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„Keine Gedanken gemacht“Wie eine Kölnerin beinahe an Ibuprofen gestorben wäre

Lesezeit 4 Minuten
Stefanie_Schmitz_Krankenhaus

Eine Lebertransplantation rettete der Kölnerin Stefanie Schmitz das Leben. 

Köln – Es gibt Momente, die ein Leben verändern können. Stefanie Schmitz weiß das. Die junge Frau aus Köln nahm Schmerzmittel mit dem Wirkstoff Ibuprofen – und verlor fast ihr Leben. „Von heute auf morgen wurde mir dieses Leben weggerissen“, sagt die 27-Jährige heute, rund ein halbes Jahr später.

Der 17. März 2019 ist ein normaler Sonntag. Doch Stefanie Schmitz merkt, dass etwas nicht stimmt. Sie bekommt Bauchschmerzen, übergibt sich, schläft viel. „Zuerst dachte ich, ich hätte etwas falsches gegessen“, sagt sie. Am Montag darauf geht sie zu ihrer Hausärztin, die untersucht sie und diagnostiziert zunächst eine Magenschleimhaut-Entzündung.

Doch einen Tag später verschlimmert sich Schmitz’ Zustand. Sie läuft gelb an, sucht ihre Hausärztin erneut auf. Die ordnet für Mittwoch eine Blutabnahme an. Die Diagnose: deutlich erhöhte Leberwerte, Schmitz muss umgehend ins Krankenhaus. In der Uniklinik wird dann eine Leberbiopsie durchgeführt. Ergebnis: Die Leber versagt.

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„Es stand nun fest, dass mein Leberversagen durch die Einnahme des Wirkstoffs Ibuprofen ausgelöst wurde“, sagt Stefanie Schmitz. Sie muss im Krankenhaus bleiben, doch ihr Zustand bessert sich nicht, im Gegenteil. Am Tag darauf kommt es zum akuten Leberversagen. „Es war so schlimm, dass ich meine Eltern nicht mehr erkannt habe. Die Ärzte haben ihnen gesagt: »Ihre Tochter hat nur noch 76 Stunden zu leben, wenn sie keine Spenderleber bekommt.«“

Zwei Transplantationen

Es folgt banges Warten, das Familie und Freunde vor eine Zerreißprobe stellt. Einen Tag später dann der erlösende Anruf. Eine Spenderleber ist da! Stefanie Schmitz wird noch in derselben Nacht operiert.

„Die ersten zehn Tage ging es mir auch richtig gut, dann wurde die Leber wieder abgestoßen“, erinnert sie sich. Nachdem sie knapp drei Monate im Krankenhaus liegt und sich ihre Werte langsam stabilisieren, wird sie am 12. Juni entlassen. Mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass sie sich zeitnah einer weiteren Lebertransplantation wird unterziehen müssen.

Nach weiteren Klinik-Aufenthalten am 16. August kommt schließlich der erlösende Bescheid: Eine neue Spenderleber ist da. Schmitz wird operiert – und diesmal scheint alles gut zu gehen. Zwar liegt sie noch im Krankenhaus, doch in den nächsten Tagen soll sie entlassen werden. Diesmal endgültig.

„Noch bin ich geschwächt. Kein Wunder, mir wurde ja der gesamte Bauch aufgeschnitten“, berichtet Stefanie Schmitz. Nach der Reha will sie ab dem kommenden Sommer wieder arbeiten. Die 27-Jährige muss nun ihr Leben lang sogenannte Immunsuppressiva nehmen, damit ihre neue Leber nicht abgestoßen wird.

Schicksal als Mahnung

Schmitz ist klar, dass ihr Beinahe-Tod nicht aus dem Nichts kam. Sie gibt zu: „Ich habe über mehrere Jahre Ibuprofen genommen, ob gegen Kopfschmerzen, Regelschmerzen oder Nasen-Nebenhöhlen-Entzündungen. Dann auch immer die höhere 600er- oder 800er-Dosis. Mal eine Tablette an einem Tag, mal aber auch drei Tabletten pro Tag über einen Zeitraum von einer Woche. Ich habe mir da keine Gedanken gemacht.“

Heute ist die Kölnerin einfach nur froh, dass sie überlebt hat. „Die Ärzte haben hervorragend gearbeitet. Wenn ich aus dem Krankenhaus raus bin, werde ich für den Leberspender im Dom eine Kerze aufstellen.“ Ihr Schicksal sieht Stefanie auch als Mahnung an andere: „Deutschland ist in Europa Schlusslicht in Sachen Organspende.“ Deshalb lautet ihr Appell: Man sollte sich einen Organspendeausweis zulegen, um Leben zu retten. So wie ihr eigenes.

Experte warnt vor Überdosis

Die Selbstmedikation sollte normalerweise maximal drei Tage lang erfolgen. Alles andere kann fatal sein – denn zwar geht ein erhöhter Ibuprofen-Konsum meistens auf die Nieren, aber: „Ibuprofen ist sicherlich gefährlicher als früher gedacht. Bei längerem Konsum und wenn die Leber unter Stress steht, kann es zu Leberversagen kommen“, sagt Prof. Christian Trautwein, Hepatologe an der Klinik der RWTH Aachen.

Abhängig sei das auch von der Dosis, so Trautwein. „Ein- bis zweimal Ibuprofen zu nehmen, ist kein Problem. Doch wer zum Beispiel über mehrere Tage drei- bis viermal täglich 600 Milligramm zu sich nimmt, bei dem ist das Risiko deutlich erhöht.“ Das Medikament wirkt gegen Schmerzen und Entzündungen.

Eine Schädigung der Leber sei zwar bei zu hohem Konsum von Ibuprofen eher selten, aber: „Jedes Medikament, das über einen längeren Zeitraum in hohen Dosen konsumiert wird, kann zu Nebenwirkungen führen. Medikamente sind keine Smarties, die man einfach einwerfen kann“, sagt der Experte. (mit red)