Ein türkisches Kulturfest soll am Wochenende in Köln stattfinden. Dahinter stecken Rechtsextremisten aus der Türkei.
Graue Wölfe in KölnTürkische Rechtsextremisten planen Fest in Rodenkirchen
Zunächst wirkt die Veranstaltung, die am 22. Januar (Sonntag) im „Güney Event Center“ in Köln-Rodenkirchen stattfinden soll, recht harmlos. In türkischer Sprache wird auf einem Flyer zu einem Kulturfest eingeladen. Angekündigt werden drei musikalische Gäste.
Harmlos ist diese Veranstaltung „Kültür ve Ülkü Şöleni“ – das „Fest der Kultur und des Idealismus“ – allerdings nicht. Dahinter steckt die sogenannte Ülkücü-Bewegung. Bekannt sind sie auch als „Graue Wölfe“ – türkische Rechtsextremisten.
Graue Wölfe sind „gegen das friedliche Zusammenleben der Völker“
Sie werden vom Verfassungsschutz beobachtet. Im Verfassungsschutzbericht aus dem Jahr 2021 für das Land Nordrhein-Westfalen wird das damit begründet, dass die Gruppierung sich „gegen das friedliche Zusammenleben der Völker richtet und zugleich gegen den im Grundgesetz garantierten Gleichheitsgrundsatz verstößt“.
Ihre Ideologie ist „von einem übersteigerten Nationalbewusstsein geprägt und äußert sich vorrangig in der Verherrlichung des Türkentums bei gleichzeitiger Herabwürdigung anderer Ethnien“. Zu ihren Feindbildern gehören Menschen kurdischer, alevitischer oder jüdischer Herkunft. Deshalb hat die Behörde auch das geplante Kulturfest in Köln am 22. Januar im Blick.
Stimmungsmache und Stimmenfang
Die Grauen Wölfe nutzen Kulturfeste wie das in Köln zur Mobilisierung, sie wollen damit „die Gefolgschaft in Stimmung bringen“, sagt Prof. Dr. Kemal Bozay. Der Sozialwissenschaftler lehrt Soziale Arbeit an der Internationalen Hochschule in Köln und Düsseldorf und beschäftigt sich seit rund 20 Jahren in seiner Forschung mit Rassismus und Rechtsextremismus – auch aus der Türkei.
Ähnliche Veranstaltungen fanden kürzlich bereits in Dortmund (27. Dezember 2022) und in Neuss (13. Januar 2023) statt. Fotos aus Dortmund zeigen Kinder, die den „Wolfsgruß“, das Handzeichen der Grauen Wölfe, in die Kamera zeigen. Mustafa Açıkgöz, Abgeordneter der türkischen Regierungspartei AKP, dessen Vorsitzender der amtierende türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan ist, drohte in Neuss bei einer Rede politischen Gegnern mit Vernichtung.
Es geht dabei nicht nur um Stimmungsmache, sondern auch Stimmenfang: In der Türkei stehen im Juni Präsidentschafts- und Parlamentswahlen an. Das in der Türkei regierende Mehrheitsbündnis zwischen den Parteien AKP und MHP, dem politischen Arm der Grauen Wölfe, will ihre Führungsposition verteidigen.
Das gelingt durch emotionalisierende, nationalistische Reden und Parolen, aber auch kulturelle Elemente, erklärt Sozialwissenschaftler Bozay. In Köln sollen drei musikalische Gäste auftreten, darunter Mustafa Yıldızdoğan, ein in der Ülkücü-Bewegung beliebter Popmusiker.
Köln ist für die Ülkücü-Bewegung wichtig
Abseits des geplanten Ülkücü-Treffens hat Köln „eine außergewöhnliche Bedeutung für die Bewegung“, sagt Bozay. Die Stadt ist die „Hochburg aller islamischen und islamistischen Strukturen“. DITIB und Millî Görüş haben Zentralen in der Stadt. In Köln leben zudem viele türkische Staatsangehörige und Menschen mit türkeistämmigen Migrationshintergrund.
Türkische Rechtsextremisten nutzen neben Kulturfesten auch lokale Strukturen, um Zugang zu finden, erklärt der Sozialwissenschaftler. Auch in Köln: Auf der Straße Clevischer Ring 113 in Mülheim befindet sich die Zentrale der Ülkücü-Bewegung, der Verein „Köln Türk Kültür Ocagi“. Die Räumlichkeiten werden für eine Yunus-Emre-Moschee und ein Lebensmittelgeschäft sowie für Jugendtreffs oder Angebote speziell für Frauen genutzt. Auch der Fußballclub Türk Genc SV Köln hat hier seinen Sitz, dessen Herrenmannschaft in der A-Kreisliga spielt.