In unserer PLUS-Serie „Köln früher und heute” zeigen wir Orte in Köln und erzählen von deren Geschichte und Gegenwart.
Die Hohe Straße hat sich oft gewandelt, kaum ein Gebäude aus dem Jahr 1900 ist heute noch zu sehen. Wir erklären, wie die heutige Hohe Straße über mehrere Jahrtausende entstanden ist – und wie sie nach dem Zweiten Weltkrieg neu erfunden werden musste.
Köln – Um 1900 hat sich die Hohe Straße nicht nur zur wichtigen Einkaufsstraße mit aufwendigen Geschäftshäusern gemausert, sondern auch zum Ort der Zerstreuung. Zwei bedeutende Theater haben sich angesiedelt, dazu kommen mehrere Kinos, Restaurants und Kaffeehäuser. Allmählich scheint sich abzuzeichnen, was aus der Hohe Straße einmal werden wird: eine der belebtesten Straßen der Welt.
Die Hohe Straße hat sich oft gewandelt, kaum ein Gebäude aus dem Jahr 1900 ist heute noch zu sehen. Konstant geblieben ist der Verlauf des 680 Meter langen und nur acht Meter breiten Straßenzugs. „Das ist die römische Achse parallel zum Rhein und die einzige Straße, die selbst im Mittelalter nicht durch Trampelpfade verändert wurde“, sagt der ehemalige Kölner Stadtkonservator Ulrich Krings.
Kölner Schildergasse war Teil der Ost-West-Achse
Während die Hohe Straße in römischer Zeit Teil der von Norden nach Süden verlaufenden Hauptverkehrsachse war, gehörte die Schildergasse zur Ost-West-Achse. Am Schnittpunkt befand sich der große römische Markt- und Versammlungsort. Teile des Fundaments dieses Forums befinden sich heute im Untergeschoss eines Kaufhauses an der Ecke Schildergasse/Herzogstraße.
Der Status der Hohe Straße zeigte sich auch an ihrer Befestigung. Während andere Wege im Matsch versanken, konnte die Hohe Straße dank Pflasterung schon vor 2000 Jahren sicher befahren werden. Sie lag zudem mehrere Meter über dem mittleren Wasserstand des Rheins und wurde nicht überschwemmt. Wegen ihrer Bedeutung und ihrer topografischen Lage bekam der einstige „Cardo maximus“ der Römer in der Franzosenzeit Anfang des 19. Jahrhunderts den Namen „Rue haute“. Die deutsche Entsprechung – Hohe Straße – folgte 1816.
Kölner Tietz-Passage an der Hohe Straße früh abgebrochen
Mitte des 19. Jahrhunderts werden die ersten imposanten Geschäftshäuser gebaut. 1863 zum Beispiel die Königin-Augusta-Halle, eine Ladenpassage mit 55 Läden und Kaffeehaus unter verglastem Satteldach. 1902 folgt zwischen Hohe Straße und An St. Agatha die Tietz-Passage von Warenhaus-Unternehmer Leonhard Tietz, die aber schon 1912 abgebrochen wird: Tietz lässt stattdessen einen Warenhaus-Neubau nach Entwürfen des Architekten Wilhelm Kreis bauen. Es wird ein Kommerztempel mit 9000 Quadratmetern Fläche, vier Etagen und 40 Schaufenstern. Das Konzept, Waren wie Spielzeug, Textilien oder Parfum unter einem Dach anzubieten, ist in Deutschland noch völlig neu. Später wird das Warenhaus unter dem Namen Kaufhof bekannt.
Der Kaufhof gehört zu den wenigen Gebäuden der Hohe Straße, die den Zweiten Weltkrieg überstehen. „Die Hohe Straße war fast komplett zerstört“, sagt Ulrich Krings. Was nach 1945 folgt, sind moderne Zweckbauten und ein völlig neues Verkehrskonzept. 1967 wird die Hohe Straße zur ersten Fußgängerzone Deutschlands. „Das war die Antwort auf die autogerechte Stadt“, so Krings. Wurde im restlichen Köln dem Individualverkehr immer mehr Platz eingeräumt, waren Autos in bestimmten Straßen ab jetzt tabu. Massen von Fußgängern sorgten ab jetzt dafür, dass zeitweilig kaum noch ein Durchkommen war. Das ist vorerst Vergangenheit: Das Corona-Virus lässt selbst auf der Hohe Straße das Leben stillstehen.