Auf seiner zweiwöchigen Reise besuchte Hans Mörtter unter anderem ein Flüchtlingslager mit rund 30.000 Menschen.
Ehemaliger Kölner Südstadt-PfarrerHans Mörtter reist in den Sudan, um zu helfen
Fatima, 15 Jahre alt, ist die Beste unter den rund 2000 Schüler und Schülerinnen, die auf die „Eritrean Refugees School“ in Khartum, der Hauptstadt des Sudan, gehen. Trotzdem stand bis vor kurzem auf der Kippe, ob sie die drei Jahre bis zum Abitur weiterlernen konnte. Denn das Flüchtlingsmädchen sitzt im Rollstuhl, und seine Mutter war nicht länger in der Lage, neben dem Schulgeld die Kosten des Bustransports zur Schule zu tragen.
Als Hans Mörtter, bis zum vorigen September Pfarrer an der Lutherkirche in der Kölner Südstadt, bei der Begegnung mit dem Mädchen davon erfuhr, sorgte er erst einmal dafür, den Schulbesuch für drei Monate zu sichern. Nun ist das Problem dauerhaft gelöst: Nachdem er den Fall auf Facebook öffentlich gemacht hatte, meldeten sich zwei Spender. Mit den insgesamt 1440 Euro, die sie gaben, sind die Transportkosten drei Jahre lang gedeckt; zudem lässt sich davon ein Teil des Schulgelds bezahlen.
Es beträgt 148 Euro im Jahr. „Ich möchte das für 100 Kinder und Jugendliche sichern, sonst hätten sie keine Chance zu lernen“, sagt der ehemalige Pfarrer. Im Januar war Mörtter gut zwei Wochen im Sudan unterwegs, um sich ein Bild von der Situation zu machen. Als er noch im Dienst war, fehlte ihm die Zeit dafür. Dass sein besonderes Interesse diesem Land gilt, hat mit seinem langjährigen Engagement in der Flüchtlingshilfe zu tun, etwa in einer Willkommensgruppe in der Südstadt
Reise in den Sudan: hoher bürokratischer Aufwand für Kölner
Viele Eritreer, die er dadurch kennenlernte, halfen von Köln aus Angehörigen in sudanesischen Flüchtlingslagern. Unter welchen Bedingungen leben sie? Wie geht der Sudan mit ihnen um? Welche Rolle spielen internationale Hilfsorganisationen? Begleitet von Hassan Magdi, einem in Köln lebenden Sudanesen, und dem Fotografen Dirk Gebhardt flog Mörtter hin. Dank Magdi öffneten sich die Türen leichter. In Khartum trafen sie den High Commissioner for Refugees, den Hohen Flüchtlingskommissar.
„Er wollte mich vor einer Genehmigung kennenlernen“, sagt Mörtter, der nicht als Vertreter einer Organisation reiste, sondern als „Mensch, der vielleicht mit Ernsthaftigkeit und nachhaltig etwas bewegen kann“. Den Kommissar hatte er auf seiner Seite. Was den Reisenden die Prüfung durch Geheimdienst und Militär sowie viel bürokratischen Aufwand nicht ersparte. Dann ging es in einem Land Cruiser 14 Stunden lang in die Nähe der äthiopischen Grenze.
Im Bundesstaat Gedaref besuchten die Kölner und ein Begleiter, den ihnen der regionale Flüchtlingskommissar mitgab, ein Durchgangslager, in dem etwa 3000 Menschen leben, und das Camp Umrakuba mit gut 30.000 Geflüchteten, beides militärische Sperrzonen. Im Sudan, einem der ärmsten Länder der Welt, geht die Zahl der ausländischen Flüchtlinge, die vor allem aus Eritrea, Äthiopien und dem abgespaltenen Südsudan stammen, und der Binnenvertriebenen in die Millionen.
Prekäre Verhältnisse in Durchgangslager
Es mangelt an allem. Im Durchgangslager zum Beispiel gebe es nur zwei Toiletten und keine einzige Dusche, sagt Mörtter. Im größeren Lager seien ihrem offiziellen Begleiter die Tränen gekommen, als sie in einer Hütte einem elfjährigen Jungen begegneten, der dringend eine Operation benötigte. Die Besucher machten sie möglich. Auch in der Flüchtlingsschule in der Hauptstadt sei der Mangel allgegenwärtig: Toiletten und Gebäude befänden sich in einem miserablen Zustand, es fehle an Klimaanlagen, Ventilatoren und Trinkwasserspendern, ebenso an Druckern und Kopierern für das Lehrmaterial.
Die Lage im Land, das von Militärs regiert wird, ist heikel. Die Kölner waren dabei, als in Khartum wie so oft Tausende Menschen auf die Straße gingen, um gegen das autoritäre Regime zu protestieren. Mörtter beeindruckte, „dass sie keine Angst haben, obwohl Polizei und Militär scharf schießen, töten, verhaften und foltern“. Trotz der Misere habe er viele Menschen als fröhlich und aufgeschlossen erlebt. „Ich wollte wissen, was los ist, und muss jetzt handeln“, sagt Mörtter, der sich als „Pfarrer in Ruhestandsverweigerung“ begreift.
Er beabsichtigt, Kontakte zum Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen und zur Welthungerhilfe aufbauen und in Köln Unterstützung zu mobilisieren. Um zu helfen, braucht er vor allem eins: Geld – ob für Sanitäranlagen, Schulausbildung oder urbane Landwirtschaft. Wer sich beteiligen möchte, kann an den gemeinnützigen Verein „Südstadt-Leben“ spenden. Mörtters Engagement gilt seit langem einer Vielzahl von Problemen, von der Kinderarmut über Flucht und Obdachlosigkeit bis zur Klimakatastrophe. Nach der Sudan-Reise ist für in klar: „Daraus wird eine größere Baustelle.“