Kölner JahnwieseSport unter freiem Himmel sollte Bürger aus beengten Wohnungen holen
- In unserer PLUS-Serie „Köln früher und heute” zeigen wir jede Woche einen Ort in Köln und erzählen von dessen Geschichte und Gegenwart.
- In dieser Folge geht es um die Jahnwiese, die, nachdem die Spanische Grippe überstanden war, den Kölnern eine Alternative zur oft beengten Wohnung geben sollte.
- Wir blicken zurück.
Köln – Zum Finale des 14. „Deutschen Turnfests“ zogen die Sportler von der Kölner Innenstadt zum Stadion. Mehr als 20.000 Teilnehmer versammelten sich auf der Jahnwiese zu kollektiven Freiübungen, der Rundfunk berichtete, danach folgten die Siegerehrung und die Abschlussfeier. „Ein grandioses Bild“, jubelte die Presse.Das Jahr 1928 war ein erfolgreiches für Köln.
In der erweiterten Deutzer Messe wurde am 12. Mai die Internationale Presse-Ausstellung „Pressa“ mit großer Resonanz eröffnet, am 25. Juli startete das Turnfest mit hunderttausenden Teilnehmern und Zuschauern. „Turnfest und Pressa gehören zu den erfolgreichen Versuchen von Oberbürgermeister Konrad Adenauer, Köln in den Mittelpunkt von reichsweit interessanten Veranstaltungen zu stellen“, sagt der ehemalige Kölner Stadtkonservator Ulrich Krings.
Militärischen Anlagen nach Erstem Weltkrieg zerstört
Der Äußere Grüngürtel war gerade fertig geworden. Die dortigen militärischen Anlagen mussten nach dem Ersten Weltkrieg zerstört werden und waren von dem städtischen Gartenbaumeister Fritz Encke geschickt in ein riesiges grünes Band der Erholung und der sportlichen Ertüchtigung eingebettet worden. Dazu gehörte auch der Müngersdorfer Sportpark, eine der größten Sportanlagen Europas in der damaligen Zeit. Hier ging am 30. Juli 1928 das große Turnfest zu Ende.
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Die Jahnwiese neben dem Stadion sollte, wie der gesamte Äußere Grüngürtel, dem Volk zur sportlichen Ertüchtigung dienen. In den 1920er Jahren hatte sich die Idee durchgesetzt, Parks und Grünflächen nicht mehr als schmückendes Beiwerk zu verstehen, das es zu schützen gilt, sondern als Orte aktiver Nutzung und Erholung. „Das ist eine zutiefst demokratische Entwicklung gewesen“, sagt Ulrich Krings. „Bewegung in freier Natur diente der Volksgesundheit. Heute, in Corona-Zeiten, können wir das wieder nachempfinden.“ Damals war die Spanische Grippe gerade überstanden, Turnen, Sport und Tanz unter freiem Himmel sollte die Stadtbevölkerung aus ihren oft beengten Wohnungen herausholen.
„Turnvater“ Jahn als Namenspatron
Namenspatron der Jahnwiese war „Turnvater“ Jahn, der im 19. Jahrhundert die deutsche Turnbewegung initiiert hatte. Der Erdwall im Süden der Jahnwiese wurde aus dem Aushub des benachbarten Adenauer-Weihers modelliert. Beim Ausbau der Wiese traten 1926 Reste eines römischen Gutshofs zu Tage. Sie wurden dokumentiert und dann wieder zugeschüttet. Wer heute Fußball auf der Jahnwiese spielt, kickt quasi auf historisch hochspannendem Fundament.
Kurz vor dem Turnfest wurde anlässlich des 150. Geburtstags des Turnvaters auf dem Erdwall ein Denkmal enthüllt, das laut Krings höchstwahrscheinlich dem Kölner Stadtbaudirektor Adolf Abel zuzuordnen ist. „Dieses Denkmal ist etwas ganz Tolles“, sagt Krings: „Das war damals das Schlankste, was man aus Beton machen konnte.“
Turner-Wahlspruch „frisch, fromm, fröhlich, frei“
Der Grundriss der 15 Meter hohen Konstruktion ist eine Kombination von vier „F“, die für den Turner-Wahlspruch „frisch, fromm, fröhlich, frei“ stehen. Dieses Grundmaß verlängert sich nach oben und gipfelt in einer Art Kreuz aus weiteren vier F. Einen Beweis gebe es nicht, aber Vieles spreche für Abel als Urheber, so Krings. Das Denkmal ähnele seinen bekannten Kölner Bauten wie dem Staatenhaus an der Deutzer Messe, das ebenfalls durch schlanke Stützen auffalle. Auch seine Backsteinbauten am Stadion habe ästhetische Parallelen. Das Jahn-Denkmal hat nun fast 100 Jahre überstanden, mittlerweile verschwindet es allerdings fast in einem kleinen Wald, der auf dem Hügel gewachsen ist.
Auch die Jahnwiese hat sich kaum verändert. Vor acht Jahren gab es Überlegungen, das Areal dem Deutschen Fußball-Bund für ein Leistungszentrum der Nationalmannschaft zur Verfügung zu stellen. Es folgten heftige Proteste. Denn nach wie vor ist die Jahnwiese Treffpunkt vieler Freizeitsportler, außerdem steht sie unter Denkmalschutz und ist Teil eines Landschaftsschutzgebiets. Die Gegner einer Bebauung hatten Erfolg. „Die Jahnwiese ist aus dem Spiel“, hieß es schließlich in der Presse.