Vom Hype um die Dubai-Schokolade profitiert auch ein Kölner Schokoladenfabrikant, der in das Emirat am Persischen Golf ausgewandert ist.
Die echte Dubai-SchokoladeKölner produziert Süßigkeiten am persischen Golf
Etwas Besseres hätte ihm nicht passieren können. Der Kölner Martin van Almsick genießt nicht nur das zurzeit herrliche Wetter in Dubai. Er freut sich auch über ein kräftiges Umsatzplus seiner Schokoladenfabrik. Lange bevor alle Welt über die „Dubai-Schokolade“ spricht, hat er damit begonnen, in Dubai Schokolade zu produzieren. 2007 verließ der ehemalige Sprecher des Kölner Schokoladenmuseums mit seiner Familie seine Heimatstadt, um am Persischen Golf eine eigene Firma zu gründen. Die Idee: Statt Milch von der Kuh wird die Schokolade mit Kamelmilch hergestellt. Die gilt nicht nur als ausgesprochen gesund. Das Kamel hat in den Vereinigten Arabischen Emiraten auch eine hohe kulturelle und historische Bedeutung.
Auf die Idee war er gekommen, als er in einem Reisebericht im Fernsehen gesehen hatte, wie Kamele gemolken werden. Bevor er ein Jahr später mit einer Kühltasche im Flugzeug saß, um Regierungsvertretern des Emirats seinen Plan zu präsentieren, hatte er verschiedene Rezepte ausprobiert. Der Gedanke, mit einem einheimischen „Rohstoff“ ein für die arabische Welt identitätsstiftendes Produkt herzustellen, faszinierte die zukünftigen Partner des Kölners. Die Regierung Dubais wurde zum Mehrheitsgesellschafter der neuen Firma „Al Nassma“. Martin van Almsick nennt das Unternehmen ein „Joint Venture aus Kamelexperten und Schokoladenfachleuten“.
Milch von 9000 Kamelen
Die Mietwohnung der van Almsicks in der Kölner Südstadt wurde gegen ein Anwesen mit Hauspersonal in Arabien getauscht. Aus der kleinen Idee wurde eine Erfolgsgeschichte. Mittlerweile werden 9000 Kamele für die Produkte von „Al Nassma“ gemolken, die weltweit verkauft werden. Man bekommt die edlen Süßigkeiten in Feinkost- und Delikatessengeschäften, in der größten Flughafen-Shop-Kette „Dubai Duty Free“ sowie anderen ausgewählten Lokalitäten. „Dubai Duty Free“ soll dieser Tage eine Verdopplung des Umsatzes der Schokolade von „Al Nassma“ vermeldet haben, ist in Dubai zu erfahren.
Anruf beim Kölner Schokoladenfabrikanten am Persischen Golf, wo zur Zeit bei 25 Grad im Schatten auf Weihnachtsmärkten Glühwein getrunken werden kann: Was sagt er dazu, dass auf einmal überall auf der Welt Dubai-Schokolade gekauft wird? „Der Hype ist großartig“, sagt der 59-Jährige. Eine weltweite Kampagne wirbelt den Süßwarenmarkt durcheinander.
Über die sozialen Netzwerke werde eine junge Generation erreicht, die sich bislang weniger für Schokolade interessiert hätte, so van Almsick. Davon würden die kleineren Betriebe profitieren, ohne für die Werbung einen Cent gezahlt zu haben. „Die Großen sind gar nicht in der Lage, Dubai-Schokolade herzustellen. Die haben keine Maschinen dafür.“ Dubai-Schokolade sei „Handarbeit.“ Das mache Hoffnung für die Zukunft, sagt der Kölner, der weiterhin engen Kontakt zur alten Heimat pflegt. Er war Ideengeber, als die Roten Funken zu ihrem 200-jährigen Jubiläum einen Schokoladen-Funk auf den Markt brachten.
„Ehre, wem Ehre gebührt“
Schokolade aus Dubai ist nicht das gleiche wie Dubai-Schokolade. Deshalb würde der erste Schokoladenfabrikant Dubais auch nicht für sich die Urheberschaft beanspruchen. „Ehre, wem Ehre gebührt“, sagt er über die Kollegin, Sarah Hamouda, die vor drei Jahren Schokolade mit Pistazien und Kadaifi, den auch „Engelshaar“ genannten süßen Teigfäden, zu einer völlig neuen Süßigkeit verband. Eine „Food-Influencerin“ hatte über TikTok für den ersten Wirbel um die Erfindung der in Dubai lebenden Ägypterin gesorgt. Nun ziehen in ihrem Auftrag Anwälte durch die Welt, um Firmen abzumahnen, die Produkte als „Dubai-Schokolade“ verkaufen, obwohl sie nicht aus Dubai stammen.
Van Almsick bleibt bei der Frage, ob sich der Name wirklich auf das Herkunftsland beziehen muss, gelassen. Problematisch findet er, wenn „Nachahmer“ die Kundschaft täuschen, weil sie keine echte Pistaziencreme verwenden. Die Rezeptur und die Inhaltsstoffe seien wichtiger als die Herkunft. Er empfiehlt, sich den Aufdruck auf der Verpackung genau anzusehen. „Wenn die Schokolade zu billig ist, sind keine Pistazien, sondern nur Farbstoffe drin.“
Der viral befeuerte Megatrend hilft nicht nur allen, die Schokolade herstellen können. Er erweist sich auch für das arabische Emirat als erstklassige Imagewerbung. „Die Botschaft von Dubai als Sehnsuchtsort wird über eine Schokolade transportiert“, so van Almsick. Auf eine naheliegende Idee ist die Erfinderin der „Dubai-Schokolade“, offenbar nicht gekommen: Sie nutzt die Milch von Kühen und nicht das Nahrungsmittel, das die in Arabien als so verehrten einheimischen Tiere bieten. Diese Lücke hat der Kölner Schokoladenfabrikant mit seinen Mitstreitern nun geschlossen: „Al Nassma“ hat die erste „Dubai-Schokolade“ aus Kamelmilch produziert. Nachdem sie Martin van Almsick Ende November beim 24. Internationalen Süßwaren-Kongress in Berlin vorgestellt hat, soll sie nun für rund 12 Euro pro 110-Gramm-Tafel in den Handel kommen.