Früher und HeuteKnallharte Klassengesellschaft in der ersten Badeanstalt Kölns
- In unserer PLUS-Serie „Köln früher und heute” zeigen wir jede Woche einen Ort in Köln und erzählen von dessen Geschichte und Gegenwart.
- In dieser Folge geht es um das Hohenstaufenbad, die erste neuzeitliche Badeanstalt Kölns, ein mächtiger Prestigekomplex am Hohenstaufenring. Die Aufteilung im Inneren spiegelte die Klassengesellschaft allerdings knallhart wider.
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Köln – Bei der Grundsteinlegung übte sich Stadtbaumeister Josef Stübben als Poet.
„Wo jüngst noch Wall und Festungsbogen,/ Entströmen nun des Wassers Wogen,/Der Krankheit zu erwehren,die Gesundheit zu mehren,Der Frohnatur zum Schutz,Der Reinlichkeit zum Nutz,Dem Schmutz zum Trutz.“
Das Hohenstaufenbad, das am 1. Juli 1885 an der neuen Ringstraße zwischen Badstraße (heute Schaevenstraße) und Rubensstraße eröffnet wurde, war für die Kölner eine Errungenschaft. Kaum jemand verfügte damals über ein privates Bad, wer schwimmen wollte, musste sich in den Rhein stürzen – ein hygienisch fragwürdiges, oft gefährliches und recht kühles Unterfangen.
Sanitätsrat Eduard Lent initiierte deshalb ein Angebot, das es in England, Irland oder Ungarn längst gab, in Köln aber noch nicht: ein Allwetterbad. Das Hohenstaufenbad war die erste neuzeitliche Badeanstalt Kölns, es bot Schwimmspaß zu allen Jahreszeiten, ausgestattet mit allem nur erdenklichen Komfort und technischen Finessen. „Das war an der Ringstraße eines der großen öffentlichen Gebäude“, so der ehemalige Kölner Stadtkonservator Ulrich Krings: „Es hatte den Standard eines öffentlich geförderten Prachtbaus.“ Ein mächtiger Prestigekomplex ähnlich dem Opernhaus am Rudolfplatz.
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Eine Aktiengesellschaft brachte das Projekt ins Rollen. Die Anteilsscheine verkauften sich gut, die 555 000 Mark für den Bau waren schnell beisammen. Das Grundstück im Wert von etwa 100.000 Mark stellte die Stadt zur Verfügung. Ein „richtiger Palazzo“ sei das Bauwerk gewesen, so Ulrich Krings, errichtet in einer Mischung aus Neo-Renaissance und Neo-Barock nach einem Entwurf der Architekten „de Voss & Alfred Müller“.
Die Aufteilung im Inneren habe die damalige Klassengesellschaft „knallhart“ widergespiegelt, sagt der Experte. Den Vermögenden waren Wannenbäder erster Klasse vorbehalten, auch die russischen und römischen Bäder oder das „Fürstenbad“ mit Marmorbassin gehörten zu den Luxusangeboten. In den beiden Schwimmhallen durfte sich die Mittel- und Oberschicht tummeln. Natürlich waren die Geschlechter voneinander getrennt und das Becken für die Frauen war etwas kleiner als das der Männer – im öffentlichen Leben spielte das weibliche Geschlecht eben noch die zweite Geige. Die Gründung eines Damen-Schwimmvereins markierte 1903 einen ersten Befreiungsschlag.
Das dritte Bad befand sich im Souterrain und war – anders als die anderen Bereiche – nicht über den repräsentativen Hohenstaufenring, sondern über den rückwärtigen Mauritiuswall zu erreichen. Das Volksbad sollte dem „unbemittelteren Manne eine billige Gelegenheit sein, seinen Körper zu reinigen und ihn nach und nach zu einem höheren Reinheitsbedürfnisse zu bringen“. Von Frauen war hier gar keine Rede. Ein Besuch des „Herrenbads“ kostete 50 Pfennig, für das Volksbad waren 20 Pfennigen zu entrichten.
Großer Zulauf für das Bad
Das Hohenstaufenbad hatte von Anfang an großen Zulauf. In den ersten neun Monaten wurden allein 108.000 Gäste gezählt, darunter weitaus mehr Männer als Frauen. Trotz des Erfolgs wurde die Aktiengesellschaft Hohenstaufenbad wegen wirtschaftlicher Probleme aufgelöst, den Badebetrieb übernahm fortan die Stadt.
Der Wasserbedarf war groß. Laut der von der Kölnbäder GmbH herausgegebenen Publikation „Bäder für Köln“ wurde das Herrenbassin in der Saison 1895/96 genau 337 Mal neu gefüllt, das Damenbassin 322 Mal und das Volksbad 290 Mal. Das Wasser stammte aus einem hauseigenen Brunnen unterhalb des Kesselhauses, darüber hinaus gab es einen Anschluss an die städtische Wasserleitung. Geheizt wurde offenbar mit Kohle, jedenfalls sind mehrere Schließungen des Bads in den Jahren 1917 und 1921 wegen Kohlemangels überliefert.
Ende des Badebetriebs
Um die hygienischen Verhältnisse in der Stadt weiter zu verbessern, setzte die Stadt Ende des 19. Jahrhunderts auf weitere Badeanstalten sowie Rheinbadeschiffe. Aber keines wurde so herrschaftlich wie das Hohenstaufenbad. Der Zweite Weltkrieg bedeutete das Ende des Badebetriebs am Hohenstaufenring.
Das wurde danach nicht mehr in Betrieb genommen, diente in den 1950er Jahren aber noch städtischen Dienststellen als Unterkunft, auch einige Ladenlokale befanden sich im Erdgeschoss des Gebäudes, das sein herrschaftliches Dach mittlerweile eingebüßt hatte. 1958 wurde das Hohenstaufenbad, die einstige „Zierde der Neustadt“ abgebrochen, im Griechenmarktviertel stand stattdessen das neue Agrippabad bereit.