Jahrelang war der KfW-Studienkredit eine attraktive Möglichkeit, das Studium zu finanzieren. Drastisch gestiegene Zinsen bringen viele Studierende in Bedrängnis. Eine Betroffene aus Köln erzählt.
KfW-Studienkredit wird zur Schuldenfalle„Von 150 Euro, die ich jeden Monat abzahle, sind zwei Drittel Zinsen“
Studieren ist teuer. Unabhängig von Studiengebühren fallen Lebenshaltungskosten an, die Mietpreise steigen seit Jahren, Lebensmittel kosten immer mehr. Wie soll man das bezahlen?
Wer Glück hat, wird von den Eltern unterstützt. Bafög bekommen knapp 16 Prozent aller Studierenden in Deutschland; bei den wenigsten reicht es jedoch, um sich komplett zu finanzieren. Mit dem enthaltenen Wohnkostenzuschlag von 360 Euro lässt sich in den meisten deutschen Universitätsstädten nicht einmal ein WG-Zimmer bezahlen. Ein Nebenjob gehört deshalb für viele Studierende dazu: Fast zwei Drittel aller Studierenden arbeiten neben dem Studium. Dennoch reicht das Geld nicht immer aus. Manchen bleibt dann nur die Möglichkeit, sich zu verschulden und einen Studienkredit aufzunehmen. So ging es auch Vanessa D. (Name geändert, Anm. d. Red.) aus Köln.
Ohne den KfW-Kredit hätte Vanessa D. ihr Studium nicht finanzieren können
Als sie vor zehn Jahren begann, Psychologie an einer privaten Hochschule in Köln zu studieren, klang der Studienkredit der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) nach einer guten Möglichkeit, um das Bachelorstudium zu finanzieren. „Die Kosten fürs Studium lagen damals bei 700 Euro pro Monat. Dafür habe ich den KfW-Kredit aufgenommen. Anders wäre es finanziell nicht möglich gewesen“, sagt sie.
Der KfW-Studienkredit wird unabhängig vom Einkommen gewährt, Sicherheiten sind nicht notwendig, eine Bonitätsprüfung gibt es nicht, Aus- und Rückzahlungsmöglichkeiten sind flexibel. Über Jahre hinweg machten diese Punkte den Kredit für viele attraktiv. Nun hat die öffentlich-rechtliche KfW-Bank den Zinssatz für die Studienkredite jedoch deutlich erhöht. Seit Oktober verlangt die Bank 9,01 Prozent (effektiv). Ein Rekordniveau. Bis 2022 lag der Zinssatz noch bei null Prozent, da der Staat den Zins während der Corona-Pandemie übernommen hatte.
Die KfW-Bank passt den Zinssatz des Studienkredits alle sechs Monate an den europäischen Referenzzinssatz Euribor an. Die Begründung: Der KfW-Studienkredit sei kein klassischer Förderkredit, die KfW-Bank müsse ihn ohne Haushaltsmittel des Bundes bereitstellen. Zudem müssten Studierende keine Sicherheiten hinterlegen. „Die KfW muss daher über den Zinssatz die Kosten für die ordnungsgemäße Abwicklung des Kredits sowie zur Übernahme der Ausfallrisiken decken“, heißt es auf der Internetseite der KfW.
Immer mehr Studierende geraten durch die hohen Zinsen in finanzielle Nöte – so auch Vanessa D. Nach ihrem dreijährigen Bachelorstudium hatte sie mehr als 25.000 Euro Schulden durch den Studienkredit angehäuft, die sie nun zurückzahlt.
Der KfW-Kredit muss – anders als das Bafög – verzinst werde
Zwar ist der KfW-Studienkredit für viele aufgrund seiner Konditionen attraktiv, dennoch ist er nicht einfach zu durchschauen: Wer ihn beantragt, legt eine Summe fest, die über einen bestimmten Zeitraum jeden Monat ausgezahlt wird. Anders als etwa beim Bafög fallen während der Auszahlungsphase Zinsen an. Diese werden direkt abgezogen, sodass sich der monatliche Auszahlungsbetrag mit der Zeit verringert. Nach dem Studium muss die beantragte Summe inklusive Zinsen zurückgezahlt werden.
Als Vanessa D. den Kredit aufnahm, vereinbarte sie einen Zinssatz von unter drei Prozent, der auf zehn Jahre festgesetzt war. „Dieser Festzins ist inzwischen ausgelaufen. Jetzt habe ich einen flexiblen Zinssatz, der gerade bei 6,08 Prozent liegt“, erklärt sie. Von 150 Euro, die sie derzeit pro Monat zurückzahlt, seien rund zwei Drittel Zinsen, erklärt sie. Obwohl sie sich seit mehreren Jahren in der Tilgungsphase befindet, belaufen sich Vanessa D.s Schulden noch immer auf mehr als 20.000 Euro. „Und das ist nur die Kreditsumme, die ausstehenden Zinsen sind da noch nicht mit einberechnet.“
Inzwischen promoviert Vanessa D., ihre Stelle ist – wie so oft in der Wissenschaft – nur zu 65 Prozent bezahlt. „Ich lebe schon recht studentisch“, sagt die 30-Jährige, „viel mehr einsparen kann ich nicht, Rücklagen bilden schon gar nicht“. So wie ihr dürfte es vielen gehen. Etwa 263.000 Menschen sind aktuell in einer aktiven Kreditphase des KfW-Studienkredits, 170.000 davon in der Rückzahlung. Auch in Köln sind viele Studierende betroffen: Auf einen Aufruf auf unseren Social-Media-Kanälen erreichten uns zahlreiche Rückmeldungen. Wie viele es in Köln genau sind, ist unklar. Eine entsprechende Anfrage unserer Redaktion ließ die KfW-Bank bis Redaktionsschluss unbeantwortet.
Studierendenwerk Köln kritisiert Zinserhöhung beim KfW-Studienkredit
Auch der AStA der Uni Köln und das Studierendenwerk können keine Zahlen nennen, letzteres kritisiert die Zinsen jedoch deutlich: „Der Dachverband und auch wir sind der Meinung, dass der Zins mit effektiv über neun Prozent deutlich jenseits von dem liegt, was sinnvoll für Studierende ist“, erklärt Natali Schütte, Pressesprecherin beim Kölner Studierendenwerk. Zudem seien die Studierendenwerke keine Vertriebspartner der KfW mehr, bereits seit einigen Jahren kann der Kredit nur noch online beantragt werden. Deshalb sei auch unklar, wie viele Studierende in Köln betroffen seien.
Wie es mit ihrem Kredit weitergehen soll, weiß Vanessa D. momentan noch nicht: „Theoretisch habe ich noch zehn Jahre Zeit, das Darlehen zurückzuzahlen. Aber ich weiß ja nicht, wie sich die Zinsen weiterentwickeln.“ Die Informationen, die sie im Onlineportal findet, kritisiert sie als unzureichend. „Da blicke ich überhaupt nicht durch“, sagt sie. Eine direkte Kontaktmöglichkeit gebe es nicht, derzeit laufe die Kommunikation mit der KfW-Bank per E-Mail – mit immer wieder wechselnden Ansprechpartnern. „Ich überlege inzwischen, mir das Geld von meinen Eltern zu leihen, um den Kredit zurückzuzahlen.“