„Zeigt, wer unsere Kritiker sind“Graffiti am Bayenturm beschimpft Alice Schwarzer
Köln – In großen, schwarzen, gesprühten Buchstaben steht „Emma Terfs ins Klo 2.0“ auf der Wand des Bayenturms in der Kölner Innenstadt, nahe des Rheinufers. „Terf“ ist eine Abkürzung für „Trans-Exclusionary Radical Feminism“ - „Trans-ausschließender radikaler Feminismus“. Etwas kleiner und in lilafarbener Schrift steht gleich mehrmals „Transresistance“ daneben. Es sind Begriffe, die sehr wahrscheinlich Alice Schwarzer beschimpfen sollen. Denn die Wandbeschriftung steht auf dem mittelalterlichen Turm, in dem die „Emma“-Redaktion sitzt, Schwarzers feministisches Magazin.
Der Auslöser für das Graffiti ist naheliegend: Vergangenen Mittwoch ist das Buch mit dem Titel „Trans-Sexualität – Was ist eine Frau? Was ist ein Mann? Eine Streitschrift“ erschienen, das von Alice Schwarzer mit herausgegeben wird. Genau seit diesem Tag befinde sich auch das Graffiti die Wand, sagt Margitta Hösel von der „Emma“-Redaktion.
Alice Schwarzer warnt vor dem Selbstbestimmungsgesetz
Auf weitere Nachfragen des „Kölner Stadt-Anzeiger“, warum man denke, dass ausgerechnet diese Begriffe benutzt wurden oder was Schwarzers Haltung gegenüber Trans-Menschen sei, äußerte sich Hösel allerdings nur unkonkret. „Zu diesen Fragen haben die Emma-Macherinnen Alice Schwarzer und Chantal Louis gerade ein Buch veröffentlicht“, sagt sie.
In dem Buch, in dem demnach vermeintlich alle Antworten stehen, warnt Schwarzer unter anderem vor der geplanten Gesetzesreform der Regierung. Diese sieht ein Selbstbestimmungsgesetz vor, das das in großen Teilen verfassungswidrige Transsexuellengesetz aus dem Jahr 1981 ablösen soll. Nach dem neuen Gesetz sollen sich zukünftig Jugendliche ab dem 14. Lebensjahr für ein „Wunschgeschlecht“ entscheiden dürfen, unabhängig vom biologischen Geschlecht und zum Teil auch ohne Einverständnis der Eltern.
Alice Schwarzer spricht von einer „Trans-Mode“
Alice Schwarzer sieht das Vorhaben kritisch: „Es geht nicht um die extrem kleine Gruppe echter Transsexueller“, betont sie gegenüber der Deutschen Presseagentur (DPA). „Es geht um Zehntausende junge Mädchen, die plötzlich ihr Geschlecht wechseln wollen. Vor allem sehr junge Mädchen. Mittlerweile gibt es Klassen, in denen vier Mädchen sitzen und sagen: „Ich bin trans – ich will ein Junge werden!“ Es wird zum Massenphänomen.“ Sie spricht von einer regelrechten „Trans-Mode“.
Doch nicht jeder teilt die Meinung der wohl bekanntesten Feministen Deutschlands. Unter anderem kritisierte Jens Lehmann, Queer-Beauftragter der Bundesregierung, Schwarzer stark. „Alice Schwarzer kann von außen nicht beurteilen, was Transmenschen bewegt und sollte das auch nicht tun“, sagt er der DPA. „Trans ist ganz sicher weder ein Hype noch eine Modeerscheinung.“ Niemand mache so etwas leichtfertig oder aus Spaß.
„Beschmieren ist kein angemessenes Mittel der politischen Auseinandersetzung“
Zu der Beschimpfung in Form des Graffiti am Kölner Bayenturm hat der Kölner Bundestagsabgeordnete aber eine klare Meinung: „Das Beschmieren von Gebäuden ist kein angemessenes Mittel der politischen Auseinandersetzung. Alice Schwarzer vertritt Positionen, die transgeschlechtliche Menschen als verletzend und feindlich wahrnehmen. Die Auseinandersetzung darum ist aber mit Worten zu führen“, sagt Lehman auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“.
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Die Ampel-Koalition sei weiterhin fest entschlossen, das diskriminierende Transsexuellengesetz abzuschaffen, denn es verletze die Würde des Menschen. Trotz unterschiedlicher Meinungen oder gerade deswegen, wollen sich Lehmann und Schwarzer zeitnah treffen. „Wir sind zu einem persönlichen Gespräch verabredet, bei dem wir sicherlich auch die Form der aktuellen Diskussion besprechen werden“, sagt Lehmann.
Bis dahin könnten Alice Schwarzer und die Mitarbeiterinnen der „Emma“-Redaktion etwas gegen die Beleidigungen an der Wand unternehmen. Zum jetzigen Zeitpunkt wollen sie es aber wohl weder entfernen lassen noch Anzeige gegen die unbekannten Täter erstatten. „Wir unternehmen nichts. Es zeigt, wer unsere Kritikerinnen und Kritiker sind, finden wir“, sagt Hösel. An wen sie dabei konkret denken, wollte sie allerdings nicht sagen.