine Diskussion führen über die weitere Perspektive. Wie soll es denn in drei Jahren weitergehen?“, fragt sie.

Sie hat sich auf den angebotenen Dialog nicht eingelassen. Bei vielen Mietern ist die Sorge groß, sich die Wohnungen langfristig nicht mehr leisten zu können. Dabei hatten sie die Verträge mit der GAG in der Erwartung unterzeichnet, das Unternehmen, das zu 88 Prozent der Stadt Köln gehört, interessiere sich mehr für die Interessen seiner Mieter als andere.

Ein weiterer Mieter, ebenfalls aus Stammheim, sagte: „Es gab mehr Enttäuschung und Verärgerung als Antworten.“ Ihm sei angeboten worden, sich über mögliche Wohngeld-Zuschüsse und einen Wohnberechtigungsschein zu informieren – obwohl die GAG aus der Einkommensprüfung wissen müsse, dass er dafür nicht berechtigt sei. Überhaupt sei die Idee, Mieterhöhungen über Sozialgelder bezahlbar zu machen, eine „komplette Zweckentfremdung“.

GAG plant Rebranding: Verschwinden die Kölner Dom-Spitzen aus dem Logo?

Jörg Fleischer, Sprecher der GAG, bestätigte auf Anfrage, dass einige Mieter den Termin in Stammheim enttäuscht verlassen haben. Einige Mieter seien „irritiert bis ungehalten“ gewesen. An acht weiteren Kundencentern liefen parallel ähnliche Beratungsangebote, insgesamt seien die Gespräche gut verlaufen. In einzelnen Fällen habe man sogar Mietnachlässe beschlossen. „Wenn jemand nicht weiß, wie es weitergehen soll, soll er oder sie sich bitte bei uns melden“, so Fleischers Appell an die Mieter in den 45.000 Wohnungen, die in Köln der GAG gehören.

Das Unternehmen ist bemüht, weiterhin als sozial und nahbar wahrgenommen zu werden – und nicht als eines unter vielen Immobilienunternehmen, dem es nur um Geld geht. Doch dass man sich seit Herbst am Oberwert des Mietspiegels orientiert, obwohl etwa der Mietverein rechtliche Bedenken hat, hilft dabei ebenso wenig wie die vielen Mieterhöhungen um den Maximalsatz. Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ ist eine Umgestaltung des Markenauftritts geplant, künftig sollen die Schwerpunkte im Marketing wohl mehr auf nachhaltigen Aspekten liegen – und weniger auf der sozialen Verantwortung.

Auch soll die Farbe Rot, politisch eng verknüpft mit linkem Gemeinwohl-Ideal, in Zukunft eine weniger große Rolle spielen. Offenbar steht auch die Idee im Raum, die Domspitzen aus dem Logo zu streichen. Dass erste Entwürfe für eine Umgestaltung des öffentlichen Auftritts bereits vorliegen, hat die GAG auf Anfrage bestätigt.

GAG trennt sich von Leiter der Immobilienwirtschaft

Am Freitag gab die GAG zudem bekannt, sich von Jochen Mauel, dem Leiter der Abteilung Immobilienwirtschaft, zu trennen. Sowohl die GAG als auch Mauel sprachen dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ gegenüber von einer einvernehmlichen Entscheidung. Mauel stand für einen sozialen Kurs des Unternehmens, in seinen Bereich, der künftig umgestaltet werden soll, fiel auch das Sozialmanagement. Doch politische Differenzen sollen kein Grund für das Aus gewesen sein. „Die Mieterhöhungen haben für die Entscheidung keine Rolle gespielt“, sagte Mauel. Differenzen gab es offenbar eher über Strukturfragen.

Die GAG steht mit Blick auf die künftige finanzielle Ausrichtung vor mehreren großen Problemen: Um Nachhaltigkeitsstandards erfüllen zu können, sind viele aufwendige Sanierungen im Bestand notwendig. Auch die laufenden Kosten werden an vielen Stellen höher. Die Aktionäre – sowohl die Stadt als auch die Kleinaktionäre, denen zwölf Prozent gehören – haben gleichzeitig ein Interesse daran, dass die GAG Gewinne einfährt. Die einzige Einnahmequelle sind Mieten. Und diese müssen erhöht werden.

Obwohl das Unternehmen den Anspruch hat, gleichermaßen nachhaltig und sozial zu arbeiten, nimmt die Nachhaltigkeit einen immer größeren Stellenwert ein. Von der sozialen Verantwortung bleibt so viel übrig, wie man sich leisten kann – so die Befürchtung mancher Akteure im Umfeld des Unternehmens. Teile des Aufsichtsrats haben sich am Freitagmorgen getroffen, um die aktuellen Mieterhöhungen zu besprechen. Bei einer Abfrage kam offenbar heraus: Einige Erhöhungen betreffen gut situierte Mieter in besten Wohnlagen und sind insofern aus Sicht des Gremiums akzeptabel. Andere wohl nicht. Der Druck auf die Unternehmensführung, stärker auf die Sorgen der Mieter einzugehen, wächst.

Vielsagend erscheint auch ein Passus auf der Webseite der GAG, auf dem von einer „neuen Strategie“ des Unternehmens die Rede ist. Türkis hinterlegt haben Vorstand und Aufsichtsrat vier Leitsätze verfasst. Die Rede ist dort unter anderem von „sicherem und leistbarem Wohnraum“. Das Wort „sozial“ taucht allerdings nicht einmal auf.