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StadtgeschichteIm Kölner Gefängnis Klingelpütz warteten Serienmörder auf ihren Tod

Lesezeit 4 Minuten
Klingelpütz früher

Der Klingelpütz wurde im 19. Jahrhundert in der Innenstadt errichtet. Später zog das Gefängnis nach Ossendorf um.

  1. Im Jahr 1834 wurde das Kölner Gefängnis Klingelpütz in Betrieb genommen.
  2. Das „Rheinische Zentralgefängnis“ war der erste Neubau für den Strafvollzug im preußischen Rheinland. Ein Düsseldorfer Serienmörder hat dort auf seinen Tod gewartet.
  3. Damals galt das Gefängnis als eine Errungenschaft, später dann als Horrorkabinett.

Köln – Es war im 19. Jahrhundert alles andere als selbstverständlich, dass Gefängnisinsassen eine eigene Arrestzelle bekamen. In Köln wurden sie gern in den Torbauten der mittelalterlichen Stadtmauer eingesperrt oder im „Arrest- und Korrektionshaus“ an der Schildergasse – sämtlich unter völlig unzureichenden räumlichen und hygienischen Verhältnissen. Insofern war die neue Haftanstalt, die ab 1834 in der nördlichen Altstadt auf dem Areal des früheren Klosters der Augustiner-Chorherren „Herrenleichnam“ entstand, eine Errungenschaft.

„Man wollte ein Gefängnis mit einem Minimum an menschlicher Würde“, sagt Rita Wagner vom Kölnischen Stadtmuseum. Der „Klingelpütz“, wie der Bau an der gleichnamigen Straße im Volksmund schnell hieß, galt anfangs als Reform-Knast, später jedoch als Horrorkabinett.

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Wo früher das Gefängnis stand, ist heute der Klingelpützpark.

Das „Rheinische Zentralgefängnis“ war der erste Neubau für den Strafvollzug im preußischen Rheinland. Seine Nähe zum Rest der Stadt und zur mittelalterlichen Stadtmauer hatte ungewollte Begleiterscheinungen: „Es gab immer wieder Rufzeichen und Signale von Leuten auf der Mauer zu den Häftlingen“, so der ehemalige Stadtkonservator Ulrich Krings.

Bau in Köln galt als Reform-Knast

Regierungsbaumeister Matthias Biercher verwirklichte nach amerikanischem Vorbild einen achteckigen Zentralbau, von dem zunächst drei Flügel abstrahlten. Erst in den 1840er Jahren folgte der vierte Flügel, der für Schwerverbrecher und Isolationsgefangene vorgesehen war. „Neu war hier eine durch alle Stockwerke reichende Mittelhalle mit umlaufenden Galerien, wodurch die Aufsichtsführung wesentlich erleichtert und Personal eingespart wurde“, so Rita Wagner. Jede der 160 Zellen hatte ein kleines, sehr weit oben angebrachtes und stark vergittertes Fenster aus undurchsichtigem Glas.

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In den Höfen zwischen den Trakten entstanden ein kombiniertes Wasch- und Backhaus, ein Vorratsgebäude, ein Spritzenhaus, ein Anstaltslazarett und eine Kapelle. Ferner stand im Hof die Guillotine. Für etliche Strafgefangene war der Klingelpütz die Endstation ihres Lebens: „Jeder, der im Rheinland zum Tode verurteilt wurde, kam hierhin“, so Rita Wagner.

Serienmörder Peter Kürten saß in Köln ein

Serienmörder Peter Kürten, bekannt als „Vampir von Düsseldorf“, gehörte zu den prominentesten Opfern der Todesstrafe. Er starb am 2. Juli 1931 unter dem Fallbeil des Kölner Gefängnisses, nachdem er wegen neunfachen Mordes neun Mal zum Tod verurteilt worden war. Auch Giftmörderin Irmgard Swinka hätte womöglich im Klingelpütz ihren letzten Atemzug getan. Die Todesstrafe gegen sie wurde am 7. Mai 1949 vor dem Kölner Landgericht verhängt. Doch Swinka hatte Glück: Am nächsten Tag wurde die Todesstrafe in ganz Deutschland abgeschafft.

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Ursprünglich war der Klingelpütz für 800 Häftlinge konzipiert. Während des Dritten Reichs jedoch waren bis zu 1700 Gefangene untergebracht. Die Gestapo nutzte ab 1942 einen Gefängnisflügel für sich allein. Da die Namen der Gefangenen nicht bekannt werden durften, wurde er auch „Bau des Schweigens“ genannt. Für zahlreiche Sondergerichte wurde der Klingelpütz zur zentralen Hinrichtungsstätte.

Gefangene in Köln litten häufig unter Panikattacken

Laut Rita Wagner wurden hier zwischen 1933 bis 1945 rund 1000 Menschen umgebracht. Die Straftatbestände, für die die Todesstrafe ausgesetzt wurde, hatte das Schreckens-Regime stark ausgeweitet. Hinzu kamen im Klingelpütz verheerende hygienische Zustände. Die Versorgungslage war schlecht und die zunehmenden Luftangriffe führten zu Panikattacken unter den Gefangenen.

Ein Großteil der Gefängnisanlage wurde im Krieg zerstört, zum Teil wurde sie danach wieder aufgebaut. Doch die negativen Schlagzeilen nahmen kein Ende. Immer wieder gelang Insassen die Flucht, in den 1960er Jahren wurde bekannt, dass Häftlinge von Wärtern brutal misshandelt worden waren. Aus dem Reformgefängnis war „Dr. Mabuses Gruselkabinett“ geworden, wie der nordrhein-westfälische Justizminister Josef Neuberger den Klingelpütz bezeichnete. Damit war es 1968 vorbei. Die Häftlinge wurden in einen Neubau in Ossendorf verlegt, der Altbau in der Innenstadt gesprengt. Dort gibt es heute nichts mehr vom Klingelpütz zu sehen. Aus dem Gruselkabinett ist eine Parkanlage geworden.