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Gelber Engel beim ADAC„Nicht durch die letzte Lücke, sondern einfach mal mitdenken”

Lesezeit 6 Minuten
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Ulrich Henschel kann nach über 20 Jahren als ADAC-Mitarbeiter für den Raum Köln/Bonn viele Geschichten erzählen.

  1. Es gibt nur wenige, die den alltäglichen Wahnsinn auf den Straßen in Köln und Region so nah miterleben wie Ulrich Henschel.
  2. Der ADAC-Mitarbeiter erzählt, wie er auf Kunden reagiert, die ihn wegen eines kaputten Zigarettenanzünders rufen, welche Pannen sich besonders häufen und von lebensgefährlichen Situationen, die vermeidbar wären.
  3. Außerdem erklärt er, was viele Autofahrer falsch machen, wenn sie eine Panne auf der Autobahn haben.

KölnUlrich Henschel ist seit mehr als 20 Jahren ein Gelber Engel für den ADAC und hauptsächlich im Köln-Bonner Raum unterwegs. Gemeinsam mit seinen Kollegen sorgt der 56-Jährige dafür, dass die Autos auf den Straßen wieder flott gemacht werden. Für uns packt er aus: Seinen Wagen und Geschichten vom alltäglichen Wahnsinn.

Immer wieder die Elektronik

In meinem Auto hab ich ja so einiges. Schlauchschellen, Kraftstoff – und Kühlschläuche, Wagenheber und Reifen-Flickset. Für jeden Fall was dabei. Am häufigsten werde ich aber wegen der Elektronik rausgerufen, besser gesagt wegen der Batterien. Die sind nämlich immer öfter und immer schneller leer. Kein Wunder eigentlich, wenn man überlegt, was die Autobatterie mittlerweile alles versorgen muss. Alles ist connected und die ganzen technischen Helferlein müssen auch Strom bekommen.

Mit der Software im Auto ist das auch so ’ne Sache. Wir haben ja einen Computer, der das System im Fahrzeug auslesen kann. Und plötzlich funktioniert wieder alles, obwohl vorher ein Fehler gemeldet wurde. Das ist wie mit den Zahnschmerzen, die beim Zahnarzt dann weg sind. Und dann stehe ich da und die Leute wollen eine qualifizierte Beurteilung, woran es gelegen hat. Die gibt’s aber leider nicht immer. Das wird in Zukunft also noch lustig werden, wenn alles automatisch fährt und es nicht mehr der Kühlschlauch ist, sondern die Software spinnt.

„Der Zigarettenanzünder funktioniert nicht“

Eigentlich bin ich ja froh, wenn die Leute auch wegen Kleinigkeiten anrufen. Das zeigt ja, sie denken mit. Durch die ganze Elektronik wird es vor allem für ältere Menschen schwierig. Gestern rief ein älterer Herr an, in seinem Wagen leuchtete auf einmal eine rote Lampe. Das bedeutet ja eigentlich „hallo Werkstatt“ oder auch „stehen bleiben“. Da war es nur eine Service-Lampe. Mir ist es aber lieber, der Herr ruft an und fragt mich, bevor er losfährt. Weil – wenn er losfährt und der Zylinderkopf ist kaputt, dann wird’s teuer für ihn.

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Also schicke ich ihn lieber zum Service in die Werkstatt als für 3000 Euro zur Reparatur. Wenn mich allerdings jemand um 2 Uhr nachts ’raus ruft, weil der Zigarettenanzünder nicht funktioniert, dann ist es bei mir auch vorbei. Ich bin auch schon mal nach Remagen gerufen worden, weil die Innenleuchte nicht ging. Da muss man trotzdem nett bleiben. Wir öffnen auch oft Autos, weil der Schlüssel drinnen vergessen wurde. Nur das wird auch immer schwieriger, die Autos werden immer sicherer.

Mitdenken ist so ’ne Sache

Als ich vor gar nicht allzu langer Zeit auf die Autobahn aufgefahren bin, da sind die Leute vom Gas gegangen und haben mich reingelassen. Manche haben sogar abgebremst. Mittlerweile aber geben die Leute Gas! Oder quetschen sich noch in die letzte Lücke. Ich bin ja froh, dass in letzter Zeit so viel über die Rettungsgasse gesprochen wird.

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Fast alles, was er braucht, hat Ulrich Henschel in seinem Wagen dabei.

Das funktioniert meistens tatsächlich wieder ganz gut. Problematisch finde ich, dass immer weniger Pannenstreifen angelegt werden. Das heißt aber nicht, dass man nur einen Zentimeter an dem liegengebliebenen Fahrzeug und damit auch an mir vorbeifahren muss. Manchmal muss ich echt den Bauch einziehen. Ein Spurwechsel ist ja nun wirklich keine große Sache.

„Wo geht’s denn hier nach Olpe?“

Ich war auf Höhe Kreuz Köln-Süd unterwegs. Da sind es fünf Spuren, drei geradeaus und zwei rechts ab. Jetzt steht auf der mittleren der drei Spuren ein Auto. Also es steht. Um vier Uhr nachmittags. Ich sehe das und denke mir: „Mist.“ Auf der Autobahn. In der Mitte. Also habe ich erstmal alle Lichter, die ich habe, angemacht, so gut es ging langsam abgebremst, den Kopf schon leicht eingezogen und bin dann hinter dem Wagen zum Stehen gekommen. Türe vorsichtig auf, Bauch einziehen und was ich sehe ich?

Was tun bei einer Panne auf der Autobahn?

Ulrich Henschel gibt Verhaltenstipps für eine Panne auf der Autobahn: „Wenn ich merke, mein Auto will nicht mehr, versuche ich trotzdem irgendwie von der Autobahn zu kommen. Auch wenn Gefahr besteht, dass mehr am Wagen kaputt geht. Motor und Blech kann man reparieren, Knochen eher nicht. Wenn ich es nicht mehr von der Autobahn schaffe, den Wagen soweit es geht rechts abstellen und zügig, aber bitte nicht panisch über die rechte Seite verlassen und ab hinter die Leitplanke. Warnwesten an. Wenn hinter der Leitplanke ein Graben ist – rein da. Wenn es den Hang hoch geht, dann hoch da.

Hauptsache weg von der Straße. Einer kümmert sich um das Warndreieck. Ich sehe immer wieder Leute, die das Dreieck einen Schritt hinters Auto stellen. Völliger Quatsch. Als Faustregel gilt: mindestens 150 große Schritte oder drei Leitpfosten hinter dem Fahrzeug aufstellen. Wichtig: Bis dorthin möglichst schon hinter der Leitplanke gehen. Das Warndreieck nah an den Fahrbahnrand stellen. Warum? Wenn einer pennt und Schlangenlinien fährt, dann erwischt er hoffentlich das Dreieck und das macht dann hoffentlich Rabatz unterm Auto. Der Fahrer wacht auf und fährt mich auf dem Standstreifen nicht um. Wenn das Dreieck zu nah am Auto oder zu weit auf der Mitte des Pannenstreifens steht, dann bringt das nix.

Erst wenn ich alles erledigt und mich selbst in Sicherheit gebracht habe, dann rufe ich Hilfe. " (keu)

Der Herr guckt konzentriert an seiner Windschutzscheibe nach oben. Er stand unter einem Schild. Dann hab ich mal vorsichtig an die Scheibe geklopft. Da sagt er: „Wie komme ich denn hier nach Olpe?“ Da hab ich gesagt: „So, passen Sie mal auf. Wenn Sie hier nicht sofort wegfahren, dann sehen Sie gleich auch blaues Licht im Spiegel.“

An einem anderen Tag stand ich auf dem Pannenstreifen auf der Autobahn und arbeite an einem Fahrzeug. Da hält da wirklich einer an und fragt nach dem Weg. Das kann man einfach nicht verstehen. Ich hatte auch schon spielende Kinder auf dem Pannenstreifen.

Egal wen, Hauptsache anrufen

Sobald es ein Unfall ist, haben wir Gelben Engel damit eigentlich nichts mehr zu tun. Aber anrufen kann man uns immer. Wir können entsprechende Hilfskräfte anfordern. Also da nicht zögern. Wenn wir nicht kommen, schicken wir die richtigen Leute. 110, 112 oder uns unter 222222. Egal, einfach schnell handeln. Wir helfen weiter.

’Ne Kleinigkeit von 5 Sekunden

Eigentlich wünsche ich mir nur mehr Rücksichtnahme. Diese Kleinigkeit von fünf oder zehn Sekunden, bei der man vom Gas geht anstatt draufzuhalten. Nicht noch durch die letzte Lücke durch, sondern einfach mal mitdenken. Das würde vieles einfacher machen. Und eins noch: Wenn wir dann da sind und am Auto arbeiten, bitte als Fahrer nicht die Konzentration verlieren. Ich habe nur zwei Augen, und mit denen kann ich nicht parallel noch den Verkehr beobachten. Lieber mir einmal zu viel „der LKW da hinten fährt ziemlich nah am Rand“ sagen, damit ich im Zweifelsfall die Arbeit kurz unterbrechen kann. Das ist manchmal überlebenswichtig.