Helga Niggenaber sagt, dass sie alte Menschen, die sich nicht mehr bewegen wollen, gut verstehen könne. Warum sie es trotzdem tut.
Gesundheit85-jährige Kölnerin erklärt, wie sie gesund altert – „Mein Körper schreit nach Bewegung“

Helga Niggenaber (85) beim Gymnastikkurs im Gemeindesaal: „Nach einer Stunde Bewegung geht es mir gut!“
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Helga Niggenaber kommt mit Gehstock zur Fit-für-100-Gymnastik im Gemeindesaal der Thomaskirche am Neusser Wall. Sie ist 85, vor eineinhalb Jahren hat sie ein neues Kniegelenk bekommen, „wenn ich nichts mache, werde ich jeden Tag steifer“, sagt sie. Also macht sie. Zweimal pro Woche also Gymnastik im Gemeindesaal – Arme, Beine, Gleichgewichts- und Geschicklichkeitsübungen – dazu jeden Morgen schon im Bett Rückenübungen, der Rücken nämlich, „der ist besonders kaputt“. Und spazieren gehen, jeden Tag, „auch schon mal sechs, sieben, acht Kilometer am Rollator“.
Sich zu bewegen, sei nicht mehr leicht und selbstverständlich, sagt Niggenaber. „Man muss es wollen. Und ich will es, weil mein Körper danach schreit: Er schreit, dass er komplett unbeweglich wird, wenn ich es nicht tue.“ Sie kenne viele alte Menschen in ihrem Umkreis, die es nicht wollen. Die nicht mehr gehen können, Diabetes haben, übergewichtig sind und schwer pflegebedürftig. „Ich kann es gut nachvollziehen, keine Lust mehr auf Bewegung zu haben“, sagt sie. „Ich hatte das Glück, es mein Leben lang getan zu haben – und tue es wohl auch deswegen weiter.“
Einmal sind wir von Köln nach Koblenz gefahren an einem Tag, 146 Kilometer, das war nicht ohne.
Als Kind und Jugendliche ging Helga Niggenaber zum Turnen, später machte sie Gymnastik und schwamm – jede Woche. Einmal im Jahr machte sie mit Freundinnen eine Radtour – entlang von Rhein und Weser, Elbe, Donau, Saale, Ahr, Ostseekanal und Unstrut. „Einmal sind wir von Köln nach Koblenz gefahren an einem Tag, 146 Kilometer, das war nicht ohne“. Da war sie 55, jetzt 30 Jahre später, sei sie froh, „noch allein den Haushalt machen zu können, einkaufen zu gehen – und Auto fahren, sonst käme ich ja gar nicht hier hin!“
Was es braucht, um gesund zu bleiben
Zwei ältere Damen setzen sich dazu. „Gesund bleiben heißt in unserem Alter vor allem, den richtigen Arzt zu bekommen, den man braucht!“, sagt Anita Gündüz. Sie habe zuletzt viele Monate auf Termine beim Kardiologen und Urologen gewartet. „Ich will 100 werden – aber wenn man ohne private Krankenkasse keine bezahlbaren Spritzen mehr bekommt und keine Termine, dann ist das schlecht“, bekräftigt Hedy Cieslik. 88 ist Cieslik, sie pflegt ihren dementen Mann und kümmert sich selbst um den Haushalt. „Raus gehen, beweglich bleiben, Sport – das brauche ich ganz dringend!“
Die Gymnastik-Stunde beginnt. Slalom-Gehen um Stühle, Armkreisen alternierend vorwärts und rückwärts, Kniebeugen, Bizeps beugen mit kleinen Gewichten. Einige Übungen macht Helga Niggenaber im Sitzen. Nach einer halben Stunde ist ihr Gesicht gerötet, heute sei sie doch etwas müde, sagt sie in der Pause. Aber sie macht weiter. Weil sie will. „Nach einer Stunde Bewegung“, sagt sie. „Geht es mir jedes Mal gut.“