„Beglückt“Gerhart Baum feiert 90. Geburtstag in seinem Veedels-Lokal
Köln – Fast jeden Samstag gehen Ex-Bundesinnenminister Gerhart Baum und seine Frau Renate Liesmann-Baum in die Gaststätte „Früh Em Veedel“ am Chlodwigplatz. Es genügt, die Frage „Das Übliche?“ zu bejahen, und schon werden den beiden, die am Ubierring wohnen, Halver Hahn, Mettbrötchen und Kölsch gebracht. Auch diesem Samstag kehrten sie in ihrem Stammlokal ein, doch der Besuch wich vom Üblichen ab: Zusammen mit rund 100 Gästen feierte Gerhart Baum, 1932 in Dresden zur Welt gekommen, seinen Geburtstag. Am Tag zuvor war er 90 geworden.
Zu feiern gebe es auch ein silbernes Jubiläum, sagte seine Frau, denn seit genau 25 Jahren würden sie in der Südstadt wohnen. Deshalb waren auch einige Inhaber von Geschäften des Veedels eingeladen. An Stelle von Geschenken bat das Ehepaar um Spenden für die Aktion „Weihnachtswunsch“ der Lutherkirche, deren früherer Pfarrer Hans Mörtter unter den Gästen war. Zweck der Aktion ist es, Kindern, deren Eltern oder alleinerziehende Mütter nicht genug Geld haben, Wünsche zu erfüllen. Gerhart Baum und seine Frau wollen die am Samstag zusammengekommene Spendensumme verdoppeln.
Viele prominente Gäste aus Politik und Gesellschaft zum Baums 90. Geburtstag
Als mit 91 Jahren ältesten Gast begrüßte Renate Liesmann-Baum Kölns ehemaligen Stadtdechanten Johannes Westhoff, der Schirmherr des Musikfestivals „Romanischer Sommer Köln“ war, das sie 25 Jahre lang betreut hat; das Ehepaar ist gut mit ihm befreundet. Jüngster Gast war der nicht mal einen Monat alte Alexis, Sohn des Rechtsanwalts Nikolaos Gazeas.
Mit diesem und Ex-Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hat Baum Strafanzeige gegen die russischen Verantwortlichen von Kriegsverbrechen in der Ukraine erstattet. Zu den Gästen aus der Politik zählten der ehemalige EU-Kommissar Günter Verheugen, die früheren NRW-Ministerinnen Isabell Pfeiffer-Poensgen und Yvonne Gebauer, Joachim Stamp, der ebenfalls Minister der nordrhein-westfälischen Landesregierung und zudem stellvertretender Ministerpräsident war, Innenstadt-Bezirksbürgermeister Andreas Hupke sowie die Grünen-Politiker Arndt Klocke, Mitglied des Landtags, und Staatssekretär Sven Lehmann, Queer-Beauftragter der Bundesregierung.
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Auch aus der Kultur, die Gerhart Baum, Sprecher des Kulturrats NRW, seit jeher ein großes Anliegen ist, waren viele Gäste gekommen, darunter Stefan Bachmann, Intendant des Schauspiel Köln, mit seiner Frau, der Theaterschauspielerin Melanie Kretschmann, und ihren vier Kindern, Klaus der Geiger, Musiker Arno Steffen, Rainer Michalke, der bis Mitte dieses Jahres Künstlerischer Leiter des Kölner Stadtgartens war, Publizist und Rundfunkautor Martin Stankowski sowie Bildhauer und Maler Cornel Wachter. Dabei waren auch Familienangehörige wie Baums älteste Tochter Julia und Partner der Düsseldorfer Rechtsanwaltskanzlei „baum reiter & collegen“.
Einer der angesehensten liberalen Politiker Deutschlands
Der 90-Jährige, einer der angesehensten liberalen Politiker Deutschlands, hat sich jahrzehntelang für Demokratie und Freiheit engagiert und tut es weiterhin, etwa mit Publikationen wie dem jüngst erschienenen Buch „Menschenrechte. Ein Appell“ oder in Talkshow-Auftritten. In seiner Ansprache an die Gäste ließ er es sich nicht nehmen, auch politisch zu werden. Er sei „beglückt“, dass er viel Aufmerksamkeit bekomme für die Themen, die ihm wichtig seien: Freiheit und Menschenrechte.
Mit dem Angriff auf die Ukraine habe Putin die Völkerrechtsordnung ins Wanken gebracht, die trotz mancher Verletzungen seit 1945 bestanden habe. Auch andere Themen sprach Baum an, vom „demografischen Absturz“, der einen extremen Mangel an Arbeitskräften mit sich bringe, bis zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der reformiert gehöre. „Wir müssen uns klarmachen, dass wir in eine Zeit gehen, in der uns einiges abgefordert wird“, sagte er. Ihn habe immer Optimismus getragen: „Man kann etwas verändern.“