Vergessener KolossWarum das Bull-Hochhaus eines der spannendsten Gebäude Kölns ist
- In unserer PLUS-Serie „Köln früher und heute” zeigen wir jede Woche einen Ort in Köln und erzählen von dessen Geschichte und Gegenwart.
- In dieser Folge geht es um das Bull-Hochhaus, das als eines der ersten Hochhäuser Kölns noch heute das Mülheimer Zentrum prägt.
- Eine französische Elektronikfirma hatte es damals mit seiner innovativen Architektur in Auftrag gegeben. Was an dem Koloss so besonders ist und warum er so schnell nicht verschwinden wird, lesen Sie hier.
Köln – Es hat lange gedauert, bis in Köln das Zeitalter der Hochhäuser anbrach. In den 1920er Jahren hatte es zwar das Hansa-Hochhaus gegeben. Die 1930er, 1940er und 1950er Jahre hingegen waren keine gute Zeit für das vertikale Bauen: Wirtschaftliche Krisen, der Zweite Weltkrieg und die allgemeine Abneigung der Nationalsozialisten gegenüber hoch aufragenden Bauten standen himmelwärts strebenden Architekturen entgegen. Doch in den 1960er Jahren wendete sich das Blatt.
Hochhäuser wurden als Symbole eines aufstrebenden Zeitalters überall modern, wenngleich sie genügend Abstand zu den historischen Stadtkernen zu halten hatten. Aber als Akzentuierungen von wichtigen Kreuzungen und Verkehrsachsen waren sie gern gesehen. Und endlich war auch genügend Geld vorhanden.
Bull-Hochhaus prägt noch heute das Mülheimer Zentrum
Eines der frühesten Exemplare entstand in Köln 1959 und 1960 am Wiener Platz in Mülheim. Es war das so genannte Bull-Hochhaus, das heute noch das Mülheimer Zentrum prägt. Für Ulrich Krings, ehemaliger Kölner Stadtkonservator, ist der 16-geschossige Koloss eins der spannendsten Gebäude in ganz Köln.
Das Bull-Hochhaus wurde damals von der französischen Elektronikfirma Bull in Auftrag gegeben, die hier ihre Deutschland-Zentrale hatte und deren Schriftzug lange an der Fassade prangte. Der Entwurf stammte von Karl Hell, einem innovativen Architekten der 1950er Jahre, der unter anderem für den IHK-Bau am Börsenplatz und die Feierabendhalle in Hürth-Knapsack verantwortlich war.
Abgeschottet von Verkehrslärm an Wiener Platz und Mülheimer Brücke
Das Mülheimer Wohn-Hochhaus entstand auf einem Grundriss, der wie ein gezacktes V geformt war – eine Art Dreieck mit einem Versorgungstrakt aus Liften und Treppenhäusern in der Mitte. „Jede von diesen drei Seiten sieht anders aus“, sagt Ulrich Krings. Das Foto zeigt die süd-östliche Front mit großen Balkons, der Schokoladenseite sozusagen. Verschlossener dagegen wirkt die nördliche Seite, die sich gegen den Verkehrslärm des Wiener Platzes und der Mülheimer Brücke abschottet.
Besonders typisch für den Baustil dieser Zeit sei der so genannte Breitfuß, erläutert Ulrich Krings. Fast alle deutschen Hochhäuser der ersten Generation hätten auf einem Sockel gestanden. Auch das Uni-Center aus dem Jahr 1973 zum Beispiel. Darüber schließen sich Restaurants oder Großbüros an, bevor schließlich die Wohntürme emporragen.
Ganz verschwinden wird das Bull-Hochhaus so schnell nicht
Seit den 1990er Jahren spielt das 60 Meter hohe Pionier-Gebäude aus Mülheim nur noch die zweite Geige am Wiener Platz. Ihm vorgesetzt wurde damals das neue Bezirksrathaus, das die Sockel-Architektur komplett verdeckt. „Das Bezirksrathaus ist dem Bull-Hochhaus so richtig vor die Nase gesetzt worden, was städtebaulich eigentlich schade ist“, sagt Ulrich Krings. Immerhin: Ganz verschwinden wird das Bull-Hochhaus so schnell nicht.
Das könnte Sie auch interessieren:
Seit den 1990er Jahren steht es unter Denkmalschutz. Und als Urahn einer ganzen Hochhaus-Familie wird es seine Bedeutung ohnehin nicht verlieren. Sei es das KHD-Hochhaus an der Deutz-Mülheimer-Straße, das Fernmelde-Hochhaus an der Nord-Süd-Fahrt, das Archivhaus des WDR oder das Lufthansa-Hochhaus an der Deutzer Brücke. Überall schossen in den 1960er und 1970er Jahren Hochbauten aus dem Boden. Als modern und schön gelten viele von ihnen allerdings längst nicht mehr.