Kölner Hänneschen TheaterNeues Stück thematisiert Korruption unterhaltsam und gekonnt
Köln – Aus dem Heimatmuseum ist über Nacht die wertvolle Krone verschwunden, die einst Alfons dem Viertel-vor-Zwölften, dem berühmten König von Lummerland, gehörte. Trotz strengster Sicherheitsvorkehrungen ist es den Tätern gelungen, unbemerkt ins Museum zu gelangen und die Krone zu mopsen.
Die Diebstahl-Szene gehört zu den stärksten Nummern des aktuellen Abendstückes „En schäle Biesterei“ im Hänneschen-Theater. Autorin und Regisseurin Silke Essert inszenierte die Szene in Anlehnung an den Coup aus „Mission: Impossible“ mit Tom Cruise. Als sich zum Soundtrack des Actionfilms zwei Gestalten von der Decke abseilen, gerät das Premierenpublikum vor Begeisterung schier aus dem Häuschen. Trotz – oder gerade wegen – ihrer eng anliegenden schwarzen Tarnanzüge und Panzerknacker-Masken lassen sich die beiden eindeutig als Tünnes und Köbeschen identifizieren. Gemeinsam mit Hänneschen und Bärbelchen, die ebenfalls auf verschlungenen Wegen ins Museum gelangt sind, bringen sie die Krone in ihren Besitz.
In Köln gelingt es Korruption ernsthaft zu thematisieren
Nicht um sich persönlich zu bereichern, sondern um den Verkauf des Knollendorfer Wasserwerks an den international operierenden Konzern „Pestlé“ zu verhindern. Genau das hat Schäl, der neue und korrupte Bürgermeister, im Sinn. „En schäle Biesterei“ ist ein flottes, modernes und äußerst unterhaltsames Stück. Silke Essert widmet sich in ihrem ersten Abendstück einem gesellschaftlich relevanten Thema. Selbst in Knollendorf wollen sich machthungrige, geldgierige und skrupellose Typen die Ressource Wasser krallen und damit Profit machen. Es gelingt ihr, das Thema mit den spielerischen Mitteln des Puppenspiels leicht und dennoch ernsthaft zu erzählen.
Das spielfreudige Ensemble überzeugt mit witzigen Dialogen, überraschenden Einfällen und frechen Wortspielen. Wohltuend, dass dabei weitgehend auf ein Dauerfeuerwerk kölscher Schimpfworte verzichtet wird. Föttchesföhler und Nüümaatskrad mögen lustig klingen, aber nicht in der x-ten Wiederholung. Eine Säule des stimmig erzählten Stücks ist die Musik. Das gilt für die Soloeinsätze und die Hänneschen-Band.
Mut beweist die Regisseurin bei den Szenen, die im „Apartment Ibiza“ spielen. Die Kungelei zwischen den schmierigen Politikern und dem nicht minder schmierigen Manager findet im Hinterzimmer des Rotlicht-Etablissement der „fussigen Franzi“ statt. Deren Arbeitsplatz ist mit etlichen Requisiten ausgestattet, die unter der Rubrik „Sexspielzeug für Erwachsene“ rangieren.
Witzige Dialoge begeistern im Kölner Theater
Nostalgisch wird es im Museum. Da hängen „Knollo von Knollenstein“ und „Knollgundis“. Die Gemälde verfügen über ein lebendiges Innenleben. Gemalt hat sie einst der langjährige Speimanes-Darsteller Heribert Brands, der 1994 gestorben ist. Exklusiv für das aktuelle Stück stellte seine Witwe und ehemalige Puppenspielerin Stephanie Brands (Bestemo und Röschen) die Bilder zur Verfügung. Das Premierenpublikum würdigte die Leistung mit langanhaltendem Applaus. Die Bravorufe galten auch einer besonderen Aktion von Silke Essert. Dass die Britz nach der Premierenvorstellung herunterfährt und den Blick auf das Ensemble und die Bandmitglieder freigibt, ist Tradition. Diesmal bat die Autorin und Regisseurin alle Kolleginnen und Kollegen, die an der Produktion mitgewirkt haben, nach vorne. Erstmals rückten so die Mitarbeitenden aus der Werkstatt, der Verwaltung, der Technik und des Foyers ebenfalls in die erste Reihe und ins Licht.
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Hänneschen-Theater, „En schäle Biesterei“, Abendstück in vier Bildern von Silke Essert, Regieassistenz Anna Artes. Aufführungen jeweils von mittwochs bis samstags ab 19.30 Uhr, sonntags ab 17 Uhr. Es gibt für nahezu alle Vorstellungen noch Karten.