Computerspiel für junge Besucher des WallrafJagd nach Reliquien im Kölner Museum
Köln – Lilian (14), Schülerin der achten Klasse des Humboldt-Gymnasiums, steht vor dem Werk „Christus am Kreuz zwischen Maria und Johannes“. Sie will herausfinden, ob in den hölzernen Köpfen der Figuren Reliquien versteckt sind. Mit dem neuen Computerspiel des Wallraf-Richartz-Museums kann sie Röntgenbilder aufrufen. Nein, in den Köpfen der Heiligen sind keine Knöchelchen oder andere angebliche Heiligen-Überbleibsel. Also weiter zum nächsten Bild.
„Ricardas Geheimnis“ heißt das Computerspiel und erzählt die 600 Jahre alte Geschichte der jungen Klosterschülerin Ricarda, die gefangen gehalten wird, nachdem wertvolle Reliquien verschwanden. Die jungen Gamer können bei der Suche helfen. Hinweise finden sie in zwölf Bildern der Mittelalter-Sammlung des Museums – darunter auch die berühmte Lochner-Madonna. Bis zu 90 Minuten kann das Spiel dauern und in dieser Zeit erzählen viele Abgebildete ihre Geschichte und man begegnet jeder Menge Heiliger, Monster und Teufel.
Lilian und ihre Mitschüler gehören zu den ersten Testern. Klar, mit einem Fortnite-Spiel könne das Game nicht mithalten, aber das sei auch nicht Sinn der Sache. „Man lernt eine Menge, ohne es zu merken“, sagt Luke. Und er lobt das Mittelalter-Design des Spiels, das an vergilbtes Papier erinnert. Und Tammo meint: „Damit können Eltern Kinder ins Museum locken.“ Das Punktesammeln und Suchen mache Spaß.
Entwickelt hat das Spiel die Kölner Digitalagentur Interlutions, zu deren Kunden auch Disney und Nintendo gehören. Auch für Projektleiterin Tina Stotz war – wie für die meisten Jugendlichen – die Mittelalter-Abteilung völliges Neuland. „Aber wir waren sofort begeistert und fasziniert. Auf vielen Bildern geht es ja zu wie bei »Game of Thrones«.“ Die Herausforderung: Spannung und Lernen verbinden, ohne dass die digital verwöhnten Jugendlichen die Lust verlieren – deshalb wurden auch Extras wie die Röntgenbilder und eine Lupenfunktion eingebaut, um in die Bilder einzutauchen.
Mini-Konsolen kostenlos zum Leihen
Gemeinsam mit den Expertinnen des Museums und dem Hörspiel-Autor Ralph Erdenberger entwickelten sie die Geschichte. Erdenberger hatte unter anderem schon einen Kinder-Guide für die Rembrandt-Ausstellung geschrieben. Daher stammen auch die 30 Mini-Konsolen, die kostenlos gegen ein Pfand an der Museumskasse ausgehändigt werden.
Museumsdirektor Marcus Dekiert sagte: „Das Game ist für uns ein wichtiger Schritt hin zum Digitalen.“ Möglich war die Entwicklung durch eine Förderung durch den Bund und eine Spende der Sparkasse Köln/Bonn – zusammen 43.000 Euro. Ein sehr kleines Budget für ein Game-Projekt, so die Fachleute. Man wolle gerne mehr solcher Angebote machen, aber da müsse man auf den nächsten Geldsegen warten.
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Einer der Hauptsprecher des Spiels ist der Kölner Kabarettist Wilfried Schmickler (66) als „Gerhard von dem Wasserfass“. Der habe, so erzählt Ralph Erdenberger, das Spiel zusammen mit seinem Neffen ausprobiert. Der Neffe erklärte, wie man mit der Konsole umgeht, und staunte dann, als er seinen Onkel im Mittelalter sprechen hörte.